Trauriges Schicksal

Zur Schulfeier kommt nur der Bruder

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Der Tsunami machte Naho (15) und Takashi (13) zu Waisen.

Naho Tsuchiya konnte das Monatsende kaum erwarten, zu dem sie feierlich in die Oberstufe übernommen werden sollte. Nun aber werden ihre Eltern an der Feier in der Schule des japanischen Küstenorts Rikuzentakata nicht teilnehmen: Der Tsunami am 11. März riss ihren Schutzraum mit. Naho und ihr Bruder Takashi sind seither Waisen, aus ihrem alten Leben ist ihnen nur noch ihre Hündin Chakko geblieben. Die 15 und 13 Jahre alten Geschwister teilen das Schicksal von vielen Kindern entlang der Nordostküste des Landes - wie viele es sind, weiß bis heute niemand.

Die Sporthalle wurde fortgerissen
"Unsere Familie, das waren meine Mutter, mein Vater, mein kleiner Bruder und ich", erzählt Naho mit spröder Stimme. "Am Tag des Tsunami war Takashi mit mir in der Schule, wir waren sicher. Meine Eltern suchten Schutz in der Sporthalle, die aber wurde fortgerissen. Drei Tage später erfuhren wir, dass unsere Mutter tot ist, nochmals zwei Tage später, dass auch unser Vater nicht überlebte." Liebevoll streichelt sie Chakko über den Kopf: "Ich bin froh, dass wenigstens sie noch am Leben ist."

Der Vater hatte die Hündin außerhalb der Stadt in Sicherheit gebracht. Dann fuhr er zurück zu seiner Frau, die sich in ein Sportzentrum geflüchtet hatte. Beide dachten, dort wären sie geschützt. Doch die Tsunami-Mauern an der Küste hielten der Macht der gigantischen Flutwelle nicht Stand, 2.300 Menschen, rund zehn Prozent der Einwohner von Rikuzentakata, starben oder werden noch vermisst.

Das Leid der Kleinsten

Für viele Menschen bedeutet die Katastrophe in Japan großes Leid. Besonders betroffen von den Folgen des Erdbebens und des Tsunamis sind aber die Kinder.

Was für einen Erwachsenen nur schwer zu fassen ist, ist für die Kleinsten unbegreiflich und traumatisch.

Während sich die "Großen" oft kaum noch zu helfen wissen, brauchen die Kinder ihre volle Unterstützung, um mit den Ereignissen umgehen zu lernen.

Die Schwächsten der Gesellschaft brauchen inmitten des Chaos nicht nur Essen und Trinken,...

...sondern auch Wärme und Geborgenheit.

Schützend umarmt die Mutter ihr Kind, das in der Notunterkunft ein paar Stunden der Ruhe findet.

Die Eltern können ihren Schützlingen auch die Angst vor dem Geigerzähler nehmen.

Auch die vielen Helfer bemühen sich, den Kleinen die Situation so gut es geht zu erleichtern.

Wer kann, versucht seine Kinder zumindest aus der Gefahrenzone...

...oder überhaupt außer Landes zu bringen.

Die Tanzlehrerin nahm sie auf
Naho und Takashi hatten in ihrer Schule mehr Glück. Völlig verängstigt verbrachten sie auf dem kalten Boden ihre erste Nacht ohne Eltern, allein inmitten Hunderter anderer Evakuierter. Dort entdeckte sie Nahos Tanzlehrerin Shimizu Kiwako. "Ich habe schon ihrem Vater Tanzen beigebracht und kenne sie, seit sie Babys waren", erzählt die 74-Jährige. "Als ich sie so allein in der Schule sah, hatte ich Mitleid und nahm sie spontan mit zu mir."

