I. Daniel in Paris

Warum Frankreich Le Pen verhindern will und Macron vor Zerreißprobe

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Einen Tag vor dem zweiten Durchgang der Parlamentswahlen in Frankreich ist die Stimmung in Paris hoch explosiv und angespannt. 

Nachdem die extrem rechte Partei von Marine Le Pen – die Schwesternpartei der FPÖ – im ersten Durchgang erstmals Nummer 1 wurde, finden fast täglich Demonstrationen gegen sie statt.

„Veni, Vidi, Vichy“, wird skandiert

Vor der Zentrale des Rassemblement national stehen fast jeden Tag junge Gegner, die abwechselnd „Veni, Vidi, Vichy“ rufen oder alte alte Lieder der Résistance singen. In den letzten Tagen vor der historischen Wahl – erstmals wäre es möglich, dass Le Pen die absolute Mehrheit erhalten und damit den nächsten Premierminister stellen könnte – mussten sich Le Pen und ihr Premier–Kandidat Jordan Bardella freilich Tag für Tag für „Einzelfälle“ rassistischer oder antisemitischer Natur distanzieren.

Star–Aufmärsche gegen Le Pen

Ebenfalls Tag für Tag rufen in Frankreich tausende Wissenschafter, Künstler, Intellektuelle und Politiker – von extrem links bis Mitte Rechts – dazu auf „gegen die extreme Rechte“ zu wählen. Auch die Star–Fußballspieler des französischen Nationalteams engagieren sich Publikumswirksam gegen den Rassemblement national.

Letzte Umfragen deuten auf Chaos in Frankreich hin

Letzte Umfragen der großen französischen Meinungsforschungsinstitute deuten darauf hin, dass diese Front gegen Le Pen aufgehen könnte. Über 200 Kandidaten der Zentristen von Emmanuel Macron und des Linksbündnis haben sich zurückgezogen, um eine Absolute von Le Pen zu verhindern. So könne der RN – glaubt etw IFOP – zwar Erste werden, aber „nur“ noch auf 210 bis 240 Sitze kommen. Für eine Absolute bräuchte sie 289.

Angst vor Mélenchon hilft Le Pen

Aber: Ob das wirklich aufgeht, weiß noch niemand. Französische Politologe warnen, dass „Wähler nicht den Empfehlungen der Parteien folgen“ müssten. Zudem ist die extreme Linke von Jean–Luc Mélenchon (la France insoumise) – auch seine Partei steht im Antisemitismus und Pro–Hamas und Pro–Putin–Verdacht – ebenso unbeliebt und gefürchtet wie die extreme Rechte. In Wahlkreisen in denen nur Kandidaten der Extremen kandidieren, könnten sich Wähler von Mitte links bis Mitte Rechts und den Zentristen enthalten.

Vieles spricht freilich dafür, dass am Sonntag bei dieser Wahl mit weitreichenden Folgen für Frankreich und Europa – eher Chaos rauskommt. Heißt: Keine Partei erhält eine Absolute und mühsame Mehrheitssuchen starten.
Die Wut auf Frankreichs einstiges Wunderkind Emmanuel Macron ist dementsprechend groß. „Er hat uns diesen Salat eingebrockt und das Land an den Rand des Abgrunds geführt“, sagt Sophie, eine Wählerin der Bürgerlichen oe24.

Macron startet Koalitions–Poker vor Olympischen Spielen

Macron – seine Zentristen werden auf Platz drei landen – hat bereits angekündigt weder mit der extremen Rechten, noch extremen Linken regieren zu wollen. Damit müsste er Rote, Grüne und die echten Bürgerlichen (Républicain historique) zu einer Koalition bewegen. Manch ein Macron–Insider denkt aber, dass der Präsident versuchen werde seine bisherige Regierung mit Premier Gabriel Attal zumindest bis nach den Olympischen Spielen, die am 26. Juli starten, zu retten. Diese könnten dann freilich von Demonstrationen und Ausschreitungen begleitet werden.

Die Angst vor Le Pen – eine Frage der Ehre

Und weshalb fürchten sich weite Teile Frankreichs so vor Le Pen? Im Unterschied zu Österreich wo FPÖ oder Le Pen als „Populisten“ bezeichnet werden und die Blauen wiederholt in der Regierung saßen, gibt es in Frankreich bis heute den cordon Sanitaire, da der RN eben als „extrem rechts“ angesehen werde. „Das ist eine Frage der Ehre“, sagt ein Apotheker im noblen 8. Arrondissment von Paris oe24. „Wir spielen eine große Rolle in Europa. Was würden wir für ein Bild abgeben, wenn wir uns von Jordan Bardella regieren lassen würden. Wir sind doch keine Knechte Putins“? Ob sein Wunsch sich erfüllt, wird er freilich erst am Sonntag erfahren.

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