Post-Chef Jettmar fürchtet eine Unfinanzierbarkeit ab 2011 - Durch die Liberalisierung könnte das Unternehmen zum Zuschussempfänger werden.
Nach der vollständigen Liberalisierung des Postmarktes ab 1. Jänner 2011 und der Abschaffung des Postmonopols für Briefe bis 50 Gramm könnte die flächendeckende Versorgung mit Postdiensten in ganz Österreich unfinanzierbar werden, falls die Kosten dieses Universaldienstes alleine von der Post AG getragen werden müssen. Das geplante neue Postmarktgesetz müsse für eine gerechte Aufteilung dieser Kosten unter allen Mitbewerbern sorgen, fordert Postchef Rudolf Jettmar - sonst könnte es passieren, dass die Post, die dem Staat bisher jährlich etwa 100 Mio. Euro an Dividenden und Körperschaftssteuer abliefert, künftig zum Zuschussempfänger wird.
Die Post AG, deren Marktkapitalisierung derzeit rund 1,34 Mrd. Euro betrage, würde in diesem Fall "erheblich" an Wert verlieren, warnte Jettmar, der im Oktober vom Telekom-Manager Georg Pölzl abgelöst wird. Die genaue Höhe der Kosten des Universaldienstes will Jettmar "erst nennen, wenn wir uns mit der Regulierungsbehörde verständigt haben".
Rosinenpicker
Sinn des Postmonopols, das auf Geheiß der EU fallen
muss, sei es gewesen, der Post einen finanziellen Ausgleich für die ihr
auferlegten Pflichten aus dem Universaldienst zu sichern, so Jettmar. Die
profitable Versorgung der Ballungsgebiete habe die dreimal so teure
Versorgung der dünn besiedelten ländlichen Gebiete subventioniert. Nach der
Abschaffung des Monopols würden private Mitbewerber die Versorgung
unrentabler Gebiete der Post überlassen und sich selbst nur die Rosinen
herauspicken, prophezeit Jettmar. Und diese Mitbewerber wären die
Tochterunternehmen der ehemaligen Briefmonopolisten aus Deutschland,
Frankreich, Großbritannien und Holland mit einer fünf- bis zehnmal so großen
Wirtschaftskraft wie die österreichische Post.
Markt schrumpft
Die der Liberalisierung der Postmärkte zu Grunde
liegende Annahme wachsender Postmärkte sei zudem obsolet, meint der
Postchef. Der Postmarkt-Kuchen schrumpfe in Wahrheit weltweit um bis zu 10
Prozent pro Jahr. So sei der Umsatz der Division Brief der Post im 1.
Quartal um 4,6 Prozent zurückgegangen.
Teure Pflicht
Eine Aufteilung der Kosten der auch künftig
bestehenden Universaldienst-Verpflichtung der Post nach dem Umsatz der
einzelnen Mitbewerber wäre nach Ansicht Jettmars unfair. Die Post werde
weiterhin einen Marktanteil von 80 bis 90 Prozent haben, "es werden ihr also
die Kosten des eigenen Universaldienstes auferlegt". Sinnvoller wäre daher
eine "Aufteilung nach Köpfen". Da mögliche Mitbewerber keine
Universaldienst-Verpflichtung hätten, müsse diese außerdem möglichst eng
definiert werden, fordert der Postchef. Die Post dürfe nicht auch
Mitbewerbern gegenüber eine solche Verpflichtung haben.
Beamte zur Polizei
Ein zweiter "Mühlstein" um den Hals der Post
sind laut Jettmar ihre beamteten Mitarbeiter - mehr als die Hälfte der
Beschäftigten. Das Poststrukturgesetz 1996 legt fest, dass die Post diese
Mitarbeiter nicht an ihren dienstrechtlichen Dienstgeber Bund zurückgeben
kann, wenn sie in der Post - etwa bei einem Verlust von Marktanteilen -
nicht mehr benötigt werden. "Das ist wie ein Leasing-Vertrag ohne
Rückgaberecht." Die Idee, Postbeamte zu Polizisten zu machen, gefällt dem
Postchef. "Der Gedanke ist richtig." Es gebe Bedarf an bis zu 1.500 Leuten,
die nicht in eine Agentur kommen, sondern direkt vom Innenministerium
übernommen würden. Bei der Post gebe es derzeit 23.000 Vollzeitkräfte.
Filialen vorgegeben
Der Entwurf zum neuen Postmarktgesetz sieht
weiters vor, dass die Post zur flächendeckenden Versorgung mit Postdiensten
überall in Österreich an fünf Werktagen pro Woche 1.650 Postgeschäftsstellen
zu betreiben hat. Das sei soweit in Ordnung, räumt Jettmar ein. Allerdings
sei die Post seit 2006 an der Börse gelistet und somit - obwohl mehrheitlich
im Eigentum der ÖIAG - ein privates Unternehmen. Es müsse ihr daher die
Entscheidung, wie sie die postalische Versorgung sicherstelle, selbst
überlassen werden, also auch, selbst betriebene Postämter durch
"Post.Partner" zu ersetzen.
Brieffächer austauschen
Auch der Austausch der
Hausbrieffachanlagen ist Jettmar ein Dorn im Auge, weil laut dem
vorliegenden Entwurf zum Postmarktgesetz die Post die Umrüstung selbst
finanzieren soll. Immerhin würden die Kosten der Umrüstung 40 bis 60 Mio.
Euro betragen. Eine Umrüstung ist für Jettmar nur vorstellbar, wenn es dafür
eine Übergangsfrist bis Ende 2012 gibt und wenn die Kosten dafür je zur
Hälfte nach der Anzahl der Betreiber von konzessionierten Postdiensten und
nach Umsatzanteilen aufgeteilt werden.
Der von verschiedenen Seiten geforderte Teilleistungszugang für Mitbewerber zu Betriebseinrichtungen der Post ist nach Ansicht des Postchefs "logistisch nicht möglich". Das "Netz" der Post bestehe nämlich hauptsächlich aus ihren Mitarbeitern - darunter 11.000 Briefträger - und sei etwa mit dem Netz der Telekommunikation nicht vergleichbar.
"Die Universaldienst-Verpflichtung ist eine Spielregel, die wir erfüllen werden - wenn wir dazu wirtschaftlich in der Lage sind", stellt Jettmar klar. Sollte auch nur einer der von ihm genannten Punkte im Postmarktgesetz zum Nachteil der Post geregelt werden, "dann wird es zu Versorgungsengpässen kommen".