Nach dem Tod von Diktator Saparmurat Nijasow fordert die Exil-Opposition eine Beteiligung an der Präsidentschaftswahl.
Der Übergangspräsident bereitete die Beisetzung Nijasows am kommenden Sonntag in dessen Heimatort Kiptschak vor. Zu der Trauerfeier wurde aus Russland Ministerpräsident Michail Fradkow und aus der Ukraine Staatschef Viktor Juschtschenko erwartet. Der russische Präsident Wladimir Putin würdigte Nijasow in einem Beileidstelegramm als "Freund Russlands". Russland und die Ukraine sind die wichtigsten Abnehmer für turkmenisches Gas. Die Exil-Opposition forderte unterdessen ein Rückreiserecht und will bei den anstehenden Wahlen teilnehmen. Ein erster formeller Schritt wird am kommenden Dienstag erfolgen, wenn der 2.500 Delegierte zählende Volksrat in der Hauptstadt Aschchabat zusammentreten und einen Termin für den Urnengang festsetzen wird.
Kampf um Rohstoffe wahrscheinlich
Die russische
Wirtschaftszeitung "Wedomosti" sagte einen Verteilungskampf um die
Gas- und Ölvorkommen des Wüstenstaats am Kaspischen Meer voraus. Dort gebe
es derzeit ein Machtvakuum, zitierte sie einen Experten: "Die Frage
ist, ob Amerika oder Russland zuerst nach Turkmenistan kommt."
Am kommenden Dienstag soll die turkmenische Volksversammlung über die Wahl eines Nachfolgers von Präsident Nijasows beraten. Dabei gilt Berdymuchammedow genauso als möglicher Kandidat wie Nijasows Sohn Murad, ein Geschäftsmann. In Moskau kursierten Berichte, wonach der 21 Jahre lang herrschende Nijasow vergiftet worden sei. Außerdem habe sich der für das vermutete Milliardenvermögen des Staatschefs zuständige Mitarbeiter, Alexander Schadan, abgesetzt, sagte der Zentralasien-Experte Arkadi Dubnow.
Übergangsregierung gegen Einreise Oppositioneller
Eine
oppositionelle Jugendorganisation rief im Internet die Turkmenen dazu auf, "das
Zeitfenster für die Freiheit zu nutzen" und notfalls auch auf den
Straßen zu demonstrieren. Turkmenische Oppositionelle berichteten in Moskau,
die Behörden in Aschchabad verweigerten einem geplanten Charterflug für
Regimegegner die Landung in Turkmenistan.
Exilierte Oppositionspolitiker forderten ihr Recht, nach dem Tod Nijasows in die Heimat zurückkehren und sich an den angekündigten Präsidentenwahlen beteiligen zu können. "Wenn die ins Exil vertriebene Opposition nicht an diesen Wahlen teilnehmen kann, wird es eine einzige Inszenierung werden", sagte der namhafte Regimegegner Chary Ishanijasow der "Berliner Zeitung".
Appell der Opposition ans Ausland
"Wenn die ins Exil
vertriebene Opposition nicht an diesen Wahlen teilnehmen kann, wird es eine
einzige Inszenierung werden", sagte Exilant Chary Ischanijasow. Er
appellierte an das Ausland, durch Druck auf die Interimsregierung in
Aschchabad den geflohenen Nijasow-Gegnern die Heimkehr zu ermöglichen.
Ischanijasow hatte Turkmenistan bis 2002 als diplomatischer Geschäftsträger
in Deutschland vertreten, hatte dann aber mit Nijasow gebrochen. Er lebt
heute in Berlin.
"Natürlich wünsche ich mir, dass jetzt jemand die Macht übernimmt, der nicht aus dem Umfeld des Diktators stammt", sagte Ischanijasow. Realistische Chancen wies er aber neben dem bisherigen Vize-Regierungschef Gurbanguly Berdymuchammedow, der am Donnerstag zum Übergangspräsidenten ernannt wurde, nur Nijasows Sohn Murad zu. Einen kurzfristigen Kurswechsel in Aschchabad erwarte er freilich weder von dem einen noch von dem anderen, sagte Ischanijasow.
USA wollen Beziehungen ausbauen
Nachdem bereits Russland und
Deutschland ihrer Hoffnung Ausdruck verliehen hatten, dass die
Nachfolgeregelung transparent und die Beziehungen zu Turkmenistan stabil
bleiben mögen, meldete sich auch Washington zu Wort. Die Regierung der USA
sprach den Angehörigen des Verstorbenen und der Bevölkerung des Landes ihr
Beileid aus und erklärte, Hoffnung auf eine demokratische Nachfolgeregierung
zu hegen und ihre Beziehungen zu Turkmenistan ausbauen zu wollen. Sie setzt
auf eine "glänzende Zukunft" für Turkmenistan und auf eine
Regierung, die dem Volk Gerechtigkeit und Chancen verschaffen werde. Die
ehemalige zentralasiatische Sowjetrepublik ist nicht zuletzt wegen ihres
Erdgasreichtums und ihrer geostrategischen Lage an der Grenze zum Iran und
zu Afghanistan für die USA von Interesse.
Der 66-Jährige Nijasow, der sich selbst gönnerhaft den Beinamen "Turkmenbaschi" (Vater bzw. Führer aller Turkmenen) verliehen hatte, erlag offiziellen Angaben zufolge einem Herzversagen. Nijasow stand seit 1985 an der Spitze der zentralasiatischen Republik Turkmenistan, die bis 1991 zur Sowjetunion gehörte. Der auf Lebenszeit Gewählte regierte mit eiserner Hand und baute einen extrem bizarren Personenkult um sich auf. So ließ er u.a. den Monat Jänner nach sich selbst benennen und jeder erwachsene Turkmene musste seine von ihm selbst verfassten Bücher zur Geschichte und Herrlichkeit des Landes lesen. Sogar für die Erlangung eines Führerscheines war die Kenntnis der Bücher Pflicht.