Irak-Krieg
US-Truppenabzug schon 2007 möglich
30.11.2006
Der Irak kann nach Einschätzung seines Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki ab Mitte kommenden Jahres allein seine Sicherheit gewährleisten.
Die USA könnten damit von ihrer Verantwortung entbunden werden. Maliki sagte dem US-Fernsehsender ABC in einem im Voraus veröffentlichten Interview am Donnerstag, er könne nicht für die US-Regierung sprechen. "Aber von unserer Seite aus werden unsere Streitkräfte bis Juni 2007 bereit sein." Maliki antwortete damit auf die Frage, ob die US-Truppen zu dem Zeitpunkt mit ihrem Abzug aus dem Irak beginnen können.
Maliki war am Donnerstag in der jordanischen Hauptstadt Amman mit US-Präsident George W. Bush zusammengetroffen. Dabei stärkte Bush dem wegen der ausufernden Gewalt im eigenen Land umstrittenen Iraker demonstrativ den Rücken. Er bekräftigte zudem die Absicht, die US-Truppen so lange im Irak zu stationieren, wie dies die Führung in Bagdad wünsche. Die USA haben stets betont, dann aus dem Irak abzuziehen, wenn das Land eigenständig für seine Sicherheit sorgen kann. Derzeit verüben Rebellen fast täglich Anschläge. In den vergangenen Monaten nahm zudem die Gewalt zwischen den moslemischen Konfessionsgruppen von Sunniten und Schiiten zu.
Baldige Entscheidung
US-Präsident George W. Bush wird nach Angaben seines Sicherheitsberaters Stephen Hadley bald über das weitere Vorgehen im Irak entscheiden. Die Entscheidung werde eher innerhalb der nächsten Wochen als in den nächsten Monaten fallen, sagte Hadley am Donnerstag an Bord der Präsidentenmaschine.
Keine Tolerierung von Milizen
Die irakische Regierung werde ab Jänner die Ausbildung der Sicherheitskräfte verstärken, sagte Premier Nuri al-Maliki weiter. Überdies sollten künftig keine Milizen mehr toleriert werden, einschließlich jener des radikalen irakischen Schiiten-Führers Moqtada al-Sadr. "Meine Position ist klar: Ich lehne jedwede Miliz im Staat ab." Es werde Waffen nur noch für staatliche Sicherheitskräfte geben.
Ab 2007 nur noch "unterstützende Rolle"
Laut einem Expertenausschuss sollen sich die Truppen bereits ab 2007 zurückziehen und nur noch eine "unterstützende Rolle" haben. Ein Expertenausschuss des US-Kongresses zur Irak-Politik hat den schrittweisen Abzug der amerikanischen Kampfeinheiten aus dem Zweistromland vorgeschlagen. Dies berichtete die "New York Times". Die Kommission unter Leitung von Ex-Außenminister James Baker werde aber keinen Zeitplan aufstellen, heißt es unter Berufung auf Kommissionsmitglieder. Offiziell soll der Bericht am kommenden Mittwoch präsentiert werden.
Der Abzug solle bereits kommendes Jahr beginnen. Von der Nennung eines Zeitplans habe man abgesehen, weil dies die Aufständischen im Irak zur vermehrten Aktivitäten ermuntern könnte, schreibt die Zeitung. Konkret sollen 15 US-Brigaden mit einer Truppenstärke zwischen 45.000 und 75.000 Mann abgezogen werden. Unklar sei noch, ob sie in die USA zurückkehren oder in Militärbasen im Irak oder der Region stationiert werden sollen. Derzeit sind rund 150.000 US-Soldaten im Irak, darunter Spezialeinheiten und Ausbildner. "Jenen, die einen sofortigen Abzug wollen, wird das nicht gefallen. Aber der Vorschlag unterscheidet sich auch deutlich von der Strategie des Präsidenten" , sagte ein Kommissionsmitglied. Statt des jetzigen Kampfauftrags solle die US-Armee künftig nur noch eine "unterstützende Rolle" haben.
Neue Nahost-Initiative
Die Kommission schlägt laut " NYT" auch eine neue Nahost-Initiative vor, die direkte Gespräche mit Syrien und dem Iran beinhalte. Die Regierung von US-Präsident George W. Bush solle ihre diplomatischen Bemühungen im Nahost-Konflikt massiv verstärken. Eine internationale Irak-Konferenz möge den Weg zu Verhandlungen mit dem Iran und Syrien ebnen. Bush sträubte sich bisher gegen solche Direktgespräche, ebenso wie er einen Truppenabzug ablehnte.
Am Mittwochabend hatte die im März eingesetzte Kommission bekannt gegeben, dass sie sich auf ein gemeinsames Papier geeinigt hat. Details wurden aber nicht genannt. Der Expertengruppe gehören jeweils fünf Demokraten und Republikaner an. Für Bush ist der Bericht nicht bindend, sondern nur eine Empfehlung. Zugleich bietet sie ihm eine Gelegenheit, seine offenkundig wenig erfolgreiche Irak-Strategie gesichtswahrend zu ändern.