Der Rückgang ist zwar schlimm, aber immer noch weniger als befürchtet.
Wegen der Wirtschaftskrise ist in Österreich das Bruttoinlandsprodukt im 1. Quartal stark eingebrochen, allerdings im Jahresvergleich nicht ganz so massiv wie von Experten befürchtet und auch nicht so kräftig wie beim Haupthandelspartner Deutschland.
3,6% weniger als im Vorjahr
Im Quartalsabstand sackte die
Wirtschaftsleistung im ersten Vierteljahr um 2,8 Prozent ab, im
Jahresabstand knickte das BIP real um 3,6 Prozent ein. Diese Schätzung gab
das Wirtschaftsforschungsinstitut ab. Die Vertrauensindikatoren und einige
Sonderfaktoren würden aber auf eine Abschwächung des Abwärtstrends im
laufenden 2. Quartal hindeuten, glaubt das Wifo.
6,4% befürchtet
Experten der Bank Austria hatten zuletzt
annualisiert einen Rückgang des BIP in Österreich um 6,4 Prozent erwartet.
In Deutschland ist die Wirtschaft im 1. Quartal im Jahresabstand um 6,7
Prozent geschrumpft und gegenüber den letzten drei Monaten 2008 um 3,8
Prozent, wie ebenfalls Freitag früh bekannt wurde.
Das "grindige" Quartal
Wifo-Chef Karl Aiginger
erwartet für das 2. Quartal einen deutlich geringeren Rückgang des BIP: "Wir
sehen auch grüne Sprossen, bei den Sportartikeln, den Autokäufen im April.
Aber wir wissen, grüne Sprossen können durch die Eisheiligen oder die
Schafskälte noch einmal eingefroren werden." Zur
Wirtschaftsentwicklung im ersten Vierteljahr meinte er, es sei "also
wirklich das grindige Quartal geworden, das wir erwartet haben".
Wetter, Ostern, späte Schrottprämie
Laut Aiginger war
die Entwicklung durch einige Sonderfaktoren verstärkt: durch das Wetter, die
frühen Ostern, die Auto-Verschrottungsprämien erst ab April - was dazu
geführt habe, dass die Autoverkäufe im März stark zurückgegangen seien - und
die Tatsache, dass die Steuerauszahlungen aus der Steuerreform statt wie
geplant im Jänner erst im Mai erfolgt seien.
Es gebe zwar noch einen "Österreich-Bonus", meint Aiginger, den müsse man aber "schon deutlich suchen - er ist kleiner geworden". Die Konjunkturpakete, die es bereits gibt, müssten schneller und entschlossener durchgeführt werden, als es derzeit der Fall sei.
"Krisenfestigkeit" als neues Ziel
Es gebe keine
abrufbaren Projekte der öffentlichen Hand, die man beim Ausbruch einer Krise
mobilisieren könnte, kritisiert der Wifo-Chef. Die Krisenfestigkeit sollte
zwar nicht unbedingt ein neues wirtschaftspolitisches Ziel sein, aber in die
Wachstums- und Beschäftigungsstrategie eingebaut werden.
Die Maßnahme gibt's nicht
"Es gibt auch keinen
'Goldenen Schuss', keine 'eine Maßnahme', sondern es sind eben viele
Maßnahmenbereiche, an denen man arbeiten kann, die im Prinzip alle
Wachstums- und Beschäftigung forcieren, und versuchen, es gleichzeitig noch
stabiler zu machen, und einen regulatorischen Rahmen hat, der sich den
Möglichkeiten großer Schwankung Rechnung widmet", so Aiginger.
Der Wifo-Chef skizzierte fünf Handlungsfelder: krisenfestere Strukturen, Erhöhung des Wachstumspfades, Orientierung an längerfristigen Zielen und Indikatoren, Vermeidung von zyklenverstärkenden Faktoren und Verbesserungen der Institutionen für den Fall des Eintrittes einer Krise.
Das europäische und österreichische sozioökonomische Modell biete Grundlagen für eine relativ krisenfestere Struktur. Allerdings müsse man es vermeiden, bestehende Strukturen zu versteinern. "Wir sehen viele Anzeichen, dass das der Fall ist, wenn man zum Beispiel die Diskussionen im Bildungssektor und im Gesundheitsbereich hernimmt", so Aiginger.
"Nicht weniger Wandel, sondern stärkere Anpassung von Firmen und Institutionen an zukünftige Strukturen und offene Strukturen bringen mehr Krisensicherheit", so Aiginger.