Ein Papst-Schüler bezweifelt, dass der Vatikan nichts über die Holocaust-Leugnung wusste, ein "Versehen" des Papstes ist ausgeschlossen.
Der Papst-Schüler Wolfgang Beinert bezweifelt, dass man in Rom nichts über die antisemitischen Auffassungen des traditionalistischen Bischofs Richard Williamson gewusst habe, dessen Exkommunikation aufgehoben worden ist. Wenn schon nicht der Papst selbst, so hätte zumindest der für die Piusbruderschaft zuständige Kurienkardinal Dario Castrillon Hoyos von der Holocaust-Leugnung Williamsons wissen müssen, sagte der emeritierte Professor am Dienstag in Regensburg dem Bayerischen Rundfunk. Der Theologe war einst Assistent von Joseph Ratzinger und übernahm später dessen Dogmatik-Lehrstuhl an der Regensburger Universität.
Skandal-Interview war bereits im November
Die skandalöse
Äußerung des Briten in einem Interview mit dem schwedischen Fernsehen sei ja
bereits im November vergangenen Jahres im Seminar der Priesterbruderschaft
St. Pius X. in Zaitzkofen bei Regensburg gefallen, sagte Beinert. Williamson
hatte die Ermordung von sechs Millionen Juden in den Nazi-Gaskammern
bestritten. Das Vorgehen von Benedikt XVI. nannte Beinert beispiellos in der
zweitausendjährigen Geschichte der katholischen Kirche: Bisher hätten
Gruppierungen, die im Widerspruch zum Papst standen, immer erst ihren
Auffassungen abschwören müssen, bevor sie wieder in die Kirche aufgenommen
werden konnten. Die traditionalistischen Bischöfe der Piusbruderschaft seien
aber rehabilitiert worden, ohne dass sie ihre abweichenden Standpunkte
hätten revidieren müssen.
Kein Ergebnis "mangelnder Information"
Auch der
österreichische Kirchenhistoriker Maximilian Liebmann vertritt die
Auffassung, dass nicht von einem "Versehen" oder dem Ergebnis "mangelnder
Information" die Rede sein könne. "Dieser Mann ist einer der
intelligentesten Päpste der vergangenen Jahrhunderte, und er war zwanzig
Jahre selbst Kurienkardinal. Der kennt sich ganz genau aus. Ein Unfall
aufgrund mangelnder Information war das nicht", sagte der Grazer
Gelehrte der Deutschen Presse-Agentur am Montag.
Papst wurde schlecht beraten
Der Hamburger Weihbischof
Hans-Jochen Jaschke meinte, wahrscheinlich sei Benedikt XVI. "falsch
beraten" worden, "da wurde schlampig gearbeitet". Nun tue
Schadensbegrenzung not. Der Leiter der deutschsprachigen Redaktion von Radio
Vatikan, Pater Eberhard von Gemmingen, sagte, das Ganze sei ein "Betriebsunfall"
gewesen, das Ergebnis einer "sehr, sehr schlecht kommunizierten
Entscheidung". Der Papst sei "unschuldig".
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