Abbas bei Obama
USA verlangen Siedlungsstopp von Israel
28.05.2009
Die USA verlangen absoluten Siedlungsstopp von Israel. Tel Aviv reagiert ablehnend.
Kurz vor dem Treffen von US-Präsident Barack Obama mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas am Donnerstag hat die Regierung in Washington in ungewöhnlich deutlicher Form von Israel einen völligen Stopp des Ausbaus der jüdischen Siedlungen im besetzten Westjordanland gefordert. Obama habe dem israelischen Premier Benjamin Netanyahu vergangene Woche unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass zur Erreichung eines Friedens im Nahen Osten und zum Entstehen eines palästinensischen Staates an der Seite Israels ein Stopp des Siedlungsbaus unumgänglich sei, sagte US-Außenministerin Hillary Clinton im Anschluss an eine Unterredung mit dem ägyptischen Außenminister Ahmed Abul Gheit in Washington.
"Roadmap"
Obama wolle einen Stopp "bei allen Siedlungen
sehen, nicht einigen Siedlungen, nicht von 'Außenposten' und auch nichts von
Ausnahmen wegen des 'natürlichen Wachstums'" hören, sagte die
Außenministerin. Israel hätte bei Einhaltung des vom Nahost-Quartett (USA,
UNO, EU, Russland) aufgestellten Friedensfahrplans ("Roadmap") den Bau und
Ausbau von Siedlungen auf besetztem Gebiet komplett stoppen und rund hundert
"Außenposten" beseitigen müssen. Der Transfer der eigenen Bevölkerung in
besetzte Gebiete ist völkerrechtswidrig, die Vierte Genfer Konvention
verbietet die Ansiedlung der Zivilbevölkerung der Besatzungsmacht auf
okkupiertem Territorium.
Ablehnung aus Jerusalem
Aus Israel kam umgehend eine ablehnende
Reaktion. Regierungssprecher Mark Regev meinte in Jerusalem, die Frage der
bestehenden Siedlungen müsse im Rahmen von Verhandlungen mit den
Palästinensern über eine endgültige Friedensregelung geklärt werden. "In der
Zwischenzeit muss ein normales Leben in diesen Siedlungen ermöglicht
werden", sagte Regev. Netanyahu will ein "natürliches Wachstum" der
bestehenden Siedlungen und damit einen Siedlungsausbau erlauben. Abbas, der
am Donnerstag im Weißen Haus von Obama empfangen wird, macht weitere
Friedensgespräche von einem vollständigen Siedlungsstopp und einem
eindeutigen Bekenntnis der Regierung Netanyahu zu einer Zweistaatenlösung
abhängig. Rechtsorientierte Rabbiner haben inzwischen israelische
Sicherheitskräfte zur Befehlsverweigerung aufgerufen, sollten sie zur
Räumung von Siedlungen eingesetzt werden.
"Taten statt Worte"
Vor dem
amerikanisch-palästinensischen Gipfel äußerte sich die palästinensische
Seite vorwiegend skeptisch. Abbas-Berater Nabil Abu Rudeina sagte, man
erwarte von der US-Regierung "Taten statt Worte". Es gehe nicht nur darum,
dass Obama Israel dazu bringe, einen souveränen palästinensischen Staat zu
akzeptieren, sondern auch um einen "Mechanismus, mit dem dieses Ziel
erreicht werden kann". Die radikale Hamas im Gazastreifen kritisierte die
USA-Reise von Abbas als "eine Fortsetzung der Bettelei und der verlorenen
Wetten auf die USA und die Zionisten", wie Hamas-Sprecher Fawzi Barhoum in
Gaza sagte. Israelische Sicherheitskräfte haben am Donnerstag im südlichen
Westjordanland ein ranghohes Mitglied des militärischen Hamas Flügels
getötet. Israelische Medien berichteten, es handle sich um Abdel Majid
Dodin, den örtlichen Führer der "Brigaden Ezzedin al-Kassam". Er sei bei
einem Feuergefecht in der Ortschaft Dura bei Hebron erschossen worden.
Israel wirft dem seit 14 Jahren gesuchten 45 Jahre alten Palästinenser eine
Mitbeteiligung an mehreren blutigen Anschlägen vor.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) warf Israel schwere Übergriffe während der Militäroffensive im Gazastreifen zur Jahreswende vor. Israelische Streitkräfte hätten dabei Zivilisten und zivile Gebäude direkt angegriffen, während sie auf militante Kämpfer abzielten. Dies habe einen unproportional hohen Verlust ziviler Menschenleben zur Folge gehabt. In dem am Donnerstag veröffentlichten AI-Jahresbericht nannte die Organisation die Zahl von mehr als 1400 getöteten Palästinensern, darunter 300 Kinder, und etwa 5000 Verletzten. Die israelische NGO Monitor warf Amnesty vor, sich einseitig mit Israel zu befassen und die Raketenangriffe aus dem Gazastreifen auf israelische Zivilisten nicht ausreichend zu beachten.