Erschreckende Zahlen aus Italien. Rom erwartet weitere 200.000 Menschen.
Die massive Flüchtlingswelle über das Mittelmeer setzt Italien weiterhin massiv unter Druck. Seit Anfang 2015 landeten 5.302 Flüchtlinge nach gefährlichen Seefahrten in Süditalien, das sind 59 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum 2014, berichtete der italienische Außenminister Paolo Gentiloni in einem Bericht vor der Abgeordnetenkammer am Mittwoch.
Italien fordert erneut EU auf
Gentiloni rief die EU erneut auf, Italien aktiver bei der Flüchtlingsproblematik zu unterstützen. Die 50 Millionen Euro, die Brüssel jährlich für Flüchtlingsfragen locker mache, seien angesichts des Notstands im Mittelmeerraum unzulänglich, klagte der Minister. Er hatte am Dienstagabend ein telefonisches Gespräch mit dem US-Außenminister John Kerry über die Lage in Libyen geführt.
Italien erwarte sich vom UN-Sicherheitsrat konkrete Initiativen zur Förderung des politischen Dialogs in Libyen, von wo aus die meisten Flüchtlinge in See stechen. "Wir appellieren an die diplomatische Gemeinschaft, die Bemühungen für Libyen zu steigern", so der Minister. Die italienische Verteidigungsministerin Roberta Pinotti hatte am Sonntag berichtete, dass Italien zur Entsendung von bis zu 5.000 Soldaten nach Libyen bereit wäre, sollte der UN-Sicherheitsrat einen Einsatz im nordafrikanischen Land beschließen.
Neue Flüchtlingswelle befürchtet
Wegen des Chaos in Libyen befürchtet Rom einen weiteren Anstieg der dramatischen Flüchtlingswelle nach Süditalien. Befürchtet wird ein Massenexodus, der bis zu 200.000 Flüchtlinge nach Italien treiben könnte. Menschenhändler könnten die Lage ausnutzen, um tausende Migranten, die in Libyen auf die Abfahrt nach Europa warten, nach Italien zu schleppen, berichteten italienische Medien.
Oppositionsparteien warnen unterdessen vor einer möglichen Beteiligung Italiens an einem Militäreinsatz in Libyen. "Das wäre unser Vietnam", warnte der Parlamentarier der populistischen Fünf Sterne-Bewegung, Alessandro Di Battista.
Die ausländerfeindliche Rechtspartei Lega Nord beschuldigte die Regierung dagegen, nichts gegen den zunehmenden Flüchtlingsstrom zu unternehmen. "Die Norditaliener sind Opfer einer von der EU koordinierten ethnischen Säuberungsaktion. Unsere diskriminierte Bevölkerung wird schrittweise mit Flüchtlingen ersetzt", erklärte Lega-Chef Matteo Salvini. Die massive Flüchtlingswelle aus Nordafrika stelle eine Gefahr für die Italiener dar, da sich unter die Migranten IS-Terrorkämpfer mischen könnten, warnte er.