Rückschlag
AWD nennt VKI-Sammelklage "Hexenjagd"
23.02.2009
Durch die Investition in Immo-Aktien verloren die Anleger insgesamt 65 Mio. Euro. Die AWD-Berater hatten laut VKI diese Papiere empfohlen.
Der Finanzberater AWD wehrt sich mit Händen und Füßen gegen die geplanten Sammelklagen des Vereins für Konsumenteninformation wegen angeblich falscher Beratung beim Verkauf von Immofinanz- und Immoeast-Aktien. Die VKI-Aktion sei eine "Hexenjagd gegen ein renommiertes Unternehmen", komme einer Inquisition gleich, moniert AWD-Geschäftsführer Kurt Rauscher. Dadurch habe der AWD rund 200 Mitarbeiter verloren. Grundsätzliche Beratungsfehler sieht der Finanzdienstleister weiterhin nicht und pocht nach wie vor auf die Prüfung jedes einzelnen Falls.
Traut sich nicht mehr ins Gasthaus
Seit Monaten suggeriere der
"mit Steuergeldern finanzierte Verein" VKI, dass AWD an der Finanzkrise
allein Schuld sei. "Aber heute, meine Damen und Herren, ist Schluss damit",
schlug Rauscher verbal auf den Tisch. Zu oft seien "top ausgebildete
Mitarbeiter mit Schmutz beworfen" worden. Die 200 gegangenen Mitarbeiter
seien großteils Finanzdienstleistungsassistenten gewesen. Es sei "traurig,
dass sich staatlich geprüfte Vermögensberater, zum Teil Akademiker, heute
nicht mal mehr in die Kirche oder ins Gasthaus trauen, weil sie angepöbelt
werden", so Rauscher.
6.500 Beschwerden stimmen nicht
Der VKI wolle den
Finanzdienstleister schädigen und unter Druck setzen. Der AWD sei ein
"williges Opfer", und die Politik schaue zu. Unter den 6.500 Beschwerden die
der VKI via Internet eingesammelt hat, seien auch "Zwölfjährige, die den
Fragebogen aus Jux und Tollerei ausgefüllt haben" und Kunden, die
Immofinanz-Aktien über Banken gekauft haben, argwöhnt Rauscher. Der VKI habe
dem AWD erst 10 Fragebögen zugestellt, in 6 Fällen habe der Finanzberater
seinen Kunden eine Zahlung angeboten - "zum Teil auch aus sozialen Gründen",
so Rauscher.
Bietet "saubere Lösung"
Der AWD fordere den VKI
auf, alle eingesammelten Fälle zur Prüfung jeder einzelnen Causa zu
übergeben. Wie lange eine Prüfung aller Fälle wirklich dauern würde, konnte
der AWD-Geschäftsführer nicht. Kunden, die sie sich schlecht beraten fühlen,
biete AWD ein "Gespräch" bzw. eine "saubere Lösung" an - wie diese aussieht,
konkretisierte er nicht.
"Grundsätzlich" keine Fehler
AWD habe über einen
Zeitraum von 12 Jahren an rund 79.000 Personen Immofinanz-/Immoeast-Aktien
verkauft. Beratungsfehler schließt Rauscher "grundsätzlich" aus, in
Einzelfällen könnten Fehler passiert sein. Druck auf Mitarbeiter, etwa über
Provisionen oder Vorab-Zahlungen, habe AWD "niemals" ausgeübt. Die Berater
bekämen ihre Provisionen "in der Regel im Nachhinein".
Viele Argumente dagegen
Auch den Vorwurf, AWD-Mitarbeiter hätten
die Finanzprodukte nur an Bekannte verkauft, wies Rauscher zurück. Es sei
"nicht so, dass der Großteil der Kunden aus diesem Bereich ist".
Mitarbeitern mit Geldschwierigkeiten wolle der AWD im Einzelfall unter die
Arme greifen. Wenn sich Kunden gegen das vom AWD-Mitarbeiter vorgeschlagene
Beratungskonzept oder nur für einen Teil von diesem entschieden haben, sei
das dokumentiert. Es gebe sogar Fälle, wo Kunden entgegen der AWD-Empfehlung
mehr Immobilienpapiere in ihrem Portfolio haben wollten. Dass AWD-Berater
ihren Kunden wegen Behalteprovisionen vom Verkauf von Immofinanz-Aktien
abgeraten haben sollen, obwohl die Kurse schon nach unten rasselten,
dementierte Rauscher ebenfalls. Eine Qualifikationsänderung der Assistenten,
sollte sie gesetzlich kommen, würde AWD unterstützen.
Insolvenz droht nicht
Kunden habe der AWD aufgrund der VKI-Aktion
"sehr wenige" verloren, so Rauscher. "Das spielt sich im Promille-Bereich
ab." Dass AWD bei Klagserfolg des VKI in die Insolvenz schlittern könnte,
wies Rauscher entschieden zurück, wenngleich die deutsche Konzernmutter "not
amused" über die VKI-Aktion sei. Mit dem österreichischen
Prozesskostenfinanzierer Advofin gebe es noch keine Gespräche, rechtliche
Schritte gegen Immofinanz würden geprüft.
6.500 Beschwerdeführer
Beim Verein für
Konsumenteninformation haben sich mittlerweile 6.500 Beschwerdeführer
gemeldet, die sich der Sammelklage gegen den Finanzdienstleister anschließen
wollen. Damit hat der VKI tatsächlich die größte Sammelklage der Zweiten
Republik im Auftrag des Sozialministeriums abzuwickeln. Den Betroffenen war
von AWD-Beratern zu Immofinanz- und Immoeast-Aktien geraten worden, die
allerdings massiv abstürzten. Insgesamt verloren die Anleger dadurch
hochgerechnet gut 65 Millionen Euro.
Falsch beraten
Den AWD-Beratern wird vorgeworfen, die
Immobilien-Papiere als sicher und risikofrei angepriesen zu haben.
Bankprodukte wie Sparbücher oder Bausparverträge wurden laut VKI
schlechtgeredet, die Immo-Aktien als Alternative ("So sicher wie ein
Sparbuch") angeboten. Auf eine Streuung des Vermögens wurde in vielen
Fällen ebenfalls nicht geachtet.
Sämtliche Informationen zur Sammelklagen-Aktion sind auch auf www.verbraucherrecht.at zu finden.