Balkan-Chef
Versprach US-Diplomat Karadzic Straffreiheit?
31.07.2008
Der Balkan-Beauftragte Holbrooke soll dem mutmaßlichen Kriegsverbrecher Freiheit zugesagt haben, wenn dieser als Präsident abtritt.
Die Festnahme von Radovan Karadzic hat wieder seine angebliche Absprache mit dem einstigen US-Balkan-Beauftragten Richard Holbrooke aufs Tapet gebracht. Karadzic soll vor seiner Überstellung an das UNO-Kriegsverbrechertribunal am Mittwoch dem Belgrader Staatsanwalt selbst gesagt haben, dass ihm Holbrooke Straffreiheit versprochen habe, wenn er alle öffentlichen Ämter - den Posten des Präsidenten der Republika Srpska und den des Vorsitzenden der Serbischen Demokratischen Partei (SDS) - aufgebe.
Buha bestätigt
Von einer solchen Einigung der beiden Seiten
hatte kürzlich auch der frühere Außenminister der bosnischen Serbenrepublik,
Aleksa Buha, gesprochen: "Ich war bei diesem Ereignis mit Richard Holbrooke
anwesend. Die Absprache wurde im Juni 1996 erreicht." Holbrooke habe damals
mit einem entsprechenden Papier gefächelt, so Buha.
Albright eingeweiht
Ein Jahr später soll eine ähnliche Absprache
auch mit der damaligen US-Außenministerin Madeleine Albright erzielt worden
sein. Laut Buha war auf dem genannten Dokument aber nur die Unterschrift
Karadzics, nicht aber jene Holbrookes.
Holbrooke bestreitet
Holbrooke hat wiederholt irgendeine
Vereinbarung mit Karadzic bestritten. Er sei bereit, im Prozess gegen den
ehemaligen Führer der bosnischen Serben auszusagen, wenn er vorgeladen
sollte, soll der ehemalige Balkan-Beauftragte versichert haben.
Karadzic wird am Donnerstagnachmittag die Gelegenheit haben, sich bei seiner ersten Anhörung zur Tribunalsanklage zu äußern, die ihm in elf Punkten Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Verstöße gegen das Kriegsrecht während des Bosnien-Krieges (1992-95) vorwirft. Die schwersten Vorwürfe beziehen sich auf das Massaker von Srebrenica, wo von Truppen der bosnischen Serben im Sommer 1995 rund 8.000 muslimische Einwohner ermordet wurden. Aber auch die dreijährige Belagerung und der Beschuss von Sarajevo werden Karadzic, der sich zwölf Jahre auf der Flucht befand, zur Last gelegt.