Menschenrechte
US-Kritik an Minarett-Gesetz in Vorarlberg und Kärnten
28.02.2009
Ein Bericht des US-Außenministeriums geht mit Österreich hart ins Gericht, Diskriminierung von Minderheiten und Polizeibrutalität seien die Schwächen Österreichs im Umgang mit Menschenrechten.
Auch wenn in Österreich die Menschenrechte der Bürger im Großen und Ganzen respektiert würden, stellt das US-Außenministerium in seinem Jahresbericht zum Stand der Menschenrechte doch "Probleme in einigen Bereichen" fest. Der US-Bericht, der am Mittwoch in Washington veröffentlicht wurde, nennt die "exzessive Verwendung von Gewalt durch die Polizei" und die Diskriminierung von Minderheiten als Schwächen in diesem Bereich.
Minarett-Verbot in Kärnten und Vorarlberg
Muslime hätten
sich über Fälle gesellschaftlicher Diskriminierung und verbaler Schikanen
beschwert, darunter Diskriminierungen von muslimischen Frauen mit Kopftuch,
heißt es in dem Bericht. Zudem habe es eine öffentliche Debatte über die
Errichtung von Minaretten gegeben. In den Bundesländern Vorarlberg und
Kärnten seien gesetzliche Bestimmungen geändert worden, die den Bau von
Minaretten erschweren sollen. In Wien habe es bedeutende öffentliche
Widerstände gegen die Erweiterung des Türkisch-Islamischen Zentrums gegeben.
Polizeiliche Übergriffe mit rassistischem Motiv?
Angemerkt
wird in dem US-Report - in dem alle Länder der Welt behandelt werden - dass
die österreichische Polizei Berichten zufolge "Personen geschlagen und
misshandelt" habe. Im Jahr 2007 habe es 504 Vorwürfe wegen Misshandlungen
durch die Polizei gegeben, heißt in dem Bericht des State Department. 192
davon seien als "gerechtfertigt" oder "teilweise gerechtfertigt" anerkannt
worden. Es scheine, dass einige der polizeilichen Übergriffe rassistisch
begründet waren.
Das US-Außenministerium zitiert das UNO-Komitee zur Beseitigung rassischer Diskriminierung, das in einem Bericht "Besorgnis über Berichte von Polizeibrutalität gegenüber Personen afrikanischer Herkunft oder Angehörige der Minderheit der Roma" geäußert habe. Als positiv merkt das State Department dennoch an, dass die Wiener Polizei im März 2007 einen Menschenrechtskoordinator eingesetzt habe, um Polizisten auszubilden und für Menschenrechte zu sensibilisieren.
Diskriminierungsopfer Roma
Opfer von Diskriminierung seien in
Österreich auch Roma, so der US-Bericht. Von Nichtregierungsorganisationen
seien im Berichtszeitraum insgesamt 831 Fälle ethnischer Diskriminierung
gemeldet worden. Vor allem Roma würden bei der Arbeits- und Wohnungssuche
benachteiligt. Die Situation der Roma in Österreich habe sich in den
vergangenen Jahren jedoch nach Angaben des Kulturverein österreichischer
Roma bedeutend gebessert. Regierungsprogramme hätten Schulkindern geholfen,
von Sonderschulen in "normale Schulklassen" zu wechseln. Außerdem habe die
Regierung die Aufarbeitung des Holocaust an den Roma und ihre Entschädigung
vorangetrieben.
Antisemitismus bleibt Problem
Ein weiterer Punkt des
Menschenrechtsberichts sind Fälle von Antisemitismus. Das "Forum gegen
Antisemitismus" habe 46 antisemitische Vorfälle während des Jahres 2007
festgestellt, darunter körperliche Angriffe, Schmierereien, Drohbriefe,
Anrufe und antisemitische Internetpostings. Der Bericht fügt jedoch hinzu,
dass die Regierung das Verbotsgesetz streng umsetzt und jüdische
Einrichtungen zusätzlichen Polizeischutz erhalten hätten.
Kritik am Justizwesen
Verstöße gegen die Menschenrechte ortet das
US-Außenministerium im Justizwesen: Die Überfüllung von Gefängnissen bleibe
in manchen Einrichtungen weiterhin ein Problem. Unter Berufung auf einen
Bericht des Menschenrechtsbeirat werden die Bedingungen von Schubhäftlingen
als "nicht konform mit den Menschenrechtsstandards" eingestuft. Es gebe auch
keine Hinweise, dass Österreich in Folge dieser Kritik Änderungen
vorgenommen hätte. Nichtgewalttätige Häftlinge, darunter Menschen, die auf
ihre Abschiebung warten, würden über lange Zeiträume in Einzelzellen oder
unangemessenen Einrichtungen inhaftiert.
Für Häftlinge seien außerdem zu wenige Anwälte verfügbar. Grund sei das mangelnde Interesse der Anwälte für Strafsachen, aber auch mangelhafte finanzielle Vereinbarungen. "Solange es nicht ein effektives System kostenfreier Rechtshilfe für bedürftige Personen in polizeilichem Gewahrsam gibt, bleibt jedes Recht auf einen Anwalt in den meisten Fällen rein theoretisch," wird das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter zitiert.