Der Lieferboykott der heimischen Milchbauern weitet sich aus. Immer mehr Bauern beteiligen sich am Boykott.
Wenngleich die Angaben von Bauern und Industrie unterschiedlicher nicht sein können, so steht fest: Immer mehr Milchbauern liefern keine Milch mehr an ihre Molkerei ab. Die IG Milch, Initiator des Milchstreiks in Österreich, rechnet in den nächsten Tagen mit einem Lieferengpass und leeren Supermarktregalen.
Starke regionale Schwankungen
Nach Angaben des heimischen
Molkerei-Verbandes VÖM wurden bei den Molkereien im Durchschnitt um 20 bis
25 Prozent weniger Milch angeliefert - mit großen, regionalen Schwankungen.
Am stärksten betroffen seien grenznahe Gebiete zu Deutschland bzw. konkret
die Gmundner Molkerei, Woerle und die Alpenmilch Salzburg, hieß es bei der
VÖM.
50 Prozent Ausfälle bei Großmolkereien
IG Milch-Obmann
Ewald Grünzweil berichtete dagegen von Lieferausfällen in der Höhe von 50
Prozent bei drei Großmolkereien. In Summe hätten sich bisher 15.000 der
43.500 heimischen Milchbauern am Lieferboykott beteiligt. "Es werden jeden
Tag mehr", sagte Grünzweil und sprach von einer "unglaublichen
Solidaritätswelle, die durchs Land geht". Heute sollen bereits 70 Prozent
weniger Milch bei den Verarbeitern ankommen.
Bei den Großmolkereien Berglandmilch und NÖM gibt man sich dagegen gelassen. "Wir beobachten die Lage extrem konzentriert und aufmerksam", sagte Bergland-Chef Josef Braunshofer. Auch bei der NÖM hieß es: "Alles ruhig".
IG Milch war zum Gipfel nicht eingeladen
Die Stimmung bei den
Milchbauern noch mehr angeheizt hat die Tatsache, dass Vertreter der IG
Milch gestern beim sogenannten "Milch-Gipfel" von Landwirtschaftskammer,
Bauernbund und Handel nicht eingeladen waren. Es sei "unverantwortlich, dass
man einen akuten Versorgungsengpass und eine Spaltung der Bauernschaft in
Kauf nimmt", heißt es in einer Aussendung der IG Milch von heute, Dienstag.
Mittlerweile unterstützen längst auch hohe Bauernbund-Funktionäre in den
typischen "Milchbezirken" etwa in Oberösterreich, Salzburg und der
Steiermark die Anliegen der IG.
Gesprächslosigkeit "unverantwortlich"
"Es ist
unverantwortlich, in dieser Situation keine Gespräche mit den Milcherzeugern
aufzunehmen. Die sogenannte 'Einigung', dass keine weiteren Preissenkungen
durchgeführt werden und der Lebensmittelhandel auf Schleuderaktionen
verzichtet, ist in dieser Situation ein Affront gegen die tausenden
Milchbauern, die aus existenzieller Bedrohung die Lieferung eingestellt
haben", so die IG Milch weiter.
Erste Demos beantragt
Kommt es zu keiner Einigung, schrecken die
Milchbauern auch vor weiteren Schritten nicht zurück: Kreisen zufolge wurde
in Oberösterreich bereits eine erste Demonstration beantragt. Auch
Molkerei-Blockaden wie in Deutschland seien geplant.
Bauernbund über Einigung optimistisch
Der Bauernbund ist
dagegen überzeugt, dass den österreichischen Konsumenten und der heimischen
Bauernschaft eine "Milchkrise", wie sie sich derzeit in Deutschland
abzeichnet, erspart bleiben wird. Das gestrige Spitzengespräch habe drohende
Preisabsenkungen und Schleuderaktionen bei Milch und Milchprodukten
abgewendet. Die Verhandlungen werden am Donnerstag mit den Molkereien
fortgesetzt, so Bauernbund-Präsident Fritz Grillitsch.