Rechtspopulismus
Weltweite Empörung über Anti-Islam-Film
27.03.2008
Der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders stellte seinen islamfeindlichen Film online. Er bezeichnet den Koran als "faschistisch".
Nachdem der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders seinen umstrittenen Koran-feindlichen Film ins Internet gestellt hat, herrscht Aufregung.
Die slowenische EU-Ratspräsidentschaft hat sich von dem anti-islamischen Kurzfilm "Fitna" ("Zwietracht") des niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders (44) distanziert. "Wir glauben, dass Werke wie der erwähnte Film keinem anderen Zweck dienen, als Hass zu entflammen", betonte die slowenische EU-Ratspräsidentschaft am Freitag in einer Presseerklärung. Der EU-Vorsitz unterstützt demnach voll und ganz die Aussagen der Regierung in Den Haag, die sich von dem Film nach der Online-Veröffentlichung am Donnerstag distanziert hatte, aber auch vor gewaltsamen Reaktionen warnte.
Kritik der EU
"Die Europäische Union und ihre
Mitgliedstaaten wenden das Prinzip der Meinungsfreiheit an, das ein Teil
unserer Werte und Traditionen ist. Es sollte aber in einem Geist von Respekt
für Religionen sowie andere Glaubensrichtungen und Überzeugungen ausgeübt
werden. Gegenseitige Toleranz und Respekt sind universelle Werte, die wir
aufrecht halten sollen", heißt es in der der Erklärung des
EU-Vorsitzes. Gegenseitiges Verständnis könnten nicht durch Gewalt, sondern
nur "durch einen offenen Meinungsaustausch unter Bewahrung der
Meinungsfreiheit" vertieft werden. Ein solcher Dialog werde von der EU
insbesondere im heurigen "Jahr des Dialogs der Kulturen"
gefördert.
"Faschistisches Buch"
Mit dem 15-minütigen Video "Fitna",
das seit Donnerstag auf dem in Großbritannien ansässigen Videoportal "LiveLeak"
(http://www.liveleak.com/view?i=7d9_1206624103) zu sehen ist, will Wilders
den Koran als "faschistisches Buch" brandmarken. In dem Film
kombiniert Wilders Bilder von Opfern terroristischer Anschläge mit
Koranversen.
Niederländische Regierung distanziert sich
Stunden vor der
EU-Reaktion war bereits die niederländische Regierung in Den Haag offiziell
zu Wilders auf Distanz gegangen. "Wir sehen nicht, dass damit etwas
anderes bezweckt wird als das Verletzen von Gefühlen", erklärte
Ministerpräsident Jan Peter Balkenende am späten Donnerstagabend. Der
Fraktionsvorsitzende der regierenden Christdemokraten, Pieter van Geel,
nannte den Film "gemein und verletzend". Eine Sprecherin der
mitregierenden Sozialdemokraten sagte, Wilders stelle bereits bekannte
Szenen so zusammen, dass sie "angsteinflößend" wirken.
Die Zeitung "de Volkskrant" kommentierte am Freitag, der Film
gleiche den Propagandamethoden, mit denen totalitäre Regime
Bevölkerungsgruppen gegeneinander aufhetzen. Aus Furcht vor gewalttätigen
Protesten hatte die Polizei den Parlaments-und Regierungssitz in Den Haag am
Donnerstagabend abgeriegelt. Es blieb jedoch zunächst völlig ruhig.
Rechtliche Schritte
Der dänische Karikaturist Kurt Westergaard
will gerichtlich gegen den Anti-Islam-Film vorgehen und sagte, er betrachte
die Verwendung seiner ebenfalls umstrittenen Mohammed-Karikatur im Film Film
als "Missbrauch". Westergaard muss selbst nach der erneuten
Veröffentlichung seiner Mohammed-Zeichnung als Terrorist mit einer Bombe im
Turban wegen Morddrohungen an wechselnden Adressen leben. Er kündigte an,
dass er per Einstweiliger Verfügung ein Verbot von Wilders' Film erreichen
will. Auch die Zeitung "Jyllands-Posten", in der die umstrittenen
dänischen Mohammed-Karikaturen erschienen waren, distanzierte sich vom
Anti-Islam-Film.
"Kreuzzug" gegen islamische Welt
Große Empörung
naturgemäß auch in der islamischen Welt: Das iranische Außenministerium
sprach von einer "widerlichen Aktion" und von einem "Kreuzzug"
westlicher Länder gegen den Islam. Die Regierung von Bangladesch verurteilte
die Veröffentlichung "auf das Schärfste" und drohte mit "schweren
Folgen". Auch in Indonesien verurteilten Politiker und Islamgelehrte
einhellig den Film. Das Stück sei "irreführend und voller Rassismus",
sagte Kristiarto, Sprecher des Außenministeriums, am Freitag. Die
Veröffentlichung sei "ein unverantwortlicher Akt unter dem Mantel
der Pressefreiheit." Parlamentspräsident Agung Laksono warnte vor
Unruhen und forderte die Regierung auf, die Weiterverbreitung des Stücks
etwa über das Internetportal "YouTube" zu unterbinden.
Hochrangige Vertreter der jordanischen Medien kündigten am Freitag gerichtliche Schritte gegen den 15-minütigen Streifen an. Ein Sprecher sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Medienvertreter strebten einen Prozess gegen Wilders vor einem jordanischen Gericht an. Außerdem sei eine Kampagne für den Boykott niederländischer Produkte geplant.
Gefahr von Anschlägen
Unterdessen meinte das deutsche
Bundeskriminalamts (BKA), die Ausstrahlung eines anti-islamischen Videos
erhöhe die Gefahr von Anschlägen in Europa. Wie auch die jüngsten
Drohbotschaften von Al Kaida-Chef Osama bin Laden könne es potenzielle Täter
anregen, sagte der für Staatsschutz zuständige Abteilungspräsident Klaus
Wittling am Freitag in Wiesbaden.
Wilder weißt Verantwortung von sich
Wilders selbst hat die
Verantwortung für mögliche Ausschreitungen als Reaktion auf seinen
Koran-feindlichen Film zurückgewiesen. "Ich hoffe, dass nichts passiert.
Aber selbst wenn, dann sind die Leute, die die Taten begehen, dafür
verantwortlich und nicht ich", meinte Wilders. Er sei "glücklich über die
positiven Reaktionen" auf den am Donnerstag im Internet veröffentlichten
Film. Es sei nicht seine Absicht gewesen, Ausschreitungen zu provozieren,
sondern er habe eine Debatte anstoßen wollen.
"Hasse keine Muslime"
Der Rechtspopulist kündigte
Diskussionsveranstaltungen über seine Thesen in den Niederlanden an.
Außerdem habe er Einladungen aus den USA und aus Dänemark, um über seinen
Film zu sprechen. Sein Ziel sei es, den Menschen zu zeigen, "dass wir die
Islamisierung stoppen müssen, um unsere Freiheit zu bewahren". Er betonte
aber, dass er nicht grundsätzlich anti-muslimisch eingestellt sei. "Ich
unterscheide zwischen der Ideologie, die ich verachtenswert finde, und den
Menschen. Ich hasse keine Menschen, also hasse ich auch keine Muslime",
sagte Wilders