Die mächtigsten Staats- und Regierungschefs der Welt versuchten, die Welt zu retten. 50 Maßnahmen sollen ein Abrutschen in die Weltwirtschaftskrise verhindern.
Nach einem üppigen Dinner im Weißen Haus am Freitagabend – es gab Wachteln, Lamm und Birnentorte – ging der Weltfinanzgipfel in Washington am Samstag in die entscheidende Phase. Und angesichts der düsteren Prognose des Internationalen Währungsfonds (IWF), der für 2009 eine schwere Weltrezession prophezeit, verging vielen Staats- und Regierungschefs der Appetit.
Die 20 größten Industriestaaten und wichtigsten Schwellenländer (G 20) versuchten in hektischen, achtstündigen Beratungen, den Absturz der Weltwirtschaft mit einem Gewaltakt noch zu verhindern. Dabei gaben die Europäer den Ton an. So erklärte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel in der US-Hauptstadt: „Wir werden hier einen Aktionsplan verabschieden, bei dem fast 50 Maßnahmen bis Ende März umgesetzt und verwirklicht werden.“ Man werde „damit zeigen, dass die Staatengemeinschaft handlungsfähig ist“. Es gehe darum, „dass alle Märkte, alle Teilnehmer und alle Produkte wirklich reguliert und überwacht werden“.
Neue strenge Regeln. 50 konkrete Einzelmaßnahmen sollen künftig eine effektive Finanzkontrolle ermöglichen. Dazu gehören:
- Neue strenge Bilanzierungsrichtlinien für komplexe und spekulative Finanzprodukte.
- Strengere Regeln für Rating-Agenturen.
- Viel schärfere Eigenkapital-Vorschriften für all jene Banken, die ihren Kunden Risiko-Produkte anbieten.
- Hoch spekulative Hedge-Fonds werden in Zukunft strenger reguliert.
Europa zeigt Muskeln
Wenn der Gipfel tatsächlich mit einem
strengen globalen Regelwerk der Finanzmärkte und einem verbindlichen
Kontrollkatalog endet, hat sich Europa in Washington damit klar gegenüber
den USA durchgesetzt. Zuletzt hatte es vonseiten des scheidenden Präsidenten
George W. Bush ständig Widerstand gegen eine Regulierung gegeben.
Zudem wurde auf Druck der Europäer ein Aktionsplan beschlossen, der die Umsetzung erster Reformschritte bis zum nächsten Gipfel Ende März 2009 vorsieht. Die Staats- und Regierungschefs wollen eine Reihe von Arbeitsaufträgen erteilen, die in ein Frühwarnsystem und in Mechanismen zur besseren Überwachung der Finanzmärkte münden sollen. Uneinig waren sich die Teilnehmerstaaten allerdings darüber, welche Rolle internationale Gremien bei den neuen Kontrollen spielen sollen. So wollen weder die USA noch viele Schwellenländer einer zu starken externen Kontrolle ihrer nationalen Aufsichtssysteme zustimmen. Besonders dem Internationalen Währungsfonds (IWF) wird viel Misstrauen entgegengebracht.
Nächster Gipfel
Übrigens: Das nächste G 20-Treffen soll
Ende März in Großbritannien stattfinden. Dann wird auch für die USA keine
„lame duck“ teilnehmen, sondern der voll im Saft stehende neue Präsident
Barack Obama.
Eines ist klar: Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wird nach Ansicht des IWF 2009 die Gesamtheit aller Industriestaaten in eine lange Rezession rutschen. Frühestens Ende 2009 sei mit einer Erholung zu rechnen. Eine so schwere Rezession wird auch die Arbeitslosenzahlen weltweit in die Höhe schnellen lassen. In den USA waren bereits im Oktober mit 10,1 Mio. so viele Menschen ohne Job wie seit 14 Jahren nicht mehr.