Militärputsch
Wird "Wiener" Ägyptens neuer Anführer?
04.07.2013
Nach Militärputsch: Ex-Präsident Mursi weiter unter Hausarrest.
Nach dem Sturz von Ägyptens Präsident Mursi hat Friedensnobelpreisträger ElBaradei offenbar beste Chancen, Chef einer Übergangsregierung zu werden. "ElBaradei ist unsere erste Wahl", war vonseiten der Armee zu hören. "Er ist international bekannt, kommt bei den jungen Leuten und auch bei einigen islamistischen Gruppen gut an und glaubt an eine Demokratie, die alle politischen Kräfte einschließt."
In politischen Kreisen hieß es, der 71-Jährige sei auch im Westen gut vermittelbar, da er dort wegen seiner Arbeit als ehemaliger Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) in Wien hohes Ansehen genieße. ElBaradei ist Sprachrohr der wichtigsten Oppositionsgruppe, der Nationalen Heilsfront. Er verhandelte für das Bündnis aus linken und liberalen Parteien mit den Streitkräften. In seinem Beisein verkündete Oberkommandant Abdel Fattah al-Sissi die Machtübernahme des Militärs am Mittwoch.
Hartes Vorgehen gegen Muslimbrüder
Nach dem Sturz des ersten frei gewählten Präsidenten Mohammed Mursi geht das ägyptische Militär massiv gegen die Muslimbrüder und andere Islamisten vor. Mursi und seine engsten Mitarbeiter wurden nach Angaben eines Vertrauten in der Nacht zum Donnerstag vom Militär festgehalten, zwei ranghohe Führer der Muslimbrüder wurden festgenommen, nach weiteren wurde gefahndet.
Das Militär hatte am Donnerstagvormittag Mursis Festnahme bestätigt. Mursi werde "vorsorglich" festgehalten, sagte ein ranghoher Armeevertreter. Dies könnte darauf hindeuten, dass eine Strafverfolgung Mursis geplant ist. Mursi selbst sprach von einem "klaren Militärputsch".
Chef der Muslimbrüder in Haft
Mohammed Badie, Chef der Muslimbrüder, wurde am Donnerstag von der Militärpolizei in der westlichen Stadt Marsa Matruh gefasst, sagte ein Vertreter der Sicherheitsdienste der Nachrichtenagentur AFP. Ihm werde "Anstiftung zur Tötung von Demonstranten" vorgeworfen. Badie und sein Stellvertreter Khairat al-Shater sollen die tödlichen Zusammenstöße zwischen Anhängern und Gegnern Mursis am Sonntag vor dem Hauptsitz der Muslimbrüder, aus deren Bewegung auch Mursi kommt, in Kairo provoziert haben.
Übergangschef Mansour legte Amtseid im Fernsehen ab
Am Donnerstag Vormittag hat der neue Übergangsstaatschef Adli Mansour (Mansur) in Kairo den Amtseid abgelegt. "Ich schwöre, das System der Republik zu erhalten, die Verfassung und das Gesetz zu achten und die Interessen des Volkes zu schützen", sagte Mansour bei der Vereidigung im Verfassungsgericht. Der Präsident des Verfassungsgerichts versprach Neuwahlen, stellte aber keinen Zeitpunkt in Aussicht.
Die im staatlichen Fernsehen übertragene Vereidigungszeremonie fand ein Jahr nach dem Amtsantritt des islamistischen Präsidenten Mursi statt. Mansour streckte den Muslimbrüdern unterdessen die Hand aus. Sie seien ein Teil der Nation und eingeladen, an deren Gestaltung mitzuwirken, sagte Mansour am Donnerstag in Kairo. Die Zeitung "Al-Ahram" zitierte ihn weiter mit den Worten, wenn sie diese Einladung annähmen, würden sie nicht ausgeschlossen.
Die Armeeführung hatte Mursi am Mittwochabend entmachtet und Verfassungsgerichtspräsident Adli Mansur übergangsweise mit der Staatsführung betraut. Vorausgegangen waren tagelange Massenproteste gegen den islamistischen Präsidenten, dem seine Gegner vorwerfen, die Revolution von 2011 verraten zu haben. Dabei wurden seit Ende Juni fast 50 Menschen getötet.
VIDEO: Mohammed Mursi nicht länger Präsident
Der spannende LIVE-Ticker zum Nachlesen auf der nächsten Seite!
