Porträt
Van Rompuy - Liebling der Karikaturisten
19.11.2009
Der beglische Ministerpräsident wurde von seiner Schwester als Clown dargestellt.
Der vermutlich erste ständige EU-Ratspräsident und bisherige belgische Ministerpräsident Herman Van Rompuy ist vor allem als Streitschlichter im eigenen Land und zuletzt als Liebhaber japanischer Poesie aufgefallen. Letzteres wurde in den belgischen Medien mit Vorliebe für Karikaturen verwendet. Waren die Beschreibungen des flämischen Christdemokraten in Belgien aber noch relativ harmlos, zog die britische Presse zuletzt wild über Van Rompuy her.
Dabei half aber auch die Schwester des wahrscheinlichen Ratspräsidenten, Christine Van Rompuy, kräftig mit. Dem "Daily Express" stellte sie ein Foto zur Verfügung, das Herman Van Rompuy als Clown zeigt. Daraufhin titelte das Blatt: "Großbritanniens neuer belgischer Boss ist ein Clown." Aber auch der Bruder des belgischen Premiers, Eric Van Rompuy, wurde von "Le Soir" mit der Bemerkung zitiert, dass Herman nach den letzten Budgetverhandlungen "seine Grenzen erreicht" habe. "Er hat mir anvertraut, dass es Zeit wäre, innerzuhalten. Er erreichte seine Grenzen", so Erich über seinen Bruder.
Haiku-Liebhaber
Die Vorliebe Van Rompuys für Haikus (ein Haiku
ist eine japanische Gedichtform, die traditionell ein Bild aus der Natur
beschreibt und anhand sogenannter Jahreszeitenwörter den Handlungszeitraum
zu erkennen gibt - mit insgesamt 17 Silben ist das Haiku die kürzeste
Gedichtform der Welt) - brachte ihm vor allem in den letzten Wochen
zahlreiche Karikaturen ein. Dabei wurde einmal der Ministerpräsident bei
einer Kabinettssitzung mit einem weißen Stirnband und rotem Punkt in der
Mitte, das die japanische Flagge darstellen soll, gezeichnet. In der
Sprechblase erging sich Van Rompuy dabei im "großen Teich der Weisheit der
Verrückten - Blume der Regierung", während einer seiner Minister die Frage
stellte, "müssen wir jetzt jede Stunde ein Haiku machen?"
In einer anderen Karikatur war Rompuy gemeinsam mit Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy zu sehen. Sarkozy wurde dabei mit den Worten "Diskret, schweigsam, ohne Ehrgeiz. Ich bewundere Van Rompuy. Und er wird mir Carla nicht wegschnappen" bedacht. Die Antwort Rompus, der brav neben dem französischen Präsidenten zu sehen war, lautete schlagfertig: "Wer weiß?". Eine weitere Zeichnung stellte Van Rompuy im Schneidersitz mit den EU-Sternen als Glorienschein über seinem Kopf dar, wobei er von "Europa, Ozean der Zukunft - Belgien, kleine Gegenwart - leicht zu wählen" sprach.
Kritik
In einem Kommentar wurde die damals im Raum stehende
Nominierung von Rompuy als Ratspräsident schärfer beurteilt. Unter dem Titel
"Die Katze im Sack (das ist kein Haiku)" hieß es: "Sind die auf den Kopf
gefallen? Die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Länder sind für Van
Rompuy als Ratspräsidenten - ohne ihn zu kennen. Man kann an den Fingern
einer Hand seine Europäischen Räte abzählen, seine Besuche in der EU sind
kaum zahlreicher. Er war nicht Außenminister, hat kaum Bücher über Europa
geschrieben und war niemals Europaabgeordneter. Und letzten Donnerstag hat
die ganze Welt von seiner Neigung für japanische Poesie erfahren".
Jedenfalls gilt der 62-jährige außerhalb Belgiens bis vor kurzem praktisch unbekannte flämische Christdemokrat als klassischer Kompromisskandidat. Mit ihm würden die EU-Regierungen die Gefahr bannen, dass ihnen Konkurrenz durch einen charismatischen "EU-Präsidenten" entsteht. Für die EU empfiehlt sich Rompuy auch als Streitschlichter in der nationalistisch und ideologisch stark polarisierten belgischen Innenpolitik. Sein Abgang könnte in Belgien eine neuerliche schwere Regierungskrise heraufbeschwören. Der Betriebswirt war von 1993 bis 1999 Vizepremier und Budgetminister. Nach dem neuerlichen Wahlsieg seiner Christdemokraten wurde er im Juli 2007 Parlamentspräsident. Im Dezember 2008 wurde er Regierungschef als Nachfolger des umstrittenen christdemokratischen Premiers Yves Leterme. Mit dem Wechsel an der Regierungsspitze zog auch wieder Ruhe in dem vom Sprachenstreit zwischen Flamen und Wallonen zerrissenen Belgien ein.