ÖGB-Finanzchef
BAWAG-Schaden 2,9 Milliarden
11.09.2007
Knalleffekt im BAWAG-Prozess: ÖGB-Finanzchef Schneider bezifferte den Schaden mit 2.9 Milliarden Euro. Fast doppelt so hoch wie angenommen.
Der Finanzchef des Gewerkschaftsbundes ÖGB, Clemens Schneider, hat den Gesamtschaden aus dem BAWAG-Debakel auf die gesamte ÖGB-Gruppe - inklusive ÖVV, ÖSG und AVB - auf rund 2,9 Mrd. Euro beziffert. Vom nominellen Bruttoverkaufspreis von 3,21 Mrd. Euro sei nach Abzug diverser Aufwendungen letztlich nur ein Kassabestand von 136 Mio. Euro übrig geblieben, sagte Schneider, der am 24. Tag des BAWAG-Prozesses als Zeuge geladen war.
Bisher war man immer von einem Schaden von 1,44 Milliarden Euro ausgegangen.
"Gezielt belogen"
Schneider war Dienstag zweiter Zeuge
im BAWAG-Prozess. Zuvor hatte bereits der Ex-Aufsichtsrat und jetzige
bayerische Finanzminister Faltlhauser mit seiner Aussage aufhorchen lassen.
"Wir wurden gezielt belogen"
Hier nachlesen: Das sagte Faltlhauser
So errechnen sich Verluste
In der angeführten Schadenssumme ist
unter anderem auch die Rückzahlung eines AVB-Kredits an die BAWAG P.S.K. in
Höhe von 1,6 Mrd. Euro enthalten, weiters eine Garantie für das Casino
Jericho über 120 Mio. Euro, der Eigenkapitaleinschuss in die BAWAG in Höhe
von 600 Mio. Euro sowie der Verlust der BAWAG-Dividende für die Jahre 2005
und 2006 in Höhe von zusammen 50 Mio. Euro.
Verteidiger der Angeklagten bestritten im Anschluss diese Darstellung, der Schaden sei vermutlich wesentlich geringer, so die Vermutung. Es sei zu klären, ob nicht ein Teil der Forderungen auf den BAWAG-Käufer, den US-Fonds Cerberus, übergegangen sei.
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Damoklesschwert
Der ÖGB habe auch noch eine Haftung für die
BAWAG, die voraussichtlich Ende 2008 erlöschen soll, sagte Schneider. Diese
am 14. März 2006 abgegebene "Eigenkapitalverpflichtung" falle weg, wenn die
BAWAG zweimal die Kapitalhinterlegungsverpflichtungen (Tier 1) deutlich
überschreite. Schneider äußerte die Hoffnung, dass dieses "Damoklesschwert"
per 31. Dezember 2008 nicht mehr über dem ÖGB schweben werde.
In der von Schneider heute, Dienstag, präsentierten Darstellung ergab sich aus dem BAWAG-Verkauf ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 1,164 Mrd. Euro, der sich letztlich in einem Bilanzgewinn von 852 Mio. Euro niederschlug. Für den Vergleich mit den Refco-Gläubigern wurde ein Wert von 148 Mio. Euro veranschlagt. Allein aus dem "erzwungenen Verkauf" der BAWAG sei dem ÖGB ein "reiner Aufwand" von 170 Mio. Euro entstanden, sagte Schneider.
"Verdammt zum Zuschauen"
Die drei
Liechtenstein-Stiftungen mit einem gesamten Nominalwert von 670 Mio. Euro
hätten in Summe einen Verkehrswert in Höhe von lediglich 400 Mio. Euro
gehabt, sagte Schneider. Nachteilig habe auch die Währungsentwicklung
zwischen Dollar und Euro zu Buche geschlagen: Sämtliche Investitionen seien
in Dollar gewesen, seit Mai 2006 habe es aber keine Möglichkeit mehr
gegeben, die Währungsentwicklung abzusichern. Schneider: "Wir waren dazu
verdammt, dem Währungsverlust zuzuschauen".
Aufgrund des Kaufvertrags werde die Liquidität aus dem BAWAG-Verkauf verzögert eintreffen: Ein Teil im Oktober 2007, ein Teil im Juni 2008 und ein Teil erst im Juni 2022.