Drei Möglichkeiten
Wie Trump sein Amt vor dem 20. Jänner verlieren könnte
07.01.2021Keinen Tag mehr: Nach dem Sturm seiner Anhänger auf das US-Kapitol sehen immer mehr Amerikaner den scheidenden Präsidenten Donald Trump als politisch untragbar.
Namhafte Vertreter beider Parteien und auch von Wirtschaftsverbänden fordern sein Amtsende vor der Angelobung seines gewählten Nachfolgers Joe Biden am 20. Jänner. Drei Möglichkeiten dafür gibt es.
RÜCKTRITT
Trump könnte selbst das Handtuch werfen, um sich die Amtsübergabe an seinen Kontrahenten Biden zu ersparen. Darüber wurde wochenlang spekuliert, weil er sich beharrlich weigerte, seine Niederlage anzuerkennen. Bei einem Rücktritt würde mit sofortiger Wirkung sein Vize Mike Pence zum Präsidenten mit vollen Rechten. Damit würde Pence - und nicht Biden - der 46. Präsident der Vereinigten Staaten. Allerdings mit einer der kürzesten Amtszeiten, nämlich nur bis zum 20. Jänner zu Mittag.
AMTSUNFÄHIGKEIT
Der als Folge der Ermordung von John F. Kennedy beschlossene 25. Verfassungszusatz aus dem Jahr 1967 ermöglicht es, die Präsidentschaft durch eine Amtsunfähigkeits-Erklärung zu beenden. Die Regelung zielt etwa auf medizinische Notfälle ab, in denen ein Präsident noch am Leben ist, aber seinen Willen nicht mehr äußern kann. In diesem Fall kann der Vizepräsident mit den Unterschriften der Hälfte des Kabinetts oder der Unterstützung des Kongresses eine entsprechende Erklärung abgeben. Mit der Übermittlung der Erklärung an die Führung des Kongresses wird der Vizepräsident sofort zum "amtierenden Präsidenten" mit allen Rechten. Der solcherart abgesetzte Präsident kann die Erklärung zwar beeinspruchen und ein Votum im Kongress erzwingen, bei dem eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich ist, doch wäre dies im konkreten Fall nicht mehr von Belang. Der Kongress hat nämlich 21 Tage Zeit für die Abstimmung, also bis nach dem Amtsende Trumps.
IMPEACHMENT
Die dritte Variante ist wegen zeitlicher Beschränkungen wohl nur eine theoretische, auch wenn der demokratische Ex-Arbeitsminister Robert Reich am Mittwoch ein "Amtsenthebungsverfahren in Lichtgeschwindigkeit" ins Spiel gebracht hat. Die Voraussetzungen für eine Amtsenthebung, nämlich "Hohe Verbrechen und Vergehen", sehen Beobachter durch Trumps Druckausübung auf den Wahlleiter von Georgia, Brad Raffensberger, ihm die fehlenden Stimmen zum Sieg zu verschaffen, erfüllt. Nun könnte er auch als Urheber der aufrührerischen Proteste am Kapitol belangt werden. Doch muss beim Impeachment eine Art Gerichtsverfahren durchgeführt werden, mit dem Repräsentantenhaus als Anklage und dem Senat als Jury. Das gegen Trump Ende 2019 angestrengte Verfahren dauerte eineinhalb Monate. Auch ist unklar, ob im Senat die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit für die Absetzung Trumps erreicht werden könnte. Und wozu eine Amtsenthebung so kurz vor dem Amtsende? Weil damit ein Kandidaturverbot verbunden ist. Bei einem erfolgreichen Impeachment wäre das Thema "Trump 2024" abgehakt.