Im Streit um das iranische Atomprogramm drängt US-Außenministerin Condoleezza Rice trotz des entlastenden Berichtes der Geheimdienste ihres Landes auf weitere UN-Sanktionen gegen Teheran.
Nach dem US-Geheimdienstbericht über die Einstellung des iranischen Atomwaffenprogramms überprüft das US-Militär seine Strategie mit Blick auf den Golfstaat. US-Verteidigungsminister Robert Gates sagte dem US-finanzierten Fernsehsender El Hurra TV am Freitag (Ortszeit) in Bahrain, der Iran könne "schlagartig" ein geheimes Atomprogramm wieder aufnehmen. Deshalb müsse der Druck auf Teheran aufrechterhalten werden. Zum Schutz anderer Golfstaaten forderte Gates einen "Luft- und Raketenschutzgürtel" gegen einen drohenden Raketenangriff des Iran.
Generalleutnant John Sattler vom US-Generalstab sagte, es habe bei der Armee keine Kurskorrektur gegeben. Das Pentagon überprüfe die Auswirkungen des Geheimdienstberichts noch. Auf die Frage von Journalisten, ob der Iran durch die Geheimdienst-Erkenntnisse als weniger bedrohlich gelte, sagte Sattler: "Darüber beraten wir noch." Neben den Geheimdienstinformationen gingen auch andere Entwicklungen in die Bewertung mit ein, darunter beispielsweise die Zusage des Iran, keine Waffenlieferungen an Aufständische im benachbarten Irak mehr zu unterstützen. Generalleutnant Carter Ham sagte, es gebe weiter Hinweise darauf, dass der Iran Rebellen im Irak trainiere und mit Waffen und Munition ausrüste.
Rice will weiter Sanktionen gegen Irak
Es müsse weitere
Strafmaßnahmen des Sicherheitsrats gegen den Iran geben, damit dieser die
Anreicherung von Uran aussetze, sagte Rice am Freitag nach Gesprächen mit
ihren NATO-Kollegen und dem russischen Außenminister Sergej Lawrow in
Brüssel. Lawrow sprach sich dafür aus, die Verhandlungen der fünf Vetomächte
im UN-Sicherheitsrat und Deutschlands über das iranische Atomprogramm
fortzusetzen.
Russland sieht keine Beweise
Nach Ansicht des russischen
Außenministers Sergej Lawrow gibt es keine Beweise dafür, dass der Iran den
Bau der Atombombe anstrebe. Der jüngste US-Geheimdienstbericht "bestätigt
voll und ganz unsere Informationen: dass es kein militärisches Element im
iranischen Nuklearprogramm gibt", sagte Lawrow am Freitag nach
Gesprächen mit den NATO-Außenministern in Brüssel. "Wir
hoffen sehr, dass die Verhandlungen mit dem Iran weitergehen." Zur
Frage, ob Russland neue UN-Sanktionen gegen Teheran mittragen würde, äußerte
sich Lawrow nicht.
Rice erklärte, wenn der Iran nicht wie gefordert sein Programm zur Urananreicherung einstelle, würden die Sanktionen verschärft: "Wir werden weiter an einer neuen Weltsicherheitsratsresolution arbeiten." Ähnlich äußerte sich der britische Außenminister David Milliband: "Der Iran kann die ausgestreckte Hand der internationalen Gemeinschaft ergreifen..., aber wenn der Iran weiter die Forderungen des Weltsicherheitsrats ignoriert, muss es weitere Sanktionen geben."
Raketenschildpläne bleiben
Die US-Regierung erklärte
unterdessen, sei halte ungeachtet des Iran-Berichtes der Geheimdienste an
ihren Plänen für einen Raketenschild in Osteuropa fest. Der Sprecher des
Weißen Hauses, Tony Fratto, sagte, seines Wissens ändere der Bericht der 16
US-Geheimdienste nichts an dem Vorhaben der USA, in Tschechien eine
Radaranlage zu errichten und in Polen Abfangraketen zu stationieren.
Russland sieht sich durch das geplante Abwehrsystem in seiner Sicherheit
bedroht. Die USA versichern jedoch, die Anlagen dienten der Abwehr eines
möglichen Angriffs aus dem Iran.
Geheimdienstbericht
Die 16 US-Geheimdienste hatten in ihrem am
Montag veröffentlichten Bericht festgestellt, dass Teheran sein
Atomwaffenprogramm bereits 2003 auf internationalen Druck unterbrochen habe.
Es gebe keine Anzeichen dafür, dass das Programm inzwischen wieder
aufgenommen worden sei. Im Gegensatz zu den USA, Frankreich und
Großbritannien sind Russland und China skeptisch, was eine dritte Resolution
des UN-Sicherheitsrats zu einer Verschärfung der gegen Teheran verhängten
Sanktionen betrifft.