Ärzte-Streik
Ansturm auf Spitäler blieb vorerst aus
14.06.2008
Der Aktionstag der Ärzte - heute bleiben die Ordis zu - hat vorerst keine massiven Auswirkungen auf die Wiener Spitalsambulanzen.
"Bis jetzt wurde kein aufsehenerregend erhöhtes Aufkommen registriert", berichtete Susanne Drapalik, Leiterin der Stabsstelle für Sofortmaßnahmen im Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV), am Vormittag.
Auch
diese Ordination bleibt heute zu.(c)APA
"Wiener haben sich darauf eingestellt"
Schwankungen
der Besucheranzahl gebe es täglich. Sie seien heute in den Spitälern des
Krankenanstaltenverbundes (einschließlich AKH, Anm.) aber nicht
außergewöhnlich ausgefallen, hieß es. "Die Wiener haben
sich sichtlich darauf eingestellt", sagte Drapalik.
1.000 Ärzte haben geöffnet
Rund 1.000
Allgemeinmediziner und Fachärzte sind am Vormittag dem Aufruf der
Ärztekammer zum Streik nicht gefolgt und haben ihre Ordinationen offen
gehalten. Diese Zahl geht aus Daten des Hauptverbandes der
Sozialversichungssträger über die Verwendung der E-Card hervor.
Hotlines kaum frequentiert
Eher ruhig war es am Vormittag auch
bei den Hotlines zur Information der Patienten über diensthabende Ärzte und
deren Öffnungszeiten. Das beim Hauptverband eingerichtete Telefon haben am
Vormittag nicht einmal 100 Personen kontaktiert und auch im
Gesundheitsministerium blieb man im zweistelligen Bereich.
Hohe Streikbeteiligung in OÖ
In Oberösterreich dagegen
beteiligten sich über 95 Prozent am Streik. Eine Anfrage bei der
oberösterreichische Spitalbetreiberin gespag (Gesundheits- und Spitals AG)
ergab, dass in vielen Krankenhäusern die Ambulanzen voller als üblich waren.
In der Landesfrauen- und Kinderklinik in Linz ist die akut-pädiatrische
Ambulanz regelrecht gestürmt worden.
Protestsymposium in Wien
Anlässlich des Ärztestreiks haben sich
mehrere Hundert Mediziner in Wien zu einem Protestsymposium versammelt.
Angeführt wurde die Veranstaltung von Ärztekammer-Chef Walter Dorner. Er
warnte vor Kommerzialisierung, Ökonomisierung und dem Ende der individuellen
Behandlung. Ein exzellentes Gesundheitssystem werde für den missglückten
Versuch einer Kassensanierung zerstört.
Gegen Verstaatlichung und "Zwei-Klassen-Medizin"
"Ich
will nicht, dass unsere Bürger in Österreich zum Almosenempfänger ihrer
Krankenversicherung werden", so Dorner. Er warnte vor einer "schleichenden
Verstaatlichung" des Gesundheitswesens: "Wenn man dieses Gebilde
schon Reform nennen soll, dann ist das eine ganz ganz schlechte, die nur
mehr zulasten der Patienten und von uns Ärzten geht."
Er selbst wolle keine Zwei-Klassen-Medizin, so Dorner: "Wir brauchen das nicht, wir haben es bis jetzt nicht gehabt, wir sind 50 Jahre gut damit gefahren, so wie wir das System aufgebaut haben, so wie wir uns um unsere Patienten kümmern konnten und unter Entbehrungen unsere Ordinationen geführt haben."
Krisenplan
Mit einem verstärkten Notbetrieb, ähnlich wie an
Wochenenden und Feiertagen, wurde die medizinische Versorgung am heutigen
Streiktag sichergestellt. Die Details des Krisenplans:
- Mit Ausnahme von Wien wird in allen Bundesländern pro Sprengel bzw. Bezirk eine Ordination eines Allgemeinmediziners geöffnet bleiben.
- Der nächstgelegene Arzt in Bereitschaft ist über die Ärztefunk-Rufnummer 141 erreichbar.
- Wer diensthabender Arzt des Sprengels ist und wie er erreichbar ist, erfährt man auch über die Telefonanrufbeantworter der Ordinationen oder über das Internet.
- In Wien kann, ebenfalls unter der Telefonnummer 141, ein Arzt gerufen werden, der dann zum Patienten nach Hause kommt. Für schwerwiegende Notfälle ist nach wie vor der Notarzt (144) zuständig.
- In Niederösterreich werden am Montag rund 150 Allgemeinmediziner Bereitschaftsdienst versehen. In der Steiermark sind es 94, in Tirol 55.
Sondervereinbarung
In Niederösterreich gibt es eine
Sondervereinbarung zwischen der Gebietskrankenkasse und der Apothekerkammer.
In Notfällen und wenn kein Arzt erreichbar ist, dürfen die Apotheker am
Streiktag dringend notwendige Medikamente wie Insulin auch ohne Vorlage
eines Rezeptes abgeben, erklärte der nö. GKK-Chef Gerhard Hutter.
Streikbrecher
Wenig Verständnis für das Chaos hat der Wiener
Arzt Wolfgang Molnar. Er wird seine Ordination am Montag offen halten. „Ich
kann den Forderungen meiner Kollegen zwar zum Teil zustimmen. Allerdings
darf der Streit um eine Reform nicht auf dem Rücken der Patienten
ausgetragen werden“, sagt Molnar. Doch genau das wird nochmals passieren:
Nach einer Demo wollen die Ärzte nochmals streiken – und zwar am 26. und am
27. Juni.