Im BAWAG-Prozess wurden am Freitag die Urteile gefällt: Alle neun Angeklagten sind schuldig gesprochen worden. Elsner bekam 9,5 Jahre unbedingt.
Es war der Strafprozess des Jahres, über ein Jahr und 117 Verhandlungstage lang: der BAWAG-Prozess. Es ging um vertuschte Milliardenverluste der ehemaligen Gewerkschaftsbank. Im Schwurgerichtssaal herrschte ein Riesenandrang und stickige Luft.
Riesenandrang
Zwischen 300 und 400 Personen drängen sich im
Saal, außer den Angeklagten und Juristen noch Mitglieder der Justizwache,
Angehörige, Journalisten, viele Fotografen und Kameraleute und zahlreiche
private "Gerichtskiebitze". Richterin Bandion-Ortner eröffnete ihr
Plädoyer mit dem Schuldspruch für alle neun Angeklagten.
Regungslose Mienen
Die Urteilsverkündung selbst wird ohne hör-
oder sichtbare Gefühlsäußerungen verfolgt - die Angeklagten nehmen die
Sprüche mit unbewegten Mienen - und schweigend - hin. Die Blicke der
Angeklagten hängen an den Lippen der Richterin, lediglich der
Hauptbeschuldigte Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner blickt immer wieder ins
Publikum.
Die Urteile:
- Der Hauptangeklagte Ex-BAWAG-Generaldirektor Helmut Elsner (73) wurde zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt, davon wird ihm allerdings die U-Haft zur Gänze angerechnet. "Helmut Elsner hat als BAWAG-Vorstand die ihm eingeräumten Befugnisse wissentlich missbraucht und der Bank einen Vermögensnachteil von 1,72 Mrd. Euro zugefügt." Er wirkte bei der Urteilsverkündung stoisch und anteilslos. Seine Ehefrau Ruth, die sich ebenfalls im Gerichtssaal befand, hielt sich demonstrativ die Ohren zu. Sein Anwalt legte sofort ein Rechtsmittel ein: Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung. Elsner wirkte sichtlich bedrückt, immerhin müsste er, falls die Strafe rechtskräftig wird, immerhin noch acht Jahre absitzen - dann wäre er 81 Jahre alt.
- Entsetzt zeigte sich Elsners Ehefrau Ruth Elsner dann in einer ersten Reaktion von dem Urteil: Das Urteil bedeute für ihren 73-jährigen Mann de facto "lebenslänglich". Sie sei "entsetzt" und schäme sich für ihr Land, erklärte sie nach dem Prozess vor Journalisten.
- Elsners Nachfolger an der Bankspitze, Johann Zwettler (66), erhielt fünf Jahre Haft.
- Der damalige Generalsekretär und die "rechte Hand" von Elsner, Peter Nakowitz (45), vier Jahre.
- Auch der mitangeklagte Spekulant Wolfgang Flöttl (52) muss ins Gefängnis, allerdings weit kürzer: Von zweieinhalb Jahren Haft wurden 10 Monate unbedingt ausgesprochen. Er hat als einziger der Angeklagten nicht unmittelbar danach ein Rechtsmittel eingelegt, sondern erbat sich drei Tage Bedenkzeit. Während des Prozesses wirkte er noch am fröhlichsten.
- Wolfgang Flöttl selbst wurde nach der Verhandlung in einer dem Gericht nahe gelegenen Gaststätte gesehen. Erste Berichte, wonach er seine verhältnismäßige geringe Strafe mit Champagner begossen habe, wurden bald von Augenzeugen korrigiert: Es war nur ein G'spritzter.
- Der Ex-Aufsichtsratspräsident Günter Weninger (67) und ehemaliger ÖGB-Finanzchef wurde wegen Beihilfe und Untreue verurteilt. Das Urteil: Zweieinhalb Jahre, davon zwei Jahre bedingt.
- Der ehemalige Vorstand, Josef Schwarzecker (55), erhilet dreieinhalb Jahre unbedingte Haft.
- Robert Reiter (59), der ehemalige Wirtschaftsprüfer, erhält drei Jahre Haft, davon ein Jahr unbedingt.
- Der ehemalige Vorstand, Hubert Kreuch (64), muss drei Jahre hinter Gitter - unbedingt.
- Am besten hat es noch Christian Büttner (51) erwischt: Er muss als einziger der neun Angeklagten nicht ins Gefängnis. Büttner erhielt 18 Monate bedingte Haft und eine Geldstrafe von 36.000 Euro. Das Urteil von Büttner fiel so milde aus, weil er immerhin den Mut hatte, NEIN zu sagen.
Staatsanwalt: Keine Rechtsmittel gegen Elsner-Urteil
Staatsanwalt
Georg Krakow verzichtet auf Rechtsmittel gegen die Haftstrafe für
Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner. Auch bei Johann Zwettler, Peter Nakowitz,
Hubert Kreuch und Josef Schwarzecker werde die Anklage kein Rechtsmittel
einlegen, sagte Krakow Freitagnachmittag.
Bei Günter Weninger, Christian Büttner und Robert Reiter legt die Staatsanwaltschaft Berufung gegen die Strafhöhe ein, beantragt also höhere Strafen. Bei Wolfgang Flöttl meldet der Staatsanwalt Nichtigkeitsbeschwerde und Strafberufung an. Flöttl sollte auch wegen der schiefgegangenen Millionenspekulationen mit den Unibonds bestraft werden, fordert Krakow.