17:42 Uhr: Deutsche Tui stoppt Buchungen für Kairo
Der deutsche Reisekonzern Tui hat einen vorläufigen Buchungsstopp für Reisen nach Kairo angeordnet. Kunden könnten wegen der unsicheren Lage in der ägyptischen Hauptstadt ihre Reisen zudem kostenlos stornieren oder umbuchen, sagte eine Tui-Sprecherin am Donnerstag in Hannover. Dies gelte zunächst bis Montag, danach werde neu entschieden. Bis jetzt habe es nur wenige Stornierungen gegeben. Nach einem Sicherheitshinweis des Auswärtigen Amtes sieht das Unternehmen die ägyptischen Badeorte am Roten Meer nicht betroffen. Diese bei Deutschen beliebten Reiseziele lägen mehrere Hundert Kilometer von Kairo entfernt.
17:09 Uhr: Panzer und Schüsse vor Universität in Kairo
Laut Medienberichten sollen sich 20 Muslimbrüder und die Armee ein heftiges Feuergefecht vor der Universität in Kairo liefern. Näheres ist dazu bisher nicht bekannt.
16:23 Uhr: Mohammed Badie versteckte sich in Ressort nahe der libyschen Grenze
Laut der Agentur AP wurde der Chef der Muslimbrüder Mohammed Badie in der Küstenstadt Marsa Matrouh in der Nähe der lybischen Grenze von Sicherheitskräften festgenommen. Er wurde mit dem Militärhubschrauber nach Kairo geflogen.
16:13 Uhr: Chef der ägyptischen Muslimbrüder festgenommen
16:04 Uhr: Israel regiert zurückhaltend auf Machtwechsel
Israel hat vorerst mit großer Zurückhaltung auf den Machtwechsel in Ägypten reagiert. Bisher gibt es keine offizielle Stellungnahme dazu. Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat seine Minister angewiesen, keine Interviews in dieser Angelegenheit zu geben oder ihre persönliche Meinung öffentlich zum Ausdruck zu bringen, solange die neue ägyptische Führung nicht gefestigt sei, berichtete die israelische Zeitung "Haaretz" am Donnerstag.
15:35 Uhr: Palästinenserpräsident Abbas gratuliert ägyptischem Interimsstaatschef
Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas (Abu Mazen) hat dem ägyptischen Interimspräsidenten Adli Mansour schon nach wenigen Stunden zur Amtsübernahme "in dieser Übergangsphase" gratuliert , wobei er die Rolle der ägyptischen Armee besonders lobte. "Ich freue mich, Ihnen im Namen des palästinensischen Volkes und seiner Regierung dazu zu gratulieren, dass Sie die Führung der Republik Ägypten in dieser geschichtlichen Übergangsphase übernehmen", schrieb Abbas, der gegenwärtig den Libanon besucht, am Donnerstag nach Angaben der palästinensischen Nachrichtenagentur WAFA.
15:13 Uhr: Obama in der Zwickmühle: Putsch oder kein Putsch?
Der Sturz des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi wirft in den USA die schwierige Frage auf, wie sie mit dem langjährigen Verbündeten umgehen sollen. Dabei geht es nicht zuletzt um Geld: Jedes Jahr unterstützt die US-Regierung die Streitkräfte des arabischen Landes mit 1,3 Milliarden Dollar (1 Mrd. Euro) . Die Zukunft dieser Hilfen hängt davon ab, ob die USA die Militäraktion als Putsch bewerten.
14:47 Uhr: Friedensnobelpreisträger und Ex-"Wiener" Mohammed ElBaradei ist wichtigste Stimme der Opposition
Friedensnobelpreisträger Mohammed ElBaradei zählt nun zu den wichtigsten Köpfen, wenn es um die politische Zukunft Ägyptens geht. ElBaradeis Stärke sind eigentlich nicht die mitreißenden öffentlichen Äußerungen, er gilt als eher mittelmäßiger Redner. Umso bemerkenswerter, dass er am Dienstag ganz offiziell von der "Front des 30. Juni" als die "Stimme" der Opposition ausgewählt wurde. Er solle ein "Szenario für den politischen Übergang entwerfen, erklärte die Dachorganisation der Opposition, als die Entmachtung Mursis durch das Militär bereits in der Luft lag.
14:23 Uhr: EU-Parlament fordert schnelle Neuwahlen
Das Europaparlament hat nach dem Sturz des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi durch das Militär Neuwahlen gefordert. Die Befugnisse müssten "sobald wie möglich" wieder an eine zivile Autorität übergeben werden, verlangte das Straßburger Parlament am Donnerstag. Auch müsse der demokratische Prozess möglichst rasch fortgesetzt werden. Dazu müssten nun rasch Präsidentschaft- und Parlamentswahlen ausgerufen werden und zwar "unter Beteiligung aller demokratischer Kräfte".
