Pakistan

Verdächtige nach Anschlag auf Bhutto festgenommen

18.10.2007

Die Pakistanische Polizei verhört drei Männer. Die Regierung weist jegliche Mitschuld von sich.

Zur Vollversion des Artikels
© AP
Zur Vollversion des Artikels

Nach dem Anschlag auf die frühere pakistanische Ministerpräsidentin Benazir Bhutto hat die Polizei drei Verdächtige festgenommen. Die Regierung wies am Wochenende jede Mitschuld an dem Blutbad zurück. Es sei die größtmögliche Sicherheit gewährleistet worden, sagte der stellvertretende Informationsminister Tariq Azim. Die Behörden erklärten, das Attentat trage die Handschrift des Terrornetzwerks Al Kaida.

In Extremisten-Hochburg aufgegriffen
Die drei Verdächtigen wurden in der Provinz Punjab aufgegriffen, die als Hochburg islamischer Extremisten gilt. Die Polizei teilte am Samstag mit, es gebe einen Zusammenhang mit dem Fahrzeug, aus dem am späten Donnerstagabend vermutlich einer der Attentäter eine Granate auf Bhuttos Konvoi geschleudert hatte. Sekunden später zündete ein Selbstmordattentäter seine Bombe. Mindestens 136 Menschen kamen ums Leben, etwa 250 weitere wurden verletzt.

Bhutto besucht Opfer
Bhutto besuchte am Sonntag einige der Opfer im Krankenhaus. Sie habe ihnen Geld gegeben und versprochen, ihren Kampf für die Bürgerrechte fortzusetzen, sagte ein Arzt.

Noch keine Bekenner
Bis Freitagmittag hat sich niemand zu jenen Anschlägen bekannt, die den Triumphzug Benazir Bhuttos durch die pakistanische Hafenstadt Karachi kurz nach Mitternacht zum Alptraum werden ließen. Die am Donnerstag aus dem Exil heimgekehrte pakistanische Ex-Ministerpräsidentin war dem Attentat knapp entgangen, mehr als 130 Menschen starben. Bhuttos Ehemann machte am Freitag Präsident Pervez Musharraf verantwortlich: "Ich gebe der Regierung die Schuld an diesen Anschlägen", sagte Asif Ali Zardari in Dubai dem Fernsehsender Aryone World Television.

Nächste Seite: Vorwürfe gegen Geheimdienst



Hinter dem Anschlag stünden nicht muslimische Extremisten, sondern pakistanische Geheimdienste, meinte Zardari. Auch Bhuttos Volkspartei PPP erhob schwere Vorwürfe gegen die pakistanischen Geheimdienste. Sie hätten versagt, sagte der hochrangige PPP-Funktionär Taj Haider dem Nachrichtensender Dawn. Er betonte, Bhutto werde sich durch Anschläge nicht vom "Kampf für die Sache der Armen" abhalten lassen. Pakistans Präsident Pervez Musharraf erklärte, der Anschlag sei eine "Verschwörung gegen die Demokratie".

Bhutto verdächtigt Anhänger von Zia
Bhutto selbst hat Anhänger des früheren Militärmachthabers Mohammed Zia ul-Haq für den Anschlag verantwortlich gemacht. "Ich weiß genau, wer mich umbringen wollte", sagte die 54-Jährige in einem am Freitag im Internet veröffentlichten Interview mit dem Magazin "Paris-Match". Die Anhänger Zias stünden noch heute hinter "Extremismus und Fanatismus". Zia hatte Bhuttos Vater, Regierungschef Zulfikar Ali Bhutto, 1977 gestürzt und ihn zwei Jahre später hängen lassen. Zia selbst starb 1988 bei einem nie geklärten Flugzeugabsturz.

