Übernahmekampf
Conti-Aufsichtsrat geht auf Distanz zu Vorstand
22.07.2008
Conti-Aufsichtsrat-Chef Grünberg warnt vor einem "Kampf um jeden Preis". Der Betriebsrat ist offen für deutsche Investoren.
Im Übernahmekampf um den Autozulieferer Continental ist Conti-Aufsichtsratschef Hubertus von Grünberg auf Distanz zu Vorstandschef Manfred Wennemer gegangen. Kurz vor einer Krisensitzung des Aufsichtsrats an diesem Mittwoch in Hannover warnte von Grünberg vor einem "Kampf um jeden Preis". Es sei "Vernunft angesagt", sagte von Grünberg dem "manager magazin".
Unterstützung von Führungskräften
Die große Frage
sei, für wie sicher man einen Erfolg der Schaeffler-Gruppe halte, die für
Conti ein Übernahmeangebot vorgelegt hat. "Wenn die Übernahme
wahrscheinlich ist, dann bevorzuge ich, dass wir keine verbrannte Erde
hinterlassen." Mit Spannung wird erwartet, ob der Aufsichtsrat den Kurs
des Vorstands unterstützt, der das Übernahmeangebot strikt ablehnt.
Unterstützung bekam Wennemer von den Conti-Führungskräften.
Von Grünberg sagte, für eine Zerschlagung der Continental AG stehe er nicht zur Verfügung. Schaeffler sichere aber zu, Conti nicht zerschlagen zu wollen. "Schaeffler will das sogar vertraglich garantieren." Zudem sagte von Grünberg, er könne sich "besonders im Autoteilegeschäft Finanzierungsformen außerhalb der börsennotierten Aktiengesellschaft gut vorstellen".
Betriebsrat offen für Investoren
Auch der Betriebsrat hat
Offenheit für eine Zusammenarbeit mit dem Übernahmeinteressenten Schaeffler
signalisiert. "Wir haben nichts gegen deutsche Investoren einzuwenden,
solange sie die Grundsätze der sozialen Marktwirtschaft einhalten",
heißt es in einem am Dienstag veröffentlichten Briefes des
Conti-Gesamtbetriebsrats an die Schaeffler-Gruppe. Es müssten aber
langfristige Perspektiven für die Conti-Standorte sowie Zusagen für
Arbeitsplätze gemacht werden. Der Konzern dürfe zudem nicht zerschlagen
werden.
Aufsichtsratsmitglied Michael Deister sagte: "Ich gehe davon aus, dass die Zusammenarbeit mit Schaeffler kommt." Die Gesamtbetriebsratsvorsitzende Bärbel Bruns erklärte: "Dass es zwischen dem Aufsichtsratschef und dem Vorstand verschiedene Auffassungen existieren, ist nicht gerade förderlich."
Schaeffler will baldige Gespräche
Nach dem Signal des
Conti-Betriebsrats, offen für eine Zusammenarbeit zu sein, schlug Schaeffler
vor, "zeitnah das Gespräch aufzunehmen". Schaeffler
bekräftigte erneut seine Zusagen: "Continental soll als Ganzes bestehen
bleiben, auch mit Bezug auf das Reifengeschäft." Zu einer Verlagerung oder
einem Abbau von Arbeitsplätzen werde es nicht kommen.
Misstrauischer Vorstand
Dagegen ist der Vorstand wesentlich
misstrauischer gegenüber der Schaeffler-Gruppe. Bei einem erfolgreichen
Vorstoß von Schaeffler drohe eine Zerschlagung von Conti, ein Verkauf der
Reifensparte und die Gefährdung von Jobs, hieß es. "Wir
werden die Unabhängigkeit dieses Unternehmens verteidigen und dafür kämpfen."
Der angebotene Preis - Schaeffler bietet 70,12 Euro pro Aktie - ist aus
Sicht des Conti-Vorstands deutlich zu niedrig. Medienberichten zufolge
lehnen deshalb auch große Aktionäre das Angebot ab. Branchen-Analysten
halten einen Preis zwischen 80 und 100 Euro für gerechtfertigt.
Von Grünberg sagte dem "manager magazin", er und Wennemer müssten die Angemessenheit des Schaeffler-Angebots sorgfältig prüfen. Die Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und Wennemer seien dabei nicht grundlegend. Conti müsse sich so schnell wie möglich wieder auf operative Aufgaben konzentrieren. Die Situation sei angesichts der Kostenexplosion bei den Rohmaterialien, der Krise der US-Autobauer und der Integration von Siemens VDO schwer genug. "Ein derartiges Übernahmeangebot lenkt den Vorstand zu sehr ab", sagte von Grünberg.
Unvorhersehbarer "Angriff"
Der Verdacht, er sei bei
dem Übernahmeversuch der "Architekt im Hintergrund" gewesen,
sei falsch. "Ich schätze Frau Schaeffler, ich weiß, dass sie ehrgeizig
ist", sagte von Grünberg. "Aber der Angriff auf Conti war
nicht vorhersehbar." Im Falle eines Erfolgs werde
Schaeffler-Eigentümerin Maria-Elisabeth Schaeffler vermutlich Anspruch auf
den Posten des Conti-Aufsichtsratsvorsitzenden erheben. Als Kandidat für die
Spitze des Schaeffler-Beirats sehe er sich nicht, sagte von Grünberg.
Nach Beratungen des Conti-Aufsichtsrats in der vergangenen Woche hatten Medien berichtet, von Grünberg habe Sympathie für Schaefflers Übernahmeplan erkennen lassen. Von Grünberg gehörte bei der Schaeffler-Gruppe bis vor wenigen Jahren zum Beirat. Zudem kennt er Schaeffler-Geschäftsführer Jürgen Geißinger noch aus gemeinsamen Zeiten beim Zulieferer Teves, den später Conti geschluckt hatte.
30 vs 20 Prozent
Schaeffler will eigenen Angaben zufolge mehr
als 30 Prozent der Conti-Anteile übernehmen. Der Conti-Vorstand ist aber nur
zu einer Beteiligung von 20 Prozent bereit, was wiederum Schaeffler ablehnt.
Schaeffler hat direkt und über sogenannte Swap-Geschäfte bereits Zugriff auf
ein Aktienpaket von rund 36 Prozent, falls die an dem Deal beteiligten
Banken bis zum Ende mitspielen. Damit hätte Schaeffler wegen der geringen
Präsenz auf Hauptversammlungen faktisch das Sagen bei der Conti. Wennemer
hatte das Vorgehen Schaefflers als rechtswidrig bezeichnet.
Die Conti-Führungskräfte lehnten am Dienstag das Übernahmeangebot von Schaeffler ab. "Wir haben einfach kein Vertrauen", sagte der Sprecher der leitenden Angestellten, Thorsten Reese, der dpa. Die Führungskräfte glaubten den Zusicherungen Schaefflers nicht, Conti werde im Falle einer Übernahme nicht zerschlagen und bleibe ein eigenständiger Konzern mit Sitz in Hannover. "Die können uns das Blaue vom Himmel versprechen", sagte Conti-Aufsichtsratsmitglied Reese.
Rascher Entscheid
Unterdessen will die Finanzaufsicht BaFin
einem Zeitungsbericht zufolge rasch über die geplante Übernahme entscheiden.
Laut "Financial Times Deutschland" signalisierte die Behörde, dass
sie die umstrittenen Swap-Geschäfte von Schaeffler nicht untersagen wolle.