Arabische Presse:
Zorn der gesamten islamischen Welt
15.09.2006
In der islamischen Welt schlagen die Äußerung von Papst Benedikt XVI. über den Islam hohe Wellen.
Nach Angaben italienischer Tageszeitungen widmete der arabische Nachrichtensender "Al-Jazeera" den Beginn seiner Hauptnachrichtensendung den kritischen Stimmen zu den Aussagen, die der Papst bei einem akademischen Vortrag an der Universität Regensburg gehalten hatte. Benedikt hatte dabei insbesondere die gewaltsame Bekehrung zu einer Religion, etwa durch einen "Heiligen Krieg", kritisiert.
"Der Papst kritisiert den Islam und zitiert eine Beleidigung seines Propheten", betitelte der Sender seine Spitzenmeldung. "Er muss seine Äußerungen zurückziehen", "Gefährliche Worte, die nicht einmal ein Volksschulkind aussprechen würde, weil es weiß, dass es damit dem Terrorismus einen Nährboden bereitet", "Man wusste ja, dass sich dieser Papst mit dem internationalen Zionismus verbündet hat ", lauteten die von "Al-Jazeera" wiedergegebenen Kommentare.
Ähnlich war die Berichterstattung von "Al-Arabiya", des zweitgrößten arabischen Satellitensenders. Er übertitelte seine Meldung so: "Der Papst übt wenige Wochen vor seinem geplanten Türkei-Besuch Kritik am Islam" und fügte hinzu: "Damit dürfte er den Zorn der islamischen Welt heraufbeschwören."
Die Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) forderte vom Vatikan eine Klarstellung. "Die OIC hofft, dass der Vatikan seine wirkliche Position gegenüber dem Islam und seinen Glaubensregeln zum Ausdruck bringt" , heißt es in einer Stellungnahme.
In einem Islam-Forum im Internet, in dem auch Videos und Erklärungen des Terrornetzwerks "Al-Kaida" veröffentlicht werden, heißt es unter anderem: "Der Papst des Vatikan hat den Propheten beleidigt. Wo sind die, die vom Dialog der Religionen reden? In Wirklichkeit ist das ein Kreuzzug ob man will oder nicht."
Auch der Sprecher der Fatah von Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas im Westjordanland, Fahmi al-Zaarir, verurteilte die Aussagen Benedikts XVI. " Seine Rede bringt nicht die Prinzipien der Toleranz des Christentums zum Ausdruck, die vom palästinensischen Botschafter der Christenheit verbreitet werden", meinte er.
Fawi Zefzaf, Vorsitzender des Ausschusses für den Religionsdialog im ägyptischen Parlament, nannte den Papst einen "Lügner" und warnte: "Gewöhnliche Karikaturen (des Propheten Mohammed, Anm.) haben eine wütende Antwort der moslemischen Massen ausgelöst, was wird wohl die Reaktion auf derartige Aussagen sein?"
Offizielle Entschuldigung verlangt
Zwei hochrangige moslemische Geistliche in Kuwait, Haken al-Mutairi, Chef der Partei der Islamischen Gemeinschaft, und Sayed Baqer al-Mohri, Vorsitzender der schiitischen Ulema-Versammlung, verlangten eine offizielle Entschuldigung. Mutairi sagte, das Kirchenoberhaupt müsse sich "sofort" für seine " Verleumdungen" beim moslemischen Volk entschuldigen. Seine Aussagen reihten sich in den Krieg ein, den der Westen gegenwärtig gegen die moslemische Welt führe, wie in Afghanistan, im Irak und im Libanon.
Aufruf an alle moslemischen Staaten
Auch der Leiter der Moslem-Bruderschaft, Mohamed Mahdi Akef, forderte am Donnerstag eine Entschuldigung des römisch-katholischen Kirchenoberhaupts für dessen Äußerungen zum moslemischen Verständnis des Heiligen Krieges. Er rief alle moslemischen Staaten dazu auf, mit dem Abbruch ihrer Beziehungen zum Vatikan zu drohen, sollte der Papst seine Äußerungen nicht zurücknehmen. Die ägyptische Moslem-Bruderschaft ist eine der ältesten, größten und einflussreichsten Organisationen in der arabischen Welt.