Produktsicherheit
Alles Gift aus China?
23.08.2007
Wieder 300.000 Spielzeug-Waren aus China vergiftet. Wie gefährlich sind die Produkte aus dem bevölkerungsreichsten Land der Erde wirklich?
Zuerst verenden tausende Hunde und Katzen in den USA, weil das Tierfutter vergiftet war. Dann kommt das Blei in Millionen von weltweit erhältlichen Spielzeug-Artikeln, als nächstes der Rückzug von gefährlicher Zahnpasta, giftiger Kinderkleidung und dann sind da noch die Baby-Lätzchen. Von gebrauchten Stäbchen wollen wir erst gar nicht sprechen. Jetzt wurden wieder 300.000 Spielzeuge aus China zurückgerufen. Werden chinesische Produkte wirklich immer gefährlicher?
Mehr Sicherheitskontrollen
Nicht die Produkte werden immer
gefährlicher, sondern die Kontrollen sowohl im Land als auch beim Export
werden immer besser und strenger. Die massiven Missstände bestehen
möglicherweise schon seit Jahren, doch 2007 werden sie zuhauf aufgedeckt und
haben bereits millionenschwere Rückholaktionen mit sich gebracht. Auch
Österreich ist betroffen. Schließlich ist China der größte
Spielwaren-Exporteur der Welt. Über 50 Prozent der Spielzeug-Produkte in
Deutschland sind „Made in China“.
Chinesen wehren sich
Doch auch die Kontrollen nehmen stark zu.
Fast die Hälfte der 924 in der EU als "ernstes Risiko"
beanstandeten Waren stammen aus China. 2006 erwiesen sich die Spielzeuge
außerdem erstmals gefährlicher als die Elektrogeräte, die meist aufgrund
ihres Stromschlags- oder Brandrisikos beanstandet werden. Die Chinesen
reagieren zwar mit vorübergehenden Schließungen der betroffenen Betriebe,
doch weisen sie pauschale Vorwürfe empört zurück: „Unverantwortliche
Menschen nehmen ein kleines Problem und machen es zu einem großen“, sagte
der Sprecher des chinesischen Handelsministeriums, Wang Xinpei.
Gespräche über Produktsicherheit
Doch kann man bei der
Häufung von Missständen wirklich noch von einem „kleinen Problem“ sprechen?
Zwar wurde im September 2006 ein gemeinsamer Fahrplan für sichere Spielwaren
zwischen EU und China unterzeichnet, doch die EU zeigt sich jetzt über die
Sicherheit von chinesischen Produkten besorgt. Das sei nur ein Vorwand zur
Abschottung der eigenen Märkte, entgegnet China empört. Die EU weist diese
Anschuldigung prompt zurück. China möchte dennoch so weiter machen wie
bisher. „Der Großteil des Handels sollte so weitergehen wie üblich“, so der
chinesische Handelskommissar. Gegenüber den USA gibt sich China dagegen
schon vorsichtiger. Noch im August soll ein Vertreter zu Beratungen über
Produktsicherheit nach Washington reisen.
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23.08.07: Spielzeug
In den USA sind 300.000 in China gefertigte
Spielzeuge zurückgerufen worden. Die Artikel enthielten womöglich einen
gefährlich hohen Bleianteil. Betroffen seien vor allem 250.000 Adressbücher
für Kinder mit Spiralhalterung, bei denen die Farbe an den Spiralen zu viel
Blei enthalte. Ebenfalls betroffen sind Spielzeugkreisel und -Eimer.
22.08.07:Stäbchen
Ein chinesisches Unternehmen hat mehrere
hunderttausend gebrauchte Essstäbchen verkauft, ohne sie vorher zu
desinfizieren. Laut Medienberichten vom Mittwoch fand die Polizei in einer
Fabrik in Peking mehr als eine Million gebrauchte Essstäbchen. Der Inhaber
gab an, täglich bis zu 200.000 Stück neu verpackt und weiterverkauft zu
haben. Damit habe er umgerechnet rund 100 Euro am Tag verdient.
20.08.07: Baby-Lätzchen
Der US-Spielwarenhändler Toys "R"
Us hat eine landesweite Rückrufaktion für eine Million Baby-Lätzchen aus
China gestartet. Wie das Unternehmen in Wayne (US-Bundesstaat New Jersey)
mitteilte, sei diese Entscheidung wegen des Bleigehalts in den
Vinyl-Lätzchen und möglicher Gesundheitsrisiken für Kleinkinder gefällt
worden. "Toys R Us" ruft auch im deutschsprachigen Raum
Baby-Lätzchen aus China zurück. Auch Österreich ist betroffen.
19.08.07: Kinderkleidung
Neuseeländische Wissenschaftler haben
hohe Konzentrationen einer Krebs erregenden Substanz in Kinderkleidung aus
China gefunden. In den Woll- und Baumwollsachen sei bis zu 900 mal mehr
Formaldehyd festgestellt worden als das, was die Weltgesundheitsorganisation
(WHO) für unbedenklich halte. Nach WHO-Untersuchungen könnten
Konzentrationen von 20 pro eine Million Teilen Schleimhautreizungen,
Hautirritation und Unwohlsein auslösen.
14.08.07: Zahnpasta
Die US-Lebensmittelbehörde FDA rief am
Dienstag eine an Hotelketten ausgelieferte Zahnpasta aus China zurück,
nachdem in Proben Spuren des Frostschutzmittels Diethylglykol (DEG) entdeckt
worden waren. Vertrieben wird diese Zahncreme von dem US-Ausstatter von
Toilettenartikeln Gilchrist & Soames, zu dessen Kunden Hotels in der
ganzen Welt gehören, darunter auch in Deutschland.
14.08.07: Spielzeug
Mattel Austria startete die größte
Rückholaktion der Firmengeschichte. Zu den in Österreich betroffenen
Artikeln zählen unter anderem ein Spielzeugauto aus dem "CARS"-Sortiment,
dessen Lackierung unerlaubte Bleiwerte enthält. Vom Rückruf betroffen ist
auch Magnetspielzeug aus verschiedenen Produktserien. In Österreich allein
sind 90.000 Produkte betroffen. Weltweit sind es 18 Millionen.
10.07.07: Meeresfrüchte, Obst
China geht gegen den Export
gesundheitsgefährdender Produkte vor. 14 Unternehmen wurden auf die schwarze
Liste gesetzt. Zu den beanstandeten Produkten gehörten eingelegte
Meeresfrüchte oder Obst, die für den Export nach Japan, Kanada, die USA und
Europa bestimmt waren. Einige Waren enthielten unzulässige Mengen
Schwefeldioxid oder schädliche Bakterien.
31.05.07: Tödliche Zahnpasta
Die Polizei in Nicaragua hat
mehr als 40.000 Tuben aus China stammender Zahnpasta beschlagnahmt, die
möglicherweise eine potenziell tödliche Chemikalie enthält. Wie das
Gesundheitsministerium in der Hauptstadt Managua am Donnerstag mitteilte,
starben an Diethylenglykol bereits mehr als 50 Menschen in Panama.
Möglicherweise seien noch bis zu 80.000 Tuben der Zahnpasta auf dem Markt,
erklärte das Ministerium.
10.05.07: Tierfutter
Der US-Tierfutterproduzent Nutro hat rund
100 Tonnen Hunde- und Katzennassfutter zurückgerufen. In den USA hatte laut
Nutro der Vorlieferant Menu Foods eine mit schädlichen Stoffen belastete
Zutat aus China verarbeitet. Daraufhin waren in den USA zahlreiche Tiere
verendet, die das verdorbene Futter gefressen hatte.