Weiter Entspannung am Arbeitsmarkt: Die Zahl der Arbeitslosen ist im Juni gesunken. 172.659 Österreicher sind ohne Job - minus 6 Prozent.
Die Arbeitslosigkeit in Österreich ist im Juni weiter gesunken: Die Zahl der vorgemerkten Arbeitsuchenden hat sich um 10.986 auf 172.658 Personen reduziert, das ist ein Rückgang im Jahresabstand von 6,0 Prozent. Die Zahl der gemeldeten offenen Stellen stieg um 707 auf 43.599, ein Zuwachs von 1,6 Prozent. Rückgängig waren die Schulungsteilnahmen, die im Juni um 7,8 Prozent auf 46.459 sanken, teilte das Arbeits- und Wirtschaftsministerium am Dienstag mit.
Gestiegen ist die Arbeitslosigkeit im Juni bei den Älteren (ab 50 Jahren): Hier wurde ein Zuwachs von 2,3 Prozent verzeichnet. Bei Jugendlichen (15 bis 24 Jahre) konnte hingegen ein Rückgang der Arbeitslosigkeit um 5,9 Prozent erreicht werden. Auch die Zahl der Langzeitarbeitsuchenden (über 12 Monate vorgemerkt) ging um 5,7 Prozent zurück.
Bartenstein: Umfeld nicht einfacher geworden
Mit einer
EU-Arbeitslosenrate von 4,1 Prozent (Mai) komme man jetzt schon nahe an
Vollbeschäftigung heran, betonte Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin
Bartenstein (V) bei der Präsentation der aktuellen Juni-Arbeitsmarktdaten
gemeinsam mit Staatssekretärin Christin Marek (V) und AMS-Chef Johannes
Kopf. Die Arbeitslosigkeit sei das 28. Mal in Folge rückläufig.
Ausschlaggebend für die gute Entwicklung des Arbeitsmarkts sei ein Mix aus
Konjunktur und Arbeitsmarktpolitik,
Das Umfeld sei aber nicht einfacher geworden, so der Minister. "Wir haben es mit steigenden Inflationsraten zu tun." Der 4er in der Eurozone, sei "dramatisch, unerfreulich und alarmierend".
Heute ist die neue Facharbeiterverordnung in Kraft getreten. Zusätzlich zu den bisher 50 Berufsgruppen, die Arbeitskräften aus den neuen EU-Ländern in Österreich offen stehen, kommen 15 weitere Berufsgruppen dazu. Dies sei im Konsens mit den Sozialpartnern geschehen, so Bartenstein. Die Vereinbarung stehe im Gegensatz zu dem Brief (von Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und Werner Faymann, Anm.), wo es heißt, die Übergangsfristen müssen bestehen bleiben, der Arbeitsmarkt müsse geschlossen werden. "Ein Inhalt des unsäglichen Briefes, der nie geschrieben werden hätte sollen, vor allem nicht an diese Adresse ("Kronen Zeitung", Anm.)."
Derzeit sind über die Fachkräfteverordnung 2.771 Arbeitskräfte in Österreich, davon 1.022 Köche und 539 Schweißer. Insgesamt kommen 1.485 Betroffene aus Ungarn, 500 aus der Slowakei und 250 aus Polen.
Keine Auswirkung durch EURO
Die EURO 2008 habe sich in der
aktuellen Arbeitsmarktstatistik nicht ausgewirkt. Vor allem deshalb, weil
Personen (Studenten oder Hausfrauen), die nicht in der Arbeitslosenstatistik
gemeldet waren, angesprochen wurden. AMS-Chef Kopf bekräftigt aber die
prognostizierten zusätzlichen 11.000 Jobs. "Dies scheint plausibel."
Die Euro sei jedenfalls eine "Super-Werbung" für das Land, so
Bartenstein. Es sei richtig gewesen, viel Geld in die Hand zu nehmen.
"Sowohl bei der Frauen- als auch der Jugendarbeitslosigkeit verzeichnen wir im Juni erneut einen erfreulichen Rückgang," betonte Staatssekretärin Maraek. Der Rückgang bei Frauen habe 5,9 Prozent im Jahresvergleich betragen. Damit liege die Frauenbeschäftigung im EU-Vergleich mit einer Quote von 4,6 Prozent (Mai) auf dem 5. Platz.
Die Nachfrage von Frauen nach Teilzeit sei ungebrochen hoch und fast fünfmal höher als das Teilzeitangebot. Während 5.409 offene Teilzeitstellen von der Wirtschaft angeboten werden, seien 26.431 Frauen mit dem expliziten Wunsch nach Teilzeit arbeitsuchend gemeldet. "Das Argument, man wolle Frauen in Teilzeit drängen, lasse ich daher nicht gelten," so Marek.
Bei den Jugendarbeitslosenzahlen beträgt der Rückgang im Jahresvergleich ebenfalls 5,9 Prozent. Als "sehr positiv" und einen "tollen Erfolg" bezeichnet Marek auch die Entwicklung am Lehrstellenmarkt. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Lehrstellenlücke von 842 um 6,4 Prozent auf 788 im Juni 2008 verkleinert. Seit der Einführung des Blum-Bonus im Jahr 2005 habe sie sich somit von 2.052 im Juni 2005 um fast zwei Drittel (61,6 Prozent) reduziert.