Hunderttausende Anhänger feierten Rückkehr Bhuttos
Der Anschlag ereignete sich während einer Prozession, mit der Bhutto und Hunderttausende Anhänger ihre Heimkehr aus dem Exil feierten. Bhutto selbst kam bei dem Attentat nicht zu Schaden. Sie sei sofort nach den Explosionen in ihre Residenz in Karachi gebracht worden, sagte Polizeichef Azhar Farooqi. An Bhuttos Lastwagen waren lediglich Scheiben zu Bruch gegangen, ein Fahrzeug der Polizeieskorte ging in Flammen auf.

"Kampf für Demokratie geht weiter"
Bhuttos Volkspartei rief eine dreitägige Trauer aus. In dieser Zeit würden die Parteiflaggen in ganz Pakistan auf Halbmast gesetzt und schwarze Flaggen als Zeichen der Trauer gehisst, berichteten pakistanische Medien. Trotz des Anschlags wolle Bhutto in Pakistan bleiben und ihre Partei in die Parlamentswahlen führen, sagte ein Senator der Volkspartei. "Wir werden unsere Pläne nicht ändern. Unser Kampf für Demokratie geht weiter", sagte Safdar Abbasi. Bhutto werde die Partei auf die Parlamentswahlen im Januar wie geplant vorbereiten. "Sie ist entschlossen."

Schwere Vorwürfe der PPP
Bhuttos Volkspartei PPP erhob schwere Vorwürfe gegen die pakistanischen Geheimdienste; sie hätten versagt, meinte der hochrangige PPP-Funktionär Taj Haider zum Nachrichtensender Dawn. Der Chefermittler in dem Fall, Munawar Mughal, sage: "Wir konzentrieren uns auf einige Beweise, die wir am Tatort gesammelt haben, und auf den Kopf eines mutmaßlichen Selbstmordattentäters."

Nächste Seite: Unruhen in mehreren Distrikten



In mehreren Distrikten Karachis kam es am Freitag zu Unruhen. Der öffentliche Nahverkehr wurde nahezu eingestellt, Schulen blieben geschlossen. Bhutto hält sich nach Angaben Taj Haiders in ihrer Familienresidenz in Karachi auf, um die sich zahlreiche ihrer Anhänger versammelt hätten. Der Parteifunktionär betonte, Bhutto werde sich durch Anschläge nicht vom "Kampf für die Sache der Armen" abhalten lassen.

Ban entsetzt
UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon zeigte sich entsetzt über die Anschläge und verurteilte sie zutiefst, wie sein Büro in New York erklärte. Ban rief alle politischen Kräfte in Pakistan dazu auf, die nationale Einheit zu bewahren und zu stärken. Gordon Johndroe, der außenpolitische Sprecher von US-Präsident George W. Bush, betonte, es dürfte Extremisten nicht gestattet werden, freie und demokratische Wahlen in Pakistan zu verhindern. Das Volk müsse über seine Repräsentanten frei entscheiden können. Ähnlich äußerten sich auch die EU-Staats- und Regierungschefs auf ihrem Gipfel in Lissabon.

Nach acht Jahren Exil zurückgekehrt
Bhutto war am Donnerstagmittag nach acht Jahren im Exil nach Pakistan zurückgekehrt. Die ehemalige Ministerpräsidentin will bei den Wahlen im Jänner als Spitzenkandidaten ihrer Pakistanischen Volkspartei (PPP) antreten. Der Anfang des Monats vom Parlament wiedergewählte Präsident Pervez Musharraf sieht sich einer wachsenden Opposition gegenüber. Zur Stärkung seiner Position führte er mit Bhutto Gespräche über ein mögliches Bündnis. Im Gegenzug erhielt Bhutto die Zusage, dass sie nach ihrer Rückkehr nicht mit einer Strafverfolgung wegen Korruption zu rechnen habe. Die Politikerin genießt nach zwei Regierungszeiten in weiten Teilen der pakistanischen Bevölkerung hohes Ansehen.

Zur Vollversion des Artikels