Der französische Präsident Jacques Chirac lässt dem Chef der Regierungspartei UMP ("Union für eine Volksbewegung"), Innenminister Nicolas Sarkozy, kurz vor dessen offizieller Nominierung zum Präsidentschafts-Kandidaten Knüppel zwischen die Beine werfen.
Zwei der engsten Vertrauten Chiracs, Premierminister Dominique de Villepin und der Präsident der Nationalversammlung, Jean-Louis Debré, haben angekündigt, dass sie auf dem UMP-Kongress kommenden Sonntag nicht für Sarkozy votieren würden.
Tritt Chirac erneut an?
Premier und Parlamentspräsident
begründeten ihre Haltung mit dem Umstand, dass sich der 74 Jahre alte Chirac
selbst noch nicht entschieden habe, ob er für eine dritte Amtszeit zur
Verfügung stehe. Der Staatschef hatte erklärt, er werde sich diesbezüglich
"im ersten Viertel des Jahres" festlegen. Nach einem am Sonntag
veröffentlichten Umfrageergebnis stehen 81 Prozent einer eventuellen
Wiederkandidatur Chiracs ablehnend gegenüber.
Villepin und Debré wollen an dem Parteikongress teilnehmen, ohne sich an der Abstimmung über Sarkozys Kandidatur zu beteiligen. Bei einem mehrtägigen Online-Votum der rund 330.000 Parteimitglieder hatte der 51-Jährige keinen Gegenkandidaten.
Villepin lobt Alliot-Marie
Zuvor hatte Verteidigungsministerin
Michèle Alliot-Marie, die ehemalige Chefin der in der UMP aufgegangenen
neogaullistischen Chirac-Partei RPR, auf eine Bewerbung um die
UMP-Kandidatur verzichtet, doch hat sie nicht ausgeschlossen, als
Unabhängige anzutreten.
In einem Fernsehinterview lobte Villepin am Sonntagabend Alliot-Marie in höchsten Tönen und nannte auch den Namen von Sozialminister Jean-Louis Borloo. Ein sichtlich verärgerter UMP-Chef reagierte darauf mit dem Ausspruch: "Wenn man eine politische Familie auf eine Kandidatur in Form von Erbsen oder Sardinen in Dosen festlegen will, dann wird man so nicht siegen". Die lothringische Regionalzeitung "Le Républicain Lorrain" schrieb am Montag, alles scheine mittlerweile darauf hinzuweisen, dass "Chirac (die sozialistische Kandidatin Ségolène) Royal wählt".
"Clearstream"-Affäre
Villepin, der von Chirac 2005
nach dem Fiasko des Referendums über die EU-Verfassung an die Spitze der
Regierung geholt worden war, hatte sich wegen der
"Clearstream"-Rufmordaffäre um angebliche Schwarzgeldkonten französischer
Politiker mit schweren Vorwürfen konfrontiert gesehen. Er war beschuldigt
worden, geheime Ermittlungen gegen den UMP-Chef in Auftrag gegeben zu haben,
um an belastendes Material heranzukommen, das seinen innerparteilichen
Rivalen kompromittieren könnte. Später soll er Sarkozy entlastende
Unterlagen zurückgehalten haben.
Einige prominente Chirac-Gefolgsmänner wie die ehemaligen Premierminister Alain Juppé und Jean-Pierre Raffarin haben sich unterdessen Sarkozy angeschlossen.