Kiwakos Haus liegt etwas höher als die meisten anderen Gebäude der Stadt, ohne größere Schäden überstand es Erdbeben und Tsunami. Bis sich eine dauerhafte Lösung für die beiden Waisen gefunden hat, dürfen sie bei der Lehrerin bleiben. "Ich kümmere mich um sie, so gut ich kann. Es sind liebe Kinder. Sie versuchen, nicht zu traurig zu sein", sagt Kiwako. Nach ihren Angaben haben die beiden noch eine Tante in Tokio. "Wenn sie kommt, werden wir über alles weitere beraten."

Der Bürgermeister will helfen
Der Bürgermeister von Rikuzentakata, Futoshi Toba, will sich nach eigenen Angaben verstärkt für die Tsunami-Waisen einsetzen. Bis heute allerdings weiß er noch nicht einmal, wie viele es sind. "Wir wissen, dass mehr als 50 Kinder mindestens einen Elternteil verloren haben", sagt er. "Bisher aber sind uns nur drei, vier Kinder bekannt, die keine Eltern mehr haben."

Wie viele Vollwaisen es seit dem 11. März im ganze Land gibt, lässt sich nicht einmal schätzen: Hunderte, möglicherweise sogar tausende Kinder haben mindestens einen Elternteil verloren, vermuten die Behörden. Das Sozialministerium will 400 Experten mobilisieren, um Kinderheime und Pflegeeltern zu suchen, die sich schon jetzt bereit erklären, die Katastrophen-Waisen aufzunehmen.

"Ich will nur mein Bestes geben"
Trotz der Tragödie in ihrer Familie freut sich Nano Tsuchiya ein bisschen auf ihr neues Leben in der Oberstufe. Vage spricht sie von ihren Plänen, später einmal zu studieren. Und noch zögerlicher sagt sie, dass sie gerne in Rikuzentakata bleiben würde, sollte die Stadt wiederaufgebaut werden. "Ich wurde hier geboren, habe immer hier gelebt. Ich möchte bleiben." Dann stockt sie kurz und fügt tapfer hinzu: "Aber ich werde überallhin gehen, wo ich leben kann."

Sie weiß, dass sie künftig auf die Hilfe von Nachbarn, Freunden oder Verwandten angewiesen ist. "Die Menschen hier haben uns sehr geholfen", sagt sie. Auf die Frage, was sie denkt, wie es in Zukunft weitergehen wird, findet sie aber keine Antwort. Sie schweigt lange, dann sagt sie mit leiser Stimme: "Ich will nur mein Bestes geben."

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So zerstört ist das Horror-AKW

Im Reaktor 2 des nach der Beben- und Tsunami-Katastrophe havarierten japanischen Atomkraftwerks Fukushima eins hat nach Einschätzung der Regierung vorübergehend eine Kernschmelze eingesetzt.

Im dortigen Turbinengebäude im Wasser entdeckte hochgradige Radioaktivität sei auf diese teilweise Kernschmelze zurückzuführen.

In dem Wasser waren mehr als 1.000 Millisievert pro Stunde gemessen worden.

Unterdessen setzten Arbeiter in der Atomruine ihre Bemühungen fort, das hochradioaktive Wasser aus den Gebäuden der Anlage zu beseitigen.

Der Betreiber der Anlage, Tepco, hatte zuvor seine Angaben korrigiert und spricht jetzt noch einer 100.000-fach höheren Konzentration als normal.

Seit Beginn der Krise wurden insgesamt 17 Arbeiter verstrahlt. Tepco räumte ein, dass drei verstrahlte Männer nicht vor dem radioaktiven Wasser im Turbinen-Gebäude gewarnt worden waren.

Die drei Arbeiter sollten noch in einem Institut für Strahlenforschung untersucht und dann am Montag entlassen werden

Inzwischen ist die Mehrheit der Japaner mit dem Umgang der Regierung mit der Atomkrise unzufrieden.

Wie eine am Sonntag veröffentlichte Umfrage der Nachrichtenagentur Kyodo ergab, missbilligen 58,2 Prozent der Bürger das Krisenmanagement der Regierung.

1. Blick in AKW-Kontrollraum

Japan nach dem Beben

Japan trauert um seine Opfer

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