Nach Todes-Drama
Wettlauf zum K2 geht weiter
09.08.2010
Gerlinde Kaltenbrunner (39) verlässt heute das Basislager am K2. Ein Österreicher bleibt zurück: Christian Stangl (44). Er will noch nicht aufgeben
Für Gerlinde Kaltenbrunner (39) ist die Expedition „K2-2010“ beendet, ein neuerlicher Versuch, den 8.611 Meter hohen Schicksalsberg zu besteigen, momentan undenkbar: „Ich muss erst mal ein paar Tage vergehen lassen“, sagte sie in einem Interview mit Simona Pindeus (ORF): „Aber die Leidenschaft ist in mir. Darum werde ich ganz sicher wieder in die Berge gehen und zurückkehren. Ob das der K2 ist oder nicht, das kann ich jetzt noch nicht sagen.“
Grab im Eis
Der Schock über den Tod ihres Bergkameraden Fredrik
Ericsson (35) sitzt tief. Der Extremskifahrer, der vom K2 mit Skiern
abfahren wollte, stürzte vor ihren Augen im Flaschenhals (8.200 Meter) in
den Tod (siehe Darstellung). Die Leiche des Schweden wird nicht geborgen.
Sie bleibt im ewigen Eis. Es wäre viel zu riskant, Ericsson bergen zu
wollen. Auch die Eltern wollen keinen Bergungsversuch: „Es war sein
ausdrücklicher Wunsch, dass, wenn etwas passieren sollte, er am Berg
bleibt“, sagten sie zu Ralf Dujmovits, Ehemann von Gerlinde Kaltenbrunner.
Kaltenbrunner geht, Skyrunner will rauf
13 Achttausender hat die
Oberösterreicherin ohne künstlichen Sauerstoff bestiegen. Der K2 fehlt in
dieser Rekordjagd. Heute, Montag, verlässt sie das Basiscamp auf 5.000
Metern Höhe. Gemeinsam mit ihrem Mann Ralf und 15 anderen Bergsteigern wird
sie endgültig ins Tal zurückkehren und dann nach Europa fliegen. Zwei, drei
Tage wird der finale Abstieg dauern. Hunderte Kilo Ausrüstungsgegenstände
sind ins Tal zu tragen, Sherpas erledigen diesen Job.
Neuer Versuch
Zurück im Camp bleibt die nächsten Tage „Skyrunner“
Christian Stangl, Extrembergsteiger aus der Steiermark. Eigentlich wollte er
gemeinsam mit Kaltenbrunner auf den Gipfel. Er kehrte aber am Tag des
Unglücks auf 7.900 Meter um, ihm war ein weiterer Aufstieg einfach zu
gefährlich. Jetzt wartet er im Basiscamp, ob sich das Wetter doch noch
ändert: „Ich stehe in ständigem Kontakt mit Karl Gabl, unserem Meteorologen
in Innsbruck. Sollte sich das Wetter längerfristige bessern, versuche ich es
in den nächsten Tagen nochmals“, sagt er zu ÖSTERREICH.
Gemeinsam mit zwei Kasachen neuer Versuch
Derzeit ist es noch zu
warm. Zu feucht. Hohe Temperaturen lockern den Fels. Tödlicher Steinschlag
ist die Folge: „Zieht es wieder an“, sagt Stangl, könnte es klappen: „Wir
brauchen Kälte“. Mit ihm sitzen zwei Bergsteiger aus Kasachstan im Camp:
„Beide sind – wie Gerlinde Kaltenbrunner – bereits mehrmals am K2
gescheitert. Sie kennen fast jede Stelle auf diesem Berg, sind perfekte
Bergsteiger, und – wollen unbedingt rauf“, sagt Stangl. Wie der Steirer
auch: „Normalerweise ist Mitte August Schluss. Vielleicht ist es dieses Jahr
aber alles anders. Reißt es auf, gehen wir los …“