Die kolumbianische Guerilla hat vier Geiseln freigelassen. Nach ihren Angaben ist Ingrid Betancourt sehr krank.
Die vor mehr als sechs Jahren von den kolumbianischen FARC-Rebellen entführte damalige Präsidentschaftskandidatin Ingrid Betancourt ist nach Angaben einer der vier am Mittwoch freigelassenen Geiseln "sehr krank". "Sie hat ein Leberleiden", sagte der frühere Senator Luis Eladio Pérez, der zusammen mit drei anderen Ex-Parlamentariern von den Rebellen nach mehr als sechs Jahren Geiselhaft Vertretern des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) übergeben worden war. Zuletzt habe er Betancourt, die auch die französische Staatsbürgerschaft besitzt, im Februar gesehen.
Geschwächt und depressiv
Die marxistische Rebellengruppe "Revolutionäre
Streitkräfte Kolumbiens" (FARC) sei "wütend" auf
Betancourt, wurde Pérez weiter zitiert. Es nehme die 46-jährige zudem sehr
mit, dass sie offenbar die letzte sein könnte, die frei gelassen wird, sagte
die Ex-Geisel weiter. Schon in einem Video von Betancourt, dass die
kolumbianische Polizei im Dezember bei zwei mutmaßlichen Rebellen in Bogotá
gefunden hatte, machte Betancourt einen sehr geschwächten und depressiven
Eindruck. Sie ist die wichtigste und international bekannteste Geisel der
FARC, da sich sogar der französische Präsident Nicolas Sarkozy für ihre
Freiheit einsetzt.
Perez berichtete, er selbst habe während der rund sechsjährigen Geiselhaft einen Herzanfall und drei Zucker-Schocks erlitten und habe durch Tropenkrankheiten mit Nierenbeschwerden zu kämpfen. "Das Essen ist miserabel, die Lebensbedingungen sind extrem ungesund, und die ständige Angst zerrt an den Nerven", berichtete Pérez von der Tragödie der Geiseln im Urwald. "Das Klima ist gnadenlos, und doch mussten wir unter freiem Himmel schlafen, während wir an Bäume gekettet waren. Drei Jahre waren wir sogar 24 Stunden am Tag angekettet, und sie haben uns unsere Gummistiefel genommen", erzählte der Politiker.
Chavez empfängt Geiseln
Perez und die drei übrigen
Freigelassenen - die Ex-Abgeordneten Gloria Polanco, Orlando Beltran und
Jorge Gechem - waren am Mittwoch von Mitarbeitern des Internationalen
Komitees vom Roten Kreuz und venezolanischen Regierungsvertretern in
Kolumbien im Empfang genommen worden. Die vier freigelassenen Geiseln sind
mittlerweile in Venezuelas Hauptstadt Caracas eingetroffen.
Das US-Außenamt begrüßte die Freilassung, kritisierte die FARC aber scharf dafür, dass sie weiter zahlreiche Geiseln in ihrer Gewalt halte. Unter ihnen sind auch vier US-Bürger. Der französische Außenminister Bernard Kouchner erklärte, dass die vier Kolumbianer in Freiheit seien, bringe die Bemühungen um eine rasche humanitäre Beilegung der Geiselkrise und die Freilassung Betancourts voran.
Sarkozy fordert Freilassung
Der französische Staatspräsident
Nicolas Sarkozy hat die Guerilleros in Kolumbien zur sofortigen Freilassung
ihrer Geisel Ingrid Betancourt aufgefordert. Es gehe um Leben oder Tod,
sagte Sarkozy am Donnerstag nach Berichten der am Vortag freigelassenen
Geiseln über eine schwere Erkrankung der 46-jährigen Politikerin. Sarkozy
sagte, er sei auch bereit, persönlich nach Kolumbien zu reisen, um an der
Freilassung von Betancourt mitzuwirken. Die ehemalige
Präsidentschaftskandidatin hat auch die französische Staatsbürgerschaft.