14:09 Uhr: 300 Haftbefehle für Muslimbrüder
Am Donnerstag wurden offiziell Haftbefehle gegen den Anführer der Bruderschaft Mohammed Badi sowie weitere führende Mitglieder ausgestellt. Die ägyptische Zeitung "al-Ahram" berichtet von insgesamt 300 Haftbefehlen.
13:43 Uhr: Aufruf von Amnesty International an neue Machthaber
Amnesty International ruft nach der Absetzung von Mursi die Sicherheitskräfte und die Armee dazu auf, die Menschenrechte zu schützen und die Sicherheit aller Ägypter zu gewährleisten. In den vergangenen Tagen haben Amnesty-Mitarbeiter in Ägypten bereits zahlreiche Menschenrechtsverletzungen sowohl von Mursi-Anhängern als auch dessen Gegnern wie auch von Sicherheitskräften festgestellt. Unter anderem dokumentierten sie zahlreiche gewalttätige sexuelle Übergriffe gegen Frauen.
13:16 Uhr: Spindelegger appelliert an Ägypten auf Gewalt zu verzichten
"Die Absetzung des demokratisch gewählten Präsidenten Mursi durch das Militär ist sehr bedenklich. Eine Militärintervention als Weg zur Konfliktlösung ist in einem demokratischen System nicht akzeptabel", erklärte Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger in einer Aussendung auf die Entwicklungen in Ägypten. Der Vizekanzler richtete einen dringenden Appell an alle Beteiligten in Ägypten, Zurückhaltung zu zeigen und auf weitere Gewaltanwendung zu verzichten.
13:01 Uhr: Ägypten hat zehntgrößte Armee der Welt
Gleichzeitig ist die Armee auch der größte Wirtschafstkonzern und der größte Arbeitgeber des Landes. Sie erhätl hährlich 1,3 Milliarden Dollar Militärhilfe. Gleich drei verschiedene Geheimdienste kontrollieren die Soldaten.
12:44 Uhr: Stabilisierung und Modernisierung des Landes jetzt wichtig
Inflation, Arbeitslosigkeit und der rapide Verfall der Energieversorgung in den vergangenen Monaten haben maßgeblich zum Aufstand gegen Mursi beigetragen. Daher ist die Stabilisierung der zusammenbrechenden Wirtschaft und der teils maroden Infrastruktur wichtig, um den Menschen und dem Land wieder eine Perspektive zu geben.
12:21 Uhr: Dunkle Seite der Revolution: Vergewaltigungen am Tahrir-Platz
Laut Berichten der Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" nahm während der letzten vier Protesttagen die Gewalat an Frauen zu. Etwa 100 Frauen auf dem Tahrir-Platz sollen sexuell belästigt oder vergewaltigt worden sein.
11:59 Uhr: Twitter übersetzt die Tweets prominenter Ägypter, darunter jene des gestürzten Präsident Mohammed Mursi oder des "Wiener" Oppositionspolitikers Mohammed ElBaradei, ins Englische.
11:41 Uhr: Interimspräsident Mansour soll an der Spitze einer parteiübergreifenden Übergangsregierung stehen, deren Zusammensetzung noch nicht bekannt ist. Dieses Kabinett soll Neuwahlen für die Präsidentschaft und das Parlament vorbereiten. Der Zeitrahmen dafür ist noch nicht bekannt. Die neue Regierung soll außerdem Verfassungsänderungen ausarbeiten.
11:35 Uhr: Auch in Alexandria und im oberägyptischen Minja hat es je drei Tote gegeben. Auch in Fajum südlich von Kairo ist es zu tödlicher Gewalt gekommen.
11:23 Uhr: Das ist der neue Interimspräsident Ägyptens:
(c) hccourt.gov.eg
11:11 Uhr: Nach dem Sturz des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi haben die Streitkräfte dargelegt, wie das Land zur Demokratie zurückkehren soll. Nachfolgend die wichtigsten Punkte aus der Fernsehansprache von Armeechef Abdel Fattah al-Sisi:
- Aussetzung der Verfassung
- Bildung eines Gremiums aus Vertretern der Gesellschaft und Experten, um Verfassungsänderungen zu prüfen
- Einsetzung des Verfassungsgerichtspräsidenten Adli Mansour als Präsident für die Übergangszeit. Er darf Dekrete erlassen.
