Der Tod des 15-Jährigen brachte Griechenland drei Krawallnächte in Folge. Vor dem Begräbnis flammten die Unruhen wieder auf.
Mehrere tausend Menschen haben am Dienstag in der Nähe von Athen an der Trauerfeier für den durch eine Polizeikugel getöteten 15-Jährigen griechischen Buben teilgenommen. Auf dem kleinen Friedhof in der Athener Vorstadt Palaio Faliro waren außer engen Verwandten und Freunden des Toten auch Schülervertretungen aus zahlreichen Gymnasien Athens zusammengekommen. Auch Schüler aus Nordgriechenland und aus der Insel Kreta hatten Blumen geschickt, berichtete das Fernsehen. Die Polizei beobachtete von einem Hubschrauber aus und aus diskreter Entfernung die Trauerfeier. Lesen Sie hier mehr dazu
Erneut Attacke auf Polizisten
Auf zentralen Plätzen vieler
Städte des Landes gedachten zeitgleich Zehntausende Schüler des 15-Jährigen,
dessen Tod am Samstag eine Welle der Gewalt in ganz Griechenland ausgelöst
hatte.
Krawalle in Athen
In Athen kam es vorübergehend erneut zu
Zusammenstößen zwischen Schülern und der Polizei. Aus einer Demonstration
von rund 5.000 Schülern lösten sich rund 200 Jugendliche heraus und bewarfen
die Polizei mit roter Farbe. Andere warfen Steine und Latten auf die Beamten
vor dem Parlamentsgebäude, wie das Fernsehen zeigte. Die Polizei setzte
massiv Tränengas ein, um die Randalierer auseinander zu treiben.
Polizei-Quartier in Patras gestürmt
In der westgriechischen
Stadt Patras haben Demonstranten das Hauptquartier der örtlichen Polizei
gestürmt und besetzt. Rund 500 Demonstranten drangen in das Gebäude ein und
warfen dabei Steine und Molotow-Cocktails, wie die Polizei am Dienstag in
der Hafenstadt mitteilte. Die Polizei habe Tränengas eingesetzt und
versucht, die Demonstranten zurückzudrängen. Vor dem Angriff auf das
Polizeigebäude hatte es in Patras drei Demonstrationen von Schülern und
Studenten gegeben.
Tod durch Polizei-Schuss
Der 15-Jährige Alexis Grigoropoulos war
am Samstag durch einen Polizeischuss ums Leben gekommen. Der verantwortliche
Polizeibeamte bestreitet, den Schüler absichtlich getötet zu haben. Er sitzt
in Untersuchungshaft.
Kein Weihnachten in Athen
Der Athener Bürgermeister Nikitas
Kaklamanis hat wegen der Trauer sämtliche Weihnachtsfeierlichkeiten
abgesagt. Das berichtete die deutschsprachige "Griechenland Zeitung".
Die bereits installierte Weihnachtsbeleuchtung soll demnach bis auf weiteres
von den großen Plätzen der Stadt entfernt werden
Handy-Video zeigt Schüsse
Auf Youtube ist unterdessen ein
Handy-Video aufgetaucht, bei dem man sieht, wie die Schüsse abgegeben
wurden.
Regierung kündigt Härte an
Ministerpräsident Kostas
Karamanlis hat am Dienstag ein hartes Vorgehen gegen die Unruhestifter
angekündigt. Nach einem Krisentreffen mit Staatspräsident Karolos Papoulias
sagte Karamanlis: "Niemand hat das Recht, diesen tragischen Vorfall als
Alibi für Aktionen der rohen Gewalt zu missbrauchen, für Aktionen gegen
unschuldige Menschen, gegen ihr Eigentum, gegen die ganze Gesellschaft und
gegen die Demokratie."
170 Menschen in Gewahrsam
Die Nacht auf Dienstag war bereits die
dritte in Folge mit Krawallen. In Athen, Thessaloniki und zahlreichen
anderen großen Städten zogen randalierende Jugendliche durch die Straßen und
steckten Geschäfte, Häuser und Autos in Brand. In der Innenstadt von Athen
wurden rund 200 Brände gezählt. Insgesamt wurden 89 Personen wegen Angriffen
auf die Polizei, Vandalismus und Brandstiftung festgenommen, 79 weitere für
Vernehmungen. Insgesamt wurden seit Samstag 40 Menschen verletzt.
Alle Bilder der Krawalle:
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"Oh Tannenbaum"
Etwa 4.000 Autonomen schienen
Montagabend zeitweise die gesamte Athener Altstadt unter ihre Kontrolle
gebracht zu haben. Entlang der drei großen Einkaufsstraßen brannten nahezu
alle Geschäfte. Es kam auch zu Plünderungen. Auf dem Syntagma-Platz in Athen
ging der riesige Weihnachtsbaum in Flammen auf. Einige Demonstranten
stellten sich vor den brennenden Baum und sangen die griechische Fassung von "Oh
Tannenbaum".
Fluglinie und Banken brannten
Auch ein vierstöckiges Gebäude der
Fluglinie Olympic Airways brannte komplett aus, ebenso ein Bankgebäude und
mehrere Dutzend Geschäfte. Insgesamt zählte die Feuerwehr 200 Brände in der
Innenstadt, davon mindestens die Hälfte in Gebäuden. Im nordgriechischen
Thessaloniki wurden am Montagabend rund 100 Geschäfte geplündert. Das Ausmaß
der Schäden konnte auch am Dienstag noch nicht beziffert werden.
Für Mittwoch riefen die Gewerkschaften zu einem Generalstreik auf.
London, Berlin, Nikosia angesteckt
Die Proteste breiteten sich
auch über die griechischen Landesgrenzen aus. In der britischen Hauptstadt
London wurden fünf von 40 Demonstranten festgenommen, die vor der
griechischen Botschaft gegen den Tod des 15-Jährigen protestiert hatten. Bei
Protesten vor der griechischen Botschaft in der zypriotischen Hauptstadt
Nikosia wurden zwei Demonstranten verhaftet. In Berlin besetzten Aktivisten
das griechische Konsulat.
Querschläger nach Warnschuss?
Der 37 Jahre alte Polizist,
der am Samstagabend den tödlichen Schuss auf den Schüler abgegeben haben
soll, will nur Warnschüsse abgefeuert haben. Der Jugendliche ist seiner
Ansicht nach von einem Querschläger getroffen worden. Die Staatsanwaltschaft
wirft dem Polizisten Totschlag vor. Eine Obduktion brachte am Montag keine
Klarheit in den Fall.
Foto des Weihnachtsbaums: (c) AP
Foto des erschossenen
15-Jährigen: (C) EPA