Demos in Deutschland
Zehntausende Studenten auf der Straße
17.11.2009
Proteste in vielen Uni-Städten, die Aktionen sollen vorerst weitergehen.
So schnell scheint den Studentenprotesten in Österreich nicht die Luft auszugehen: Genau vier Wochen nach Beginn der Besetzung der Aula der Akademie der Bildenden Künste sind am Weltstudententag am Dienstag erneut Hunderte Demonstranten für mehr Geld für Bildung auf die Straße gegangen. Rückenwind erhielt der heimische Protest durch den Internationalen Studententag, zu dem das "International Student Movement" zu weltweiten Protestaktionen aufgerufen hat und an dem Studenten von Bangladesh über Ungarn bis Sierra Leone teilnehmen sollen.
"Flächenbrand losgetreten"
"Wir haben einen
Flächenbrand losgetreten, gestern waren 40 Unis in ganz Europa besetzt",
verkündete ein Redner bei der Protestaktion in Wien vor dem Sitz der
Industriellenvereinigung unter Beifall von rund 800 Teilnehmern. Kritik
setzte es an der Industrie für deren "mangelndes" Demokratieverständnis: Mit
ihrer Forderung nach stärkerer Ausrichtung der Unis auf Bedürfnisse der
Wirtschaft habe diese den von den Protestierenden scharf kritisierten
Bologna-Prozess ausgelöst.
"Grazer Freiheitsstatue"
Deutlich aktionistischer wurde
der Aktionstag in einigen anderen Bundesländern begangen: Studierende der TU
Graz haben der "Grazer Freiheitsstatue" neben dem Opernhaus eine "Krawatte"
mit der Aufschrift "Bildung" umgehängt. Die Besetzer der Vorklinik-Hörsäle
der Uni Graz machten am Nachmittag in der Innenstadt mit einer
"ProfessorInnenversteigerung" ironisch auf den "Bildungsausverkauf"
aufmerksam, "Halbpreisstudenten" sollten die prekäre Situation vieler
Studierender aufzeigen.
Symbolisches Wettpaddeln
In Linz wurde auf dem Teich der Johannes
Kepler Universität ein symbolisches
Wettpaddeln um einen Master-Studienplatz veranstaltet, rund 40 Personen
verfolgten die Aktion. Innsbruck wurde von protestierenden Studenten zur
"Walzerstadt" erklärt, rund 250 Studenten tanzten nach dem Motto "Wir tanzen
nicht nach eurer Pfeife" von der Hauptuniversität durch die Stadt zur
Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät (Sowi).
Ab 13 Uhr waren alle Universitäten, Fachhochschulen und Forschungseinrichtungen dazu aufgerufen, Vollversammlungen abzuhalten. In Wien dürften die Veranstaltungen laut Berichten von Teilnehmern auf reges Interesse gestoßen sein. So seien etwa zur Versammlung des Instituts für Geografie der Uni Wien mehr als 200 Personen gekommen, darunter "viele Lehrende", so ein Student.
85.000 Demonstranten in Deutschland
In Deutschland haben
anlässlich des Weltstudententags mehr als 85.000 Schüler und Studenten bei
Aktionen in rund 50 Städten bessere Bildungschancen verlangt. Protestmärsche
gab es unter anderem in Berlin, hier waren es nach Angaben des
Streikbündnisses bis zu 13.000 Teilnehmer. In München protestierten rund
7.000 Studenten. Die Veranstalter bezeichneten den Aktionstag als Auftakt zu
einem "heißen Herbst des bundesweiten Bildungsstreiks": Von 30. November bis
zum 6. Dezember soll eine Aktionswoche stattfinden, bei der
Kultusministerkonferenz in Bonn am 10. Dezember wollen die Streikenden die
Zufahrtsstraßen blockieren. Seit Tagen halten Studenten in mehr als 20
deutschen Universitäten Hörsäle besetzt. Neben Kritik an den Bachelor- und
Masterstudiengängen verlangen sie bessere Lernbedingungen, mehr
Mitbestimmung und die Abschaffung von Studiengebühren. (Internet:
http://www.bildungsstreik2009.de)
Auch in Italien demonstrierten am Dienstag Tausende Schüler und Studenten in zahlreichen Städten gegen eine geplanten Universitätsreform und Sparmaßnahmen im Bildungsbereich. Eine umstrittene Reform von Bildungsministerin Mariastella Gelmini sieht bis Oktober 2011 die Kürzung von 130.000 Stellen an Schulen und Universitäten vor.