- Vorgezogene Präsidentenwahlen
- Einsetzung einer Expertenregierung, die mit vollen Rechten ausgestattet ist
- Erlass von Regeln, um Pressefreiheit zu gewährleisten
- Vorbereitung von Parlamentswahlen durch das Verfassungsgericht
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Gründung einer Versöhnungskommission
10:53 Uhr: König Abdullah von Saudi-Arabien hat der neuen Führung in Kairo zur Machtübernahme "an diesem entscheidenden Punkt der Geschichte" gratuliert. "Gott möge Ihnen helfen, die Verantwortung zu tragen, die auf ihren Schultern liegt, um die Hoffnungen ... des ägyptischen Volkes zu erfüllen", schrieb der König an Adli Mansur. Zugleich lobte der Monarch die "Weisheit und Vermittlung" des ägyptischen Militärs, dass das Land "im entscheidenden Moment gerettet" habe.
10:42 Uhr: Der Jurist Adli Mansour ist soeben als Interimspräsident vereidigt worden. Der Jurist verspricht eine Politik für alle Ägypter.
10:18 Uhr: Die "New York Times" berichtet, dass die Präsidentengarde nach der Festnahme Mursis in Jubel ausgebrochen ist.
10:01 Uhr: Der Präsident des obersten ägyptischen Verfassungsgerichts Adli Mansour (Mansur) ist gerade mal zwei Tage im Amt, jetzt wird er vom Militär zu noch größeren Aufgaben berufen. Er zum Interimspräsidenten des Landes am Nil vereidigt werden. Bisher kannte kaum jemand in Ägypten den 67 Jahre alten Juristen.
09:07 Uhr: Bei nächtlichen Krawallen sind in Ägypten nach Angaben staatlicher Medien mindestens ein Dutzend Menschen getötet worden. Wie ägyptische Medien berichteten, kamen Zusammenstößen zwischen Mursi-Anhängern und dessen Gegnern mindestens sechs Menschen in der nördlichen Stadt Marsa Matruh ums Leben. In dem Küstenort sind die Islamisten sehr stark.
08:18 Uhr: UN-Generalsekretär Ban Ki-moon hat sich besorgt über das Eingreifen der ägyptischen Armee gezeigt. Bei Demonstrationen hätten die Ägypter in den vergangenen Tagen "tiefe Frustration und legitime Sorgen" zum Ausdruck gebracht, erklärte Ban in der Nacht zum Donnerstag. Gleichzeitig sei jegliche "Einmischung des Militärs in die Angelegenheiten eines Staates besorgniserregend", betonte der UN-Generalsekretär. Es sei wichtig, die zivile Ordnung in Übereinstimmung mit den Prinzipien der Demokratie rasch wiederherzustellen.
07:43 Uhr: Nach der Entmachtung Mursis haben die USA ihr Botschaftspersonal in Ägypten zur Ausreise verpflichtet. Nur "unentbehrliche Mitarbeiter" dürften in dem Land bleiben. Gleichzeitig veröffentlichte es eine aktualisierte Reisewarnung. Demnach sollten US-Bürger, die in dem Land leben, ausreisen. Reisen nach Ägypten sollten vermieden werden.
07:26 Uhr: Großbritannien hat Anhänger und Gegner Mursis zur Zurückhaltung aufgerufen. Die Lage in Ägypten sei "ganz klar gefährlich", erklärte Außenminister William Hague in der Nacht zum Donnerstag. Er fordere alle Seiten auf, sich zurückzuhalten und Gewalt zu vermeiden. Großbritannien unterstütze keine Militärintervention als Weg zur Konfliktlösung in einem demokratischen System, betonte der Außenminister.
07:02 Uhr: US-Präsident Barack Obama hat mit großer Besorgnis auf die Entmachtung Mursis durch das Militär reagiert. "Wir sind zutiefst besorgt über die Entscheidung der ägyptischen Streitkräfte, Präsident Mursi zu entfernen und die ägyptische Verfassung auszusetzen", erklärte Obama. Die Regierung in Washington werde mögliche Auswirkungen auf US-Hilfen für Ägypten prüfen.
06:40 Uhr: Die ägyptische Armee hat die Festnahme des von ihr abgesetzten Präsidenten Mohammed Mursi bestätigt. Mursi werde "vorsorglich" festgehalten, sagte ein ranghoher Armeevertreter der Nachrichtenagentur AFP. Dies könnte darauf hindeuten, dass eine Strafverfolgung Mursis geplant ist.