800 Seiten
Bawag-Urteil ist da - Abrechnung mit Elsner
13.01.2009
In der Ausfertigung des Bawag-Urteils erfährt Helmut Elsner, was Österreichs neue Justizministerin von ihm hält.
Jetzt liegt der letzte Streich der durchsetzungsstarken Richterin Claudia Bandion-Ortner vor, die am Donnerstag als Justizministerin angelobt wird: exakt 800 Seiten stark, vier Kilo schwer und spannend – die schriftliche Ausfertigung ihres Bawag-Urteils.
Bandions Bände rechnen vor allem mit dem Hauptangeklagten, Ex-Bawag-Boss Helmut Elsner (73), ab, der von ihr (nicht rechtskräftig) zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt wurde – für die Richterin die zentrale Figur im Skandal.
Psychogramm
Denn nicht nur in der Bank war sein Wort Gesetz,
auch beim Verfahren gab er sich herrisch. Und so liest sich die
Urteilsbegründung über weite Strecken wie ein Psychogramm. Zitate: „Er
duldet keinen Widerspruch. Seine Wünsche glichen Befehlen. Auch vor Gericht
näherten sich ihm frühere Mitarbeiter nur mit demutsvoll gesenktem Blick.“
Oder: „Wenn ihm gewisse Fragen nicht angenehm waren, ließ er im
Verhandlungssaal seinen Aggressionen freien Lauf.“
Verantwortung
Die Quintessenz: Elsner führte einst die Bawag wie
ein absoluter Herrscher. Daher trägt er jetzt auch die Konsequenzen für den
wahnwitzigen Spekulationsverlust (1,7 Milliarden Euro). In Spekulant
Wolfgang Flöttl sieht Bandion-Ortner indes eher einen Handlanger als einen
Komplizen: „Er war derjenige, der das Casino aufsuchte, in das ihn die
Bawag-Verantwortlichen geschickt hatten.“ Resultat: Nur zehn Monate
unbedingt. Fast alle Angeklagten haben gegen das Urteil berufen. Ein Ende
des Verfahrens ist erst 2010 in Sicht.
Elsner-Anwalt sieht "schiefe Optik"
Das nun schriftlich
ausgefertigt vorliegende Urteil im BAWAG-Strafprozess wird vom Anwalt des
Hauptangeklagten Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner kritisiert. Nach erstem Studium
des 800-seitigen Urteils orte er eine "schiefe Optik", sagte Anwalt Wolfgang
Schubert. "Die unterschiedliche Behandlung zwischen Flöttl und den
Vorständen setzt sich im Urteil konsequent fort", so Schubert. Kritik an der
vorsitzführenden BAWAG-Richterin Claudia Bandion-Ortner, die am Donnerstag
als Justizministerin angelobt wird, sei das aber nicht, denn die Richterin
könne nicht mehr entscheiden als die Staatsanwaltschaft angeklagt habe.