Russland

Verwirrung um Zeugen im Litwinenko-Fall

07.12.2006

Dmitrij Kowtun, der erst heute vernommen wurde, soll mit einer Polonium-Vergiftung in Lebensgefahr schweben. Sein Anwalt dementiert.

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© (c)EPA/SERGEI CHIRIKOV
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Ein wichtiger Zeuge im Fall Alexander Litwinenko soll angeblich mit einer Polonium-Vergiftung ins Koma gefallen sein. Dmitrij Kowtun leide an den gleichen Symptomen wie Litwinenko und schwebe in Lebensgefahr, meldete die Nachrichtenagentur Interfax am Donnerstagabend unter Berufung auf informierte Quellen. Kurz zuvor wurde Kowtun noch von russischen und britischen Ermittlern vernommen. Ein russischer Anwalt hat hingegen bestritten, dass Kowtun das Bewusstsein verloren habe. Andrej Romaschow sagte, er habe mit Kowtuns Verteidigern gesprochen und die hätten ihm versichert, ihr Mandant sei im selben Zustand wie vor der Befragung.

Vor der angeblichen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes beantwortete Kowtun in einem Moskauer Krankenhaus Fragen russischer und britischer Ermittler. Kowtun, der angeblich über Hamburg anreiste, und Lugowoj hatten sich am 1. November im Londoner Hotel "Millennium" mit Litwinenko getroffen. Dabei könnte Litwinenko vergiftet worden sein. Bei sieben Hotelangestellten fanden britische Spezialisten am Donnerstag Spuren von Polonium, die aber nicht gesundheitsgefährdend seien, berichtete der Sender BBC.

"Bei Dmitri Kowtun wurde eine Krankheit festgestellt, die mit der Vergiftung durch radioaktive Nuklide im Zusammenhang steht", erklärte die russische Generalstaatsanwaltschaft. Betroffen seien Magen und Darm, was davon zeuge, dass er wie Litwinenko durch Essen oder Trinken vergiftet worden sei. Deshalb ermittele die Behörde wegen versuchten Mordes. Ein weiterer mit Polonium 210 kontaminierter Kontaktmann Litwinenkos, der Italiener Mario Scaramella, war in London ohne Anzeichen einer Erkrankung aus dem Krankenhaus entlassen worden.

Briten und Russen ermitteln
Nach den britischen Behörden hat am Donnerstag auch die Moskauer Staatsanwaltschaft ein Mord-Verfahren zur Vergiftung Litwinenkos eingeleitet. Damit wird auch eine Strafverfolgung in Russland möglich. Zu den britischen Ermittlungen haben die russischen Behörden erklärt, dass eine Auslieferung von Verdächtigen nicht in Frage komme. Der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte, aus Sicht des Kremls bedeute der Fall keine Beeinträchtigung der bilateralen Beziehungen zu Großbritannien.

Begräbnis in London
Zwei Wochen nach dem Tod Litwinenkos gaben ihm Angehörige und Freunde das letzte Geleit. Zur Trauerfeier für den 43-Jährigen kamen etwa 30 Personen aus Russland, Italien und den USA nach London. Vor der Beisetzung am Highgate-Friedhof im Norden der britischen Hauptstadt fand eine Totenfeier in der Moschee am Regent's Park statt. Der Vater Litwinenkos sagte dem Sender Radio Free Europe, sein Sohn habe ihm zwei Tage vor seinem Tod mitgeteilt, dass er aus persönlichen Gründen zum Islam übergetreten sei. Sein Freund Alexander Goldfarb sagte, ein förmlicher Akt sei ihm nicht bekannt.

Strahlensicherer Sarg
Litwinenko starb am 23. November in einem Londoner Krankenhaus nach einer Vergiftung mit dem radioaktiven Polonium-210. Er sollte in einem verschlossenen, strahlensicheren Sarg beigesetzt werden. Dies stelle keine Gesundheitsgefahr dar, erklärte die britische Gesundheitsbehörde. Jedoch sei der Familie erklärt worden, dass sie bei der Entscheidung für eine Einäscherung erst 22 Jahre hätte warten müssen, bis die Strahlung abgeklungen sei, sagte Goldfarb. Auf dem Sterbebett hatte Litwinenko den russischen Präsidenten Wladimir Putin für den Giftanschlag verantwortlich gemacht. Die britische Polizei ermittelt seit Mittwoch wegen Mordes, nachdem zunächst nur von einer Untersuchung wegen eines ungeklärten Todesfalls die Rede war.

Auch Gaidar vergiftet
In Moskau sagte der erkrankte ehemalige Ministerpräsident Jegor Gaidar, er sei ebenfalls vergiftet worden. Da der Kreml nach den Vorwürfen Litwinenkos aber im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehe, vermute er, dass die Tat von Gegnern der Regierung verübt worden sei, denen an einer weiteren Verschlechterung des Verhältnisses zum Westen gelegen sei.

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