Ein bisher unbekannter Bericht von Finanzministerium und ÖIAG zeigt auf, in welchem Zustand sich die Austrian mittlerweile befinden.
Wie dramatisch die Lage bei der Austrian Airlines ist, haben die Parlamentarier nun schwarz auf weiß. Aus einem bisher unveröffentlichten Bericht von Finanzministerium und Staatsholding ÖIAG für den Rechnungshof-Unterausschuss geht hervor, auf welche Sanierungskosten und Verlustpfade sich die deutsche Lufthansa beim Kauf der Austrian Airlines einzustellen hat.
2 Mrd. Euro Schulden
Obwohl die AUA zwischen Ende 2001 und Ende
September 2008 ihre Kurz- und Langfristschulden von damals 3,6 auf rund 2
Mrd. Euro reduziert habe, sei die Airline nach wie vor durch eine "sehr
hohe Verschuldung" belastet. Um den Fremdfinanzierungsgrad zu
reduzieren und die Lasten aus dem Schuldendienst abzubauen, habe die
Lufthansa für die Übernahme der AUA von Österreich einen Zuschuss von 500
Mio. Euro gefordert.
Sanierung kostet 1 Mrd.
Aus der Rückführung der
Nettoverbindlichkeiten auf Lufthansa-Niveau und weiteren
Restrukturierungskosten ergeben sich, so der Bericht, Gesamtkosten der
Restrukturierung in Höhe von insgesamt mehr als 1 Mrd. Euro. Der
500-Millionen-Zuschuss betrage daher weniger als 50 Prozent dieser Kosten.
Republik trägt Hälfte
Die halbe Milliarde Euro - die
am Donnerstag den Finanzausschuss im Parlament in Wien passierte - wird zum
Zeitpunkt des tatsächlichen Verkaufs der AUA an die Deutschen an eine neu zu
gründende Gesellschaft eingezahlt und in der Folge an die Lufthansa
übertragen - die sich wiederum verpflichtet, bei der AUA dafür das Kapital
zu erhöhen.
Wie wichtig es für die Deutschen ist, dass die AUA mit den Schulden runterkommt, zeigen folgende Annahmen in dem Bericht:
Gewinn erst anno 2013
Mit Kosten- und Umsatz-Synergien will die
Lufthansa bei der AUA bereits im Jahr 2010 ein positives operatives Ergebnis
(EBIT) sehen. Weil die AUA aber eine weit überhöhte Nettoverschuldung
ausweise, würden die Zinsen dazu führen, dass von 2010 bis 2012 trotz eines
positiven EBIT Nettoverluste erwirtschaftet würden. Erst im Jahr 2013 würde
ein geringer Gewinn erreicht.
Ab 2016 Flotte erneuern
Zudem dürfte der freie Cash Flow in den
Jahren bis 2012 nicht reichen, um den Schuldendienst samt Zinsen abzudecken.
Selbst langfristig zeige sich kein besseres Bild, weil nach einer kurzen
Erholung zwischen 2012 und 2015 dann ab 2016 - weil dann die AUA-Flotte
erneuert werden muss - mit einem "signifikant negativen" Cash Flow
zu rechnen sei. Daher habe die Lufthansa den 500-Millionen-Zuschuss
verlangt.
200 Mio.-Kredit unumgänglich
Um den kurzfristigen
Liquiditätsbedarf der AUA zu decken, wurde der Airline im Dezember ein
200-Mio-Euro-Notkredit gewährt, der auf der Annahme fußt, dass der Verkauf
an die Lufthansa im zweiten Quartal 2009 passiert. Der Mittelbedarf ist
primär auf die schlechte Entwicklung des Cash Flows wegen der Finanzkrise
sowie "substanzielle" Rückzahlungen von Verbindlichkeiten
zurückzuführen. Weil die Finanzkrise schärfer wurde - mit ihren Auswirkungen
auf das Interbanken-Kreditgeschäft - seien derzeit Wertpapierbelehnungen und
Flugzeug-Anschlussfinanzierungen auf absehbare Zeit nicht darstellbar.
Dieser Notkredit (besichert durch eine Bareinlage der ÖIAG bei einer Bank) ging vorerst als Kreditrahmen an eine 100-Prozent-Tochter der AUA. Am Tag des AUA-Verkaufs an die Lufthansa tritt ein Lufthansa-Unternehmen in diese Haftung ein, die Einlage der ÖIAG wird zurückgeführt.
Der "Erhebungsbericht" zur AUA seitens des Finanzministeriums ist seit Donnerstag Abend im Parlament.
75%-Quote nicht fix
Zahlreiche Ausstiegsklauseln hat sich die
Lufthansa in den AUA-Kaufvertrag mit der ÖIAG hineinschreiben lassen. An
widerspenstigen AUA-Kleinaktionären sollte der Deal aber offenbar nicht
scheitern. Bisher hatte die Lufthansa glauben lassen, dass sie vom Kauf
zurücktreten könne, wenn sie nicht 75 Prozent der Stimmrechte erwerben kann
- von der ÖIAG kommen 41,6 Prozent der Anteile. Die 75-Prozent-Schwelle ist
aber offenbar nicht in Stein gemeißelt: Laut ÖIAG-Bericht ist "das
Übernahmeangebot Gegenstand einer 75-Prozent-Akzeptanzschwelle, die aber
abgesenkt wird, wenn sich zeigt, dass sie nicht erreicht werden und die ÖIAG
das Übernahmeangebot positiv unterstützt".
EU muss zustimmen
Eine weitere Bedingung für die Übernahme der
AUA ist die Genehmigung des österreichischen staatlichen
500-Millionen-Zuschusses durch die EU-Kommission - "mit deren Erfüllung
frühestens im zweiten Quartal 2009 gerechnet wird". Sollte der
Zuschuss durch die EU-Kommission zwar genehmigt werden, in der Folge (nach
Vollzug der AUA-Übernahme) durch Entscheide in Brüssel oder durch
österreichische Gerichte aber eine unerlaubte Beihilfe beim Erwerb der
ÖIAG-Aktien festgestellt würde, haben sich die Deutschen ebenfalls ein
Rücktrittsrecht vorbehalten.
Deadline 30. Juni 2009
Sowohl die ÖIAG als auch die Lufthansa
haben ein Rücktrittsrecht, falls bis 30. Juni 2009 nicht alle
Vollzugsbedingungen erfüllt sind.