Scharfe internationale Kritik
Wirbel um Erdogans Zionismus-Sager
01.03.2013
Türkischer Regierungschef: Zionismus ein "Verbrechen gegen die Menschlichkeit".
Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan hat durch Äußerungen über den Zionismus heftige Kritik ausgelöst. Die UNO, die USA, Israel und auch Österreich verurteilten am Freitag Erdogans Aussage scharf, wonach Zionismus ein "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" sei. Bei seinem Antrittsbesuch in Ankara nannte US-Außenminister John Kerry Erdogans Zionismus-Kommentar "verwerflich".
Das österreichische Außenministerium bedauerte und kritisierte die Aussagen des türkischen Regierungschefs. Erdogan hatte bei der UNO-Konferenz "Allianz der Zivilisationen" in Wien am Mittwoch gesagt: "So wie das für Zionismus, Antisemitismus und Faschismus gilt, ist es unerlässlich, Islamophobie als Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu betrachten."
"Diese Gleichstellung ist völlig inakzeptabel", sagte Alexander Schallenberg, der Sprecher von Außenminister Michael Spindelegger (V), am Freitag. Die Aussage "steht in diametralem Widerspruch zu allem, wofür die Allianz der Zivilisationen steht, die von der Türkei mitbegründet wurde", ergänzte Schallenberg. Auch die UNO, die USA und Israel haben Erdogans Äußerungen zum Zionismus am Freitag scharf kritisiert.
Die Konferenz Allianz der Zivilisationen tagte von Dienstag bis Donnerstag in Wien. Ziel der nach den Attacken vom 11. September 2001 gegründeten Allianz der Zivilisationen ist es, durch Arbeit mit Regierungen und der Zivilgesellschaft zur religiösen und kulturellen Toleranz beizutragen.
Kerry wurde bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem türkischen Kollegen Ahmet Davutoglu deutlich: "Wir stimmen nicht nur nicht damit überein, sondern wir halten sie für verwerflich", kritisierte der US-Außenminister die Äußerungen. Er werde auf die umstrittene Rede auch beim Treffen mit Erdogan zu sprechen kommen. Eine Verbesserung der derzeit schlechten türkisch-israelischen Beziehungen sei nach dieser Rede "komplizierter" geworden, fügte Kerry hinzu.
Bereits zuvor hatte das Weiße Haus in Washington Erdogans Beschreibung des Zionismus als "beleidigend und falsch" bezeichnet. Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu sprach von einer "dunklen und lügnerischen Erklärung".
Ähnlich äußerte sich ein Sprecher von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon, der ebenfalls an dem Forum teilnahm. Ban bedauere, dass solche "verletzenden und spaltenden Bemerkungen" bei einem Treffen gemacht worden seien, bei dem es um verantwortliche Führung ging. Wenn die Übersetzung der Rede korrekt gewesen sei, "war es nicht nur falsch, sondern widerspricht den Prinzipien der Allianz der Zivilisationen", fügte der UN-Sprecher hinzu.
Der NATO-Partner Türkei und Israel sind beide wichtige Verbündete Washingtons. Das Verhältnis zwischen Ankara und Jerusalem ist jedoch eisig, seit ein israelisches Militärkommando im Jahr 2010 bei einem Angriff auf ein türkisches Schiff einer internationalen Hilfsflotte für den palästinensischen Gazastreifen neun türkische Aktivisten getötet hatte. Die Flottille hatte die von Israel gegen den Gazastreifen verhängte Blockade durchbrechen wollen.
Der Zionismus kam im 19. Jahrhundert zunächst als eine Gegenbewegung zum Antisemitismus auf. Theodor Herzl gilt als Begründer und Vordenker des politischen Zionismus, dem er ein Programm gab. Der 1. Zionistenkongress in Basel forderte 1897 unter Herzls Vorsitz die "Schaffung einer gesicherten Heimstätte in Palästina". Für Herzl war der Kongress die Geburtsstunde des jüdischen Staats.