Brisante Briefe
BAWAG-Anklage bei Gericht
25.10.2006
Die BAWAG-Anklage wurde nun bei Gericht eingebracht. Bis zu zehn Jahre Haft drohen im Fall einer Verurteilung. Verteidiger haben jetzt 14 Tage Zeit für Einspruch.
Gegen neun Personen erhebt die Staatsanwaltschaft Wien in der Affäre um die BAWAG Anklage. Den ehemaligen BAWAG-Generaldirektoren Helmut Elsner und Johann Zwettler, dem früheren BAWAG-Aufsichtsratspräsident und ÖGB-Finanzchef Günter Weninger, dem Investmentbanker Wolfgang Flöttl sowie weiteren Personen im BAWAG-Umfeld wird - in abgestufter Form - Untreue, schwerer Betrug und Bilanzfälschung vorgeworfen. Der Strafrahmen beläuft sich auf bis zu zehn Jahren Haft.
"Wir haben die BAWAG-Anklage bei Gericht eingebracht. Die vom Justizministerium vorgeschlagenen Änderungen sind entsprechend eingearbeitet worden. Die Anklageschrift wird nun von der U-Richterin den Beschuldigten zugestellt", gab Walter Geyer, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Wien, bekannt.
Rsb-Briefe unterwegs
Das brisante Schriftstück ist bereits auf dem Postweg, Christian Gneist, der Sprecher des Wiener Straflandesgerichts, ergänzte: "Die Anwälte werden es per Rsb-Brief erhalten."
Einspruchsfrist von 14 Tagen
Die Anklageschrift dürfte somit am Freitag, spätesten Anfang kommender Woche bei den Verteidigern von Helmut Elsner & Co einlangen. Ab diesem Zeitpunkt haben sie dann 14 Tage Zeit, dagegen Einsprüche vorzubringen, die vom Wiener Oberlandesgericht behandelt werden müssten. Sollte davon Abstand werden, könnte der BAWAG-Prozess im Februar oder März 2007 beginnen.
10 Jahren Haft drohen
Die Staatsanwaltschaft legt den ehemaligen BAWAG-Generaldirektoren Helmut Elsner (71) und Johann Zwettler (65), dem früheren BAWAG-Aufsichtsratspräsidenten und ÖGB-Finanzchef Günter Weninger (66), dem Investmentbanker Wolfgang Flöttl (51) und fünf weiteren Mitangeklagten in abgestufter Form und teilweise als Beteiligungstäter Untreue, schwerer Betrug und Bilanzfälschung vor. Den inkriminierten Gesamtschaden beziffert die Anklage mit 1,5 Milliarden Euro. Strafrahmen im Falle einer Verurteilung: Bis zu zehn Jahre Haft.
Anklage gegen Verzetnitsch wird noch geprüft
Ob auch der ehemalige ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch vor Gericht muss, ist noch "offen": Die Staatsanwaltschaft prüft in seinem Fall noch, ob Anklage erhoben wird. Gegen Verzetnitsch sind Ermittlungen wegen Untreue anhängig.
Elsner-Gehaltserhöhung
Laut Anklage war die BAWAG " bei redlicher Betrachtungsweise" Ende 2000 zahlungsunfähig. Dessen ungeachtet hatte Elsner noch im November 2000 vom Aufsichtsrat eine Gehaltserhöhung von 500.000 Euro begehrt, was Staatsanwalt Georg Krakow als "Unverfrorenheit" bezeichnet: Erst wenige Wochen zuvor habe sich der BAWAG-Generaldirektor eine millionenschwere Pensionsabfindung genehmigt, ohne den Aufsichtsrat über die Millionen-Verluste aus den Karibik-Deals zu informiert zu haben.
Elsner und Weninger: "Duett der Macht"
Elsner und Weninger werden in der Anklageschrift wörtlich als "Duett der Macht " tituliert, deren Führungskultur demnach "durch Intransparenz, autoritatives Management und informelle Absprachen gekennzeichnet war". Folgt man Staatsanwalt Krakow, war ihnen der Aufsichtsrat dabei durchaus behilflich: "Verantwortung zu tragen war niemals Sache der Mitglieder dieses Kontrollgremiums der BAWAG gewesen." Elsner habe sich "auf die Aufsichtsräte in dem Sinn 'verlassen' können, dass sie keine Fragen stellten."
Blindes Vertrauen in Flöttl
Flöttl wird in der Anklageschrift als Spekulant beschrieben, dem bis 1998 "die meisten in der BAWAG" blind vertraut hätten. Nach den ersten Verlusten sei Flöttl in die wirtschaftliche Abhängigkeit der Bank geraten, was Elsner " weidlich" ausgenützt habe. Flöttls Geschäfte für die BAWAG nennt der Staatsanwalt "desaströs".