Mit einer EU-Jugendarbeitslosenquote von 8,4 Prozent liegt Österreich hinter den Niederlanden, Dänemark und Estland auf dem 4. Platz.
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Die Arbeitslosenzahlen für Juni haben zu unterschiedlichen Reaktionen
geführt: Während die Arbeiterkammer (AK) und Vertreter der Gewerkschaft
angesichts einer erwarteten Abschwächung der Konjunktur nun eine Entlastung
der Arbeitnehmer und Unterstützung für die Älteren am Arbeitsmarkt fordern,
sieht ÖVP-Wirtschaftssprecher Reinhold Mitterlehner Österreich nicht mehr
weit von der Vollbeschäftigung entfernt.
"Noch hält die Konjunktur, die Unternehmen beschäftigen deswegen mehr Menschen und die Arbeitslosigkeit sinkt erfreulicherweise weiter. Aber wir müssen uns auf einen deutlichen Rückgang des Wirtschaftswachstums vorbereiten - das sagen uns die Wirtschaftsforscher", kommentiert AK-Präsident Herbert Tumpel. Inflation und massiv steigende Energiepreise werden ihre Spuren auf dem Arbeitsmarkt hinterlassen, wenn die Regierung nicht rasch handelt.
Vorschläge zugunsten älterer Arbeitnehmer
Der
AK-Präsident verlangt, dass die Vorschläge der Sozialpartner für den
Arbeitsmarkt und der Aktionsplan zugunsten der älteren Arbeitnehmer vom
Wirtschaftsminister rasch und konsequent umgesetzt werden. Das Wichtigste
sei eine deutliche Entlastung der Arbeitnehmer mit kleinen und mittleren
Einkommen bei der nächsten Steuerreform. Denn die Wirtschaftsentwicklung
müsse durch mehr Kaufkraft im Inland abgesichert werden. Angesichts des für
das nächste Jahr prognostizierten Wiederanstiegs der Arbeitslosigkeit dürfe
der heimische Arbeitsmarkt nur sehr behutsam für neue Arbeitskräfte geöffnet
werden, fordert Tumpel.
Nicht nur Freude über den Rückgang der Arbeitslosigkeit im Juni zeigt sich beim vida-Vorsitzenden und ÖGB-Arbeitsmarktsprecher Rudolf Kaske. Sorge bereitet ihm der Anstieg bei den Arbeitslosen über 50 Jahren, der sich nach April und Mai auch im Juni weiter fortsetzte. Ein bereits im April von den Sozialpartnern vorgelegtes Maßnahmenpaket für ältere Arbeitnehmer beinhalte eine Reform der Altersteilzeit ebenso wie die Stärkung der Prävention und der betrieblichen Gesundheitsförderung in den Betrieben. Auch Maßnahmen zur Verbesserung der Weiterbildungsmöglichkeiten, wie zum Beispiel ein "Qualifizierungsstipendium" für ältere Arbeitnehmer, sind in dem Paket enthalten. "Minister Bartenstein darf hier nicht länger blockieren, die Maßnahmen für Ältere müssen zügig umgesetzt werden", verlangt Kaske.
Cörgits: "Höchster Beschäftigungsstand der Geschichte"
"Österreich
hat heute die niedrigste Arbeitslosenzahl seit sieben Jahren und den
höchsten Beschäftigtenstand seiner Geschichte", so SPÖ-Sozialsprecherin
Renate Csörgits. Trotz der guten Entwicklung dürfe man aber bei den
arbeitsmarktpolitischen Anstrengungen nicht nachlassen. Insbesondere brauche
man jetzt rasch die Umsetzung des geplanten Arbeitsmarktpakets für Ältere;
über 50-Jährige sind die einzige Gruppe, wo die Arbeitslosigkeit nicht
gesunken ist. "Bartensteins einziges Rezept ist leider, die Grenzen
aufzumachen, um möglichst viele und möglichst billige Arbeitskräfte ins Land
zu holen", kritisiert Csörgits.
"Die ÖVP ist die treibende Kraft auf dem Weg zur Vollbeschäftigung. Diese konsequente Arbeitsmarktpolitik muss jetzt weitergeführt werden", ist ÖVP-Wirtschaftssprecher Reinhold Mitterlehner über die weiter sinkende Arbeitslosigkeit erfreut. Die Trendwende habe sich bereits vor nunmehr über zwei Jahren abgezeichnet und nun sinke die Arbeitslosigkeit kontinuierlich. Die aktuellen Daten zeigten, dass man nicht mehr weit von der Vollbeschäftigung entfernt sei.
"Die Situation bei den Arbeitslosenzahlen kann trotz eines leichten Rückgangs leider alles andere als rosig bezeichnet werden", erklärte FPÖ-Arbeitnehmersprecher Herbert Kickl. Einer leichten Entspannung stünde noch immer die enorme Zahl von Schulungsteilnehmern gegenüber. "Dazu kommt noch die leichtfertige schrittweise und verfrühte Öffnung des Arbeitsmarktes für die EU-Oststaaten bei immer mehr Berufsgruppen, die den leichten Rückgang bei den Arbeitslosenzahlen bald neuerlich zunichte machen könnte", warnte der freiheitliche Arbeitnehmersprecher. Alarmierend sei vor allem auch der Anstieg der Arbeitslosigkeit bei Älteren.