Empörung nach Eklat beim Starkbieranstich auf dem Münchner Nockherberg.
Auch für die derben Sprüche auf dem Münchner Nockherberg gilt eine Regel des politischen Geschäfts: KZ-Vergleiche sind tabu. Die sogenannte "Bußpredigt" des Schauspielers Michael Lerchenberg beim Starkbieranstich hat am Donnerstag einen Eklat ausgelöst. Zuerst protestierte der Zentralrat der Juden, weil "Bruder Barnabas" FDP-Chef Guido Westerwelle mit einer KZ-Anspielung verhöhnte. Eine "Schande" nennt das Charlotte Knobloch, die Präsidentin des Zentralrats der Juden. Westerwelle selbst will den Nockherberg künftig boykottieren.
Lerchenberg rückte Westerwelle in die Nähe eines NS-Bürokraten, der für Arme ein riesiges Konzentrationslager im Osten Deutschlands einrichten will: "Alle Hartz-IV-Empfänger versammelt er in den leeren, verblühten Landschaften zwischen Usedom und dem Riesengebirge, drumrum ein großer Zaun", sagte Lerchenberg. Über dem Eingangstor werde "in großen eisernen Lettern" stehen: "Leistung muss sich wieder lohnen", sagte der Scherzbold in Anspielung auf die Aufschrift über dem NS-Konzentrationslager Auschwitz "Arbeit macht frei".
Empörung
Zentralratspräsidentin Charlotte Knobloch reagierte
empört: "Scherze, die das Leid der Opfer in den Konzentrationslagern
verharmlosen oder gar der Lächerlichkeit preisgeben, sind eine Schande für
die ansonsten gelungene Veranstaltung." Einen derartigen Ausrutscher unter
der Gürtellinie habe sie bisher noch nicht erlebt.
Verärgerter Brief
Westerwelle kündigte dem Nockherberg in
einem ebenso kurzen wie verärgerten Brief die Freundschaft. "Für die Zukunft
bitte ich, von Einladungen an meine Person abzusehen. Mit freundlichen
Grüßen", heißt es in dem vierzeiligen Schreiben an die Brauerei. Lerchenberg
verteidigte sich zunächst in der "Passauer Neuen Presse". "Eine Bußpredigt
ist keine Lachparade", sagte er. Die Brauerbosse aber nahmen die Kritik so
ernst, dass sie am Nachmittag eine Krisensitzung einberiefen, um mit
Lerchenberg eine gemeinsame Stellungnahme zu dem PR-Debakel vorzubereiten.
Spott gegen Polizei
Schwer verärgert ist auch Bayerns
Innenminister Joachim Herrmann (CSU), der derzeit im fernen Peking mit dem
chinesischen Innenministerium über eine Verbesserung der Terrorbekämpfung
spricht. Die Nachrichten vom Nockherberg erreichten Herrmann per Telefon. In
seiner Rede verspottete Lerchenberg auch die bayerische Polizei - einerseits
warf er den Beamten eine zu langsame Reaktion auf den Amoklauf in Ansbach
vor, andererseits bescheinigte er manchen Beamten Schieß- und Prügelfreude.
"Das ist grobes, dummes Zeug", sagte Herrmann dazu bei einem Telefonat aus Peking. Die Beamten seien gerade in Ansbach sehr schnell vor Ort gewesen und hätten den Amokläufer gestellt, bevor dieser Schlimmeres anrichten konnte. "Ich erwarte, dass er sich bei den Polizisten in Ansbach entschuldigt." Die Deutsche Polizeigewerkschaft warf Lerchenberg "Entgleisungen" vor und überlegte öffentlich, ob der Schauspieler noch als Fastenprediger geeignet sei.
Lerchenberg verdankte seine Ernennung zum Bußprediger vor zwei Jahren unter anderem der Tatsache, dass sein Vorgänger Django Asül Teile des Publikums mit zu scharfen Witzen verärgert hatte. Nun hat ausgerechnet der langjährige Stoiber-Darsteller Lerchenberg den Eklat verursacht.