Rechtfertigung
Chiquita wollte mit Schutzgeld Leben schützen
15.11.2007
Der US-Bananenkonzern sieht sich einer Sammelklage von 400 kolumbianischen Familien ausgesetzt.
Vor dem Hintergrund einer neuerlichen Sammelklage gegen den US-Bananenkonzern Chiquita weist das Unternehmen in einer Aussendung vom Freitag "die von den betreffenden Anwälten erhobenen Anschuldigungen zurück". Knapp 400 kolumbianische Familien fordern in New York Schadenersatz in Milliardenhöhe, weil Chiquita die ultrarechten Vereinigten Selbstverteidigungsgruppen Kolumbiens (AUC) finanziell unterstützte. Damit sei es mitverantwortlich für Folter und Tod.
Nur ein Zweck: Leben schützen
"Die von Chiquita ergriffenen
Maßnahmen erfüllen nur einen einzigen Zweck. Das Leben unserer Angestellten
und ihrer Familien zu schützen", rechtfertigte sich der Obstproduzent. Weder
Regierung noch Militär seien in den 90er Jahren in der Lage gewesen, die
kolumbianische Bevölkerung zu schützen. Hunderte Angriffe "durch links- und
rechtsgerichtete Gruppierungen" seien dokumentiert.
Zweite Klage
Laut Klageschrift wird Schadenersatz für
"Terrorismus, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Folter
und unrechtmäßigen Tod" gefordert. Die AUC habe Angehörige der Kläger
gefoltert und getötet. Bereits im September hatte eine ähnliche Sammelklage
vor einem Gericht in Washington (New Jersey) Erfolg. Die Richterin stimmte
einer Vereinbarung zu, die das Unternehmen im April mit dem
US-Justizministerium getroffen hatte. Darin erklärt sich der Konzern zu
einer Geldstrafe von 25 Millionen Dollar (18 Mio. Euro) bereit.
1,7 Millionen Dollar an Schutzgeld
Nach Angaben des
US-Justizministerium waren zwischen 1997 und 2004 mehr als 1,7 Millionen
Dollar (rund 1,2 Mio. Euro) mit Kenntnis der Firmenzentrale in Cincinnati
(US-Bundesstaat Ohio) an die AUC geflossen. Geschäfte mit der AUC, die auf
der US-Terrorliste stehen, sind in den USA verboten.
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Chiquita verweist auf den freiwilligen Bericht des Sachverhalts an das US-Justizministerium. Dieses habe in einem Bericht auch festgestellt, dass der Anführer der AUC "eine unausgesprochene, jedoch klare Botschaft überbrachte, dass die Nichterfüllung der Zahlungen zu körperlichem oder materiellem Schaden bei der Belegschaft und am Eigentum von Banadex (ehemalige kolumbianische Tochterfirma des US-Konzerns) führen könnte."
Kritk am Urteil in Kolumbien
In Kolumbien gingen nach dem Urteil
von September die Wogen hoch. Damit komme Chiquita billig davon, erregte
sich etwa der kolumbianische Innenminister Carlos Holguin, er fühle sich vom
Justizsystem der USA getäuscht. Menschenrechtsgruppen verlangten, dass
Chiquita alle Geschäfte in Kolumbien untersagt werden sollten.
Eine der brutalsten Gruppen des Landes
Die AUC-Milizen galten bis
zu ihrer offiziellen Entwaffnung vor vier Jahren als eine der brutalsten
Gruppen des Landes. Ihre Mitglieder begangen im Kampf gegen linksorientierte
Rebellen Massaker mit Hunderten Toten an der Bevölkerung. Der bewaffnete
Konflikt in Kolumbien hält seit vier Jahrzehnten an und ist nach wie vor
einer der blutigsten Konflikte in Lateinamerika.