Die Terror-Miliz nutzt das Chaos in Libyen und weitet Aktivität aus.
Die in Syrien und im Irak militärisch unter Druck geratene Terrormiliz Islamischer Staat (IS) weitet ihre Aktivitäten im Bürgerkriegsland Libyen aus. Vor allem Italien ist alarmiert - die libysche Mittelmeerküste ist keine 700 Kilometer von Sizilien entfernt.
Mehr als 2.000 Kämpfer
Mehrere italienische Zeitungen berichteten, dass sich inzwischen mehr als 2000 IS-Kämpfer in Sirte festgesetzt hätten, dem Geburtsort des früheren Diktators Muammar al-Gaddafi. Weitere Einheiten könnten nach Libyen verlegt werden, wenn die Extremisten in ihrer syrische IS-Hochburg Al-Raqqa in Bedrängnis geraten sollten, hieß es.
Am Wochenende hatte die "New York Times" berichtet, dass ausländische IS-Kämpfer libysche Jihadisten abgelöst und das Kommando in Sirte übernommen haben sollen. Zahlreiche ausländische Kämpfer seien aus der ganzen Region in die Stadt gekommen.
Sehr viel Bewegung
Der Libyen-Experte des Nahost-Rafik-Hariri-Zentrums vom Atlantic Council, Mohamed Eljarh, sagte am Montag im CNN-Interview, dass aktuell "sehr viel Bewegung" außerhalb der wichtigen Öl-Terminals und am Hafen von Sirte zu beobachten sei. Der Verkauf von Erdöl ist eine der wichtigsten Einnahmequellen des IS in Syrien und im Irak.
Nach Presseberichten soll sich auch der Iraker Abu Nabil-al-Anbari, Ex-Oberst des früheren irakischen Machthabers Saddam Hussein und später einer der Anführer von Al-Kaida im Irak, nach Sirte begeben haben. Von ihm hatte es geheißen, er sei bei einem Drohnenangriff am 13. November getötet worden. Eine Bestätigung dafür gab es jedoch nicht.
Verbindungen zu Italien
Libyen war vor dem Zweiten Weltkrieg für einige Jahrzehnte eine italienische Kolonie. Seit Jahren machen sich von dort unzählige Bootsflüchtlinge auf den Weg über das Mittelmeer in Richtung Italien.
Der IS hatte bereits im Februar weite Teile von Sirte erobert. Zu der Zeit meldeten sich die Jihadisten per Internet-Video mit einer "in Blut geschriebene Nachricht an die Nation des Kreuzes" zu Wort und zeigten, wie 21 Geiseln, christliche Kopten aus Ägypten, an einem Strand "südlich von Rom" enthauptet wurden.
Anrainerstaaten in Sorge
Die Anrainerstaaten des nordafrikanischen Landes sind schon lange in Sorge. Vor allem die vielen Waffen aus dem einstigen Arsenal Gaddafis sind derzeit eine Bedrohung für die ganze Region. Denn seit dem Sturz und der Ermordung des Diktators 2011 herrscht politisches Chaos in Libyen, mit einer islamistischen Regierung im westlichen Tripolis und einer weiteren, international anerkannten Regierung im östlichen Tobruk. Zahlreiche Milizen kämpfen um Macht und Geld.
Die internationale Gemeinschaft fordert die Bildung einer nationalen Einheitsregierung. Bei einer Konferenz in Algier, an der neben Algerien, Ägypten, Tunesien, Sudan, Niger und der Tschad auch Vertreter der Vereinten Nationen, der Arabischen Liga und der Afrikanische Union teilnehmen, wollen die Anrainerstaaten am Dienstag über das weitere Vorgehen beraten.
Eine politische Einigung in Libyen ist nach Einschätzung von Beobachtern der einzige Weg, den IS effektiv zu bekämpfen. Als Beispiel dafür gilt die libysche Hafenstadt Derna, wo islamistische Brigaden gemeinsam mit Bürgern die Terrormiliz vertreiben konnten.