Die größte US-Sparkasse ist bankrott. JP Morgan Chase greift zu - und übernimmt die einstige 310 Mrd Dollar-Bank zum Schnäppchenpreis.
Größte Banken-Pleite der US-Geschichte: Die einst führende amerikanische Sparkasse Washington Mutual (WaMu) ist unter den Lasten der Kreditkrise zusammengebrochen. In einem Notverkauf wird sie zu weiten Teilen vom Finanzkonzern JPMorgan Chase übernommen. Das teilte die US-Sparkassenaufsicht am Donnerstagabend (Ortszeit) in New York mit. Inmitten des politischen Tauziehens um das staatliche Milliarden-Rettungspaket für die Bankenbranche hat die Finanzkrise damit einen neuen Höhepunkt erreicht.
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Aktionäre und Gläubiger gehen leer aus
Die Übernahme
kam auf Drängen der Behörden zustande, weil die Bankenaufsicht FDIC wegen
der zwölf Bankenpleiten der vergangenen Monate ein Einspringen auch in
diesem Fall nicht verkraftet hätte. JPMorgan Chase, die drittgrößte
US-Großbank, zahlt 1,9 Milliarden Dollar (1,293 Mrd. Euro). Dafür übernimmt
der Finanzkonzern den Angaben zufolge die Banken der
Washington-Mutual-Gruppe (WaMu), die Washington Mutual Bank und die
Washington Mutual FSB, sowie deren Einlagen, Aktiva und einige
Verpflichtungen. Das Grundkapital und die Gesamtschulden der WaMu sind von
der Transaktion ausgeschlossen. Aktionäre und Gläubiger der Sparkasse gehen
demzufolge leer aus.
309 Milliarden Dollar Aktivposten
Die WaMu verfügt über
Aktivposten in Höhe von 309 Milliarden Dollar und ist damit die größte der
13 Banken, die bisher der Krise an den Finanzmärkten zum Opfer fällt. Sie
habe keine ausreichende Liquidität mehr gehabt, so die US-Sparkassenaufsicht
OTS (Office of Thrift Supervision). Das Institut wurde deshalb zunächst
unter staatliche Kontrolle gestellt. Der anschließende Verkauf an JPMorgan
habe keine Auswirkungen für die Kunden und deren Einlagen von knapp 190
Milliarden Dollar (129,3 Mrd. Euro). Die Filialen würden am Freitag wie
gewohnt ihre Türen öffnen, hieß es.
Kunden zogen Kapital ab
Die Sparkasse hatte sich während des
Immobilienbooms massiv auf dem heute desolaten Hypothekenmarkt engagiert.
Zuletzt fielen der Aufsicht zufolge in drei Quartalen hintereinander
insgesamt 6,1 Milliarden Dollar Verlust an. Verschärft wurden die Probleme
durch den Kurssturz der Aktie und eine Herabstufung durch Ratingagenturen
auf "Schrott"-Niveau. Am Schluss wurde die Lage für das Institut
lebensbedrohlich: In den vergangenen zehn Tagen hätten Kunden scharenweise
insgesamt 16,7 Milliarden Dollar an Guthaben abgehoben, so die Aufsicht.
Dank der Übernahme werde der Einlagensicherungsfonds der Branche durch den Zusammenbruch nicht belastet, teilten die Behörden mit. Sonst hätte dies laut Analysten über 20 Milliarden Dollar gekostet. WaMu hatte zuletzt eine Bilanzsumme von mehr als 300 Milliarden Dollar. Bei der zuvor größten US-Bankenpleite war im Jahr 1984 die Continental Illinois Corp. zusammengebrochen mit einem im Vergleich weit kleineren Vermögenswert von damals 40 Milliarden Dollar.
43.000 Mitarbeiter
WaMu beschäftigte zur Jahresmitte mehr als
43.000 Mitarbeiter in über 2.200 Zweigstellen verteilt auf 15 US- Staaten.
Zuletzt strich WaMu tausende Stellen und kürzte das Geschäft mit
Hauskrediten radikal. Wegen ihrer Probleme stand die Sparkasse bereits unter
verschärfter staatlicher Aufsicht und hatte ihren Chef ausgewechselt. Erst
vergangene Woche stellte sie sich selbst zum Verkauf. Mehrere Banken winkten
aber Medienberichten zufolge ab.
Bear Stearns
JPMorgan Chase übernahm im Zuge der Finanzkrise
heuer bereits die notleidende US-Investmentbank Bear Stearns. Schon damals
war der Staat am Zustandekommen des Geschäfts beteiligt. Der Finanzkonzern
gab zudem bereits vor einigen Monaten ein Angebot für WaMu ab, blieb damals
aber erfolglos.
JPMorgan Chase will nun nach eigenen Angaben die Integration der Unternehmen und die Umbenennung bis Ende 2010 abschließen. Durch die Übernahme entstehe die größte US-Sparkasse mit Kundeneinlagen von mehr als 900 Milliarden Dollar, erklärte die 1933 im Zuge der Weltwirtschaftskrise gegründete FDIC, die bei ihren Mitgliedsbanken individuelle Spareinlagen von bis zu 100.000 Dollar absichert. Im Zuge der Übernahme sollten weniger als zehn Prozent der Zweigstellen geschlossen werden, teilte das Unternehmen mit. Die Kosten für die Fusion will die Bank nach eigenen Angaben in einer Höhe von bis zu 1,5 Milliarden Dollar steuerlich geltend machen.
US-Investmentbanken-Pleite
Allein seit Anfang vergangener Woche
fielen der Kreditkrise reihenweise große US-Finanzhäuser zum Opfer. Die
Investmentbank Lehman Brothers meldete Teilinsolvenz an und wird
zerschlagen. Der Mitbewerber Merrill Lynch rettet sich in die Arme der Bank
of America. Der Versicherungsriese AIG musste vom Staat durch einen
Mega-Kredit vor dem Aus bewahrt werden und steht vor dem Verkauf weiter
Konzernteile. Im laufenden Jahr war in den USA vor WaMu zudem bereits
ein Dutzend kleinerer und mittelgroßer Banken zusammengebrochen.
Die Rettungsaktion für WaMu wurde an der Wall Street in ersten Reaktion noch in der Nacht zwiespältig aufgenommen. Der Kauf sei ein Zeichen der Stärke von JPMorgan Chase und damit positiv für den Finanzmarkt, so Experten. Zugleich zeige die jüngste Notübernahme aber auch, dass die Kreditkrise noch lange nicht ausgestanden sei.