Im Hintertreffen

Wie Donald Trumps Wahlkampf jetzt wackelt

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Bidens Rückzug brachte die Kampagne völlig aus dem Konzept

An Selbstvertrauen hat es Donald Trump eigentlich nie gemangelt, doch die Kampagne des republikanischen Kandidaten für die US-Präsidentschaftswahl scheint ins Trudeln geraten zu sein. Während sich der 78-Jährige noch bis vor Kurzem scheinbar auf einem direkten Weg zurück ins Weiße Haus befand, wirkt er plötzlich älter, unbeholfener und orientierungslos.

Konnte ablenken

Der versuchte Mordanschlag auf ihn, der Rückzug von US-Präsident Joe Biden aus dem Wahlkampf und die neue und jüngere Herausforderin Kamala Harris - all das hat Trump offenbar zugesetzt. Besonders einschneidend war für Trump der Rückzug des 81-jährigen Biden am 21. Juli aus dem Präsidentschaftsrennen, auf dessen Alter und körperliche Gebrechen er sich komplett eingeschossen hatte. Mit seinen Attacken gegen den Amtsinhaber war es dem Republikaner bis dahin weitgehend gelungen, von seinem eigenen Alter und seinen Schwächen abzulenken.

Doch mit Bidens Ausscheiden ist nun der 78-jährige Trump selbst der älteste Präsidentschaftskandidat in der Geschichte der USA. Bei der Wahl am 5. November ist seine Konkurrentin nun eine 59-jährige, energetische Frau, die sich als Staatsanwältin einen Namen gemacht hat.

Diese neue Dynamik im Wahlkampf habe den Ex-Präsidenten "sehr verärgert", lautet die Einschätzung von Anthony Scaramucci, Trumps kurzzeitigem Kommunikationsdirektor während seiner Zeit im Weißen Haus. Trump sei "verängstigt, in die Enge getrieben und sehr wütend", sagte er dem US-Sender MSNBC. Gemeinsam mit seinem Team suche er nun nach einem neuen Narrativ im Wahlkampf.

Einwanderung und Inflation 

Medienberichten zufolge versuchen Trumps Wahlkampfmanager verzweifelt, ihren Kandidaten dazu zu bewegen, sich bei seinen Auftritten auf Themen wie Einwanderung und Inflation zu konzentrieren, die bei seinen Wählern gut ankommen. Zwar finden diese Themen bei den langen und oft ausschweifenden Wahlkampfveranstaltungen auch Erwähnung, doch immer wieder schießt Trump auch persönlich gegen seine Herausforderin Harris, bezeichnet sie als "Kommunistin" und thematisiert ihre afroamerikanische Herkunft.

Selbst einige Republikaner befürchten mittlerweile, dass dadurch unentschlossene Wähler abgeschreckt werden könnten. In einem Interview mit Fox News, appellierte Trumps einstige Konkurrentin im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur, Nikki Haley, an die eigene Partei, im Wahlkampf eine "bedeutende Veränderung" zu vollziehen und aufzuhören, über Harris zu "jammern".

Keinen Respekt

Trump dagegen beharrte hingegen auf seinem "Recht", persönliche Angriffe gegen Harris zu starten. "Ich habe nicht viel Respekt vor ihr. Ich habe nicht viel Respekt vor ihrer Intelligenz und ich glaube, dass sie eine schlechte Präsidentin sein wird", sagte er.

Harris hat Trump mittlerweile in mehreren Umfragen überholt. Ihr Wahlkampfteam wittert eine Chance und versucht das Bild von Trump als verbittertem und wütendem Kandidaten zu verstärken. "Donald Trump wird zusammenhanglos schwafeln", kommentierte das Team vor Trumps Pressekonferenz, die er am Donnerstag in seinem Golfklub in Bedminster abhielt. Es sei "eine weitere selbstverliebte Tirade voller persönlicher Beschwerden" zu erwarten.

In Bedminster sollte Trumps wirtschaftliche Agenda im Mittelpunkt stehen. Umrahmt von Tischen mit Lebensmitteln sprach der Republikaner über stark gestiegene Verbraucherpreise und die Last der Inflation für US-Haushalte. Dabei las er zunächst eine Liste von Preisanstiegen diverser Produkte vor. Schnell kam Trump jedoch vom Thema ab, sprach über Windturbinen, die Vögel töteten - und ließ einmal mehr abfällige persönliche Bemerkungen über Harris fallen.

Nächster Wahlkampfauftritt  

Nach Einschätzung der Politikwissenschaftlerin Elizabeth Bennion von der Universität Indiana kommt bei Trumps Wählern eine Politik der Ressentiments gut an. Allerdings sei weniger klar, wie dessen persönliche Angriffe gegen Harris von unentschlossenen Wählern aufgefasst würden, sagte sie der Nachrichtenagentur AFP. "Einige Beobachter hatten sich gefragt, ob sich Trump bei einer weiblichen Kandidatin mit Migrationsgeschichte zurückhalten würde. Die Antwort ist eindeutig nein."

Am Samstag will Trump einen Wahlkampfauftritt im umkämpften Bundesstaat Pennsylvania absolvieren. Kurz darauf wird Harris dort auftreten. Sie unternimmt kurz vor ihrem Auftritt beim Parteitag der Demokraten in der kommenden Woche eine Bustour durch den Bundesstaat.

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