Wikileaks-Skandal

2.108 Spitzel-Akten aus Österreich

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War ein heimischer Diplomat als "Spion" für USA tätig?

Seit letzter Woche herrscht helle Aufregung im Außenamt in Wien. Da langte ein brisanter Anruf aus Washington ein. Inhalt: „Es werden bald Dokumente auftauchen, in denen es auch um Österreicher geht.“

Seit gestern ist klar, was gemeint war: Unter den 250.000 veröffentlichten Geheimdokumenten aus US-Botschaften sind auch 2.108 Topsecret-Nachrichten aus Österreich. 1.700 diplomatische Schriftstücke kommen aus Wien, 405 davon sind „vertraulich“ und 107 Depeschen „geheim“.

WikiLeaks: So werden Welt-Führer beschimpft

Die deutsche Kanzlerin geht aus US-Sicht dem Risiko aus dem Weg.

Wenig halten die Amis von Berlins Chefdiplomaten: Er sei „unberechenbar“ und „unverlässlich“.

Vernichtendes Zeugnis für Italo-Premier: Er wird als nutzlos, eitel, als Euro-Führer „ineffektiv“ verulkt.

Pjöngjangs irrer Führer wird in den Depeschen als schwer übergewichtig verhöhnt, sein Regime stehe vor Kollaps.

Genüsslich kabelten US-Diplomaten, dass der Libyen-Herrscher stets mit „vollbusiger Blondine“ reist.

Bei Irans Präsidenten waren die Diplomaten sehr direkt: Der neue Hitler.

Russlands Matcho-Premier könnte es gefallen: Die Amerikaner sehen ihn als „Alpha-Tier“ und „Batman“.

Der eitle Frankreich-Präsident wird arg zerzaust: Er sei „dünnhäutig“ und „autoritär“.


Brutal ist die Beschreibung von Afghanistans Präsidenten: Er sei instabil und leide an Verfolgungswahn.

Verheerend die US-Sicht über den türkischen Präsidenten: Er hasse Israel aus religiösen Gründen.

Jetzt tauchten die ersten dieser Dokumente bei der Internet-Plattform Wiki­Leaks auf und sorgen seither für gehörigen Wirbel:

  • Geheimdepeschen
    Beide bisher veröffentlichten heimischen Geheimdepeschen stammen aus der UNO in Wien.
  • Ministerin beschimpft
    Als "vertraulich" gilt ein US-Bericht über die Einschätzung des früheren österreichischen Botschafters in Teheran, Michael Postl, zur politischen Situation im Iran. In Absatz 5 des vierseitigen Schriftstückes wird ein Treffen Postls mit Marzieh Vahid Dastjerdi, der iranischen Gesundheitsministerin, behandelt. Der Verfasser des Dokuments hielt fest: Postl beschrieb sie als "Puppet" (also Marionette oder Püppchen, Anm) und als sehr unsicher.
     
  • „Spione“ für USA?
    Doch warum sprach der österreichische Botschafter in Teheran mit einem Vertreter der USA überhaupt über seine Treffen im Iran? Wahrscheinlich: Die USA (haben keine Botschaft im Iran) haben den Österreich planmäßig „gemolken“, also vertrauliche Infos aus ihm herausgeholt. „Ein solcher Austausch ist normal“, sagt Außenamtssprecher Peter Launsky-Tieffenthal. Postl war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Atombericht
Das zweite Austro-Dokument, das als „geheim“ qualifiziert wurde, befasst sich mit dem iranischen Atomprogramm, mit Syrien und Nordkorea.

Gegen Türkei
Brisant auch ein Gespräch zwischen US-Staatssekretär William Burns und dessen türkischen Amtskollegen Feridun Sinirlioglu: Dieser beklagte sich bei Burns darüber, dass Wien den türkischen EU-Beitritt „aus politischen Motiven“ behindere. Und: Die Beziehungen zwischen Ankara und Wien seien „infiziert von den ethnischen Vorurteilen“ in Österreich.

Ein Funktionär der AK-Partei von Premier Erdoğan: Man wolle sich damit für die (Türken) Belagerung Wiens 1683 revanchieren.

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