Die Übernahme Contis durch die Schaeffler-Gruppe ist offenbar nur eine Frage des Preises. Der Aufsichtsrat holt aber Hilfe im Übernahmekampf.
Nach der zunächst brüsken Ablehnung des Offerts ist Conti nun gesprächsbereit - was das fränkische Familienunternehmen Schaeffler mit Wohlwollen zur Kenntnis nimmt. Conti-Chef Manfred Wennemer hat die Forderung auf mehr Geld oder eine "akzeptable" Beteiligungsquote des übernahmehungrigen Wälzlagerspezialisten beschränkt. Letzteres kommt aus Sicht von Branchenexperten für Schaeffler nicht infrage. Deshalb wird am Markt fest mit einer Erhöhung des Offerts gerechnet. Die Conti-Aktie verharrte mit 72,50 Euro über den von Schaeffler in Aussicht gestellten 70,12 Euro je Aktie.
Wennemers Äußerungen nach der von Chefaufseher Hubertus von Grünberg als "Schicksalsstunde" bezeichneten Aufsichtsratssitzung am Mittwoch klangen weichgespült. Hatte er vor einer Woche Schaeffler noch als "egoistisch, selbstherrlich und verantwortungslos" gegeißelt, erklärte er am Mittwoch: "eine Einigung ist sehr erstrebenswert."
Sinnlose Fundamentalopposition
Damit folgte der Konzernchef nur
dem von Aufsichtsräten der Kapital- und der Arbeitnehmerseite vorgegebenen
Weg. Sie haben das Management zwar beauftragt, Abwehrmaßnahmen
vorzubereiten. Zu den Optionen gehört neben juristischen Mitteln unter
anderem die Suche nach einem "weißen Ritter" oder eine
Kapitalerhöhung, die den Deal verteuern würde. Doch sieht der Aufsichtsrat
keinen Sinn in einer Fundamentalopposition gegen Schaeffler.
Die Franken sitzen am längeren Hebel. Sie haben Zugriff auf ein großes Aktienpaket und könnten vorerst mit gut 30 Prozent leben. Conti muss entweder den Befreiungsschlag schaffen oder versuchen, sich mit Schaeffler zu arrangieren. Dass auch Schaeffler - wie gebetsmühlenhaft betont - tatsächlich an einer freundschaftlichen Lösung interessiert sein dürfte, hängt auch mit den Kunden zusammen. Hauptabnehmer Volkswagen hat ebenso vor einer Schlammschlacht gewarnt wie Opel.
Hilfe im Übernahmekampf
Der Aufsichtsrat des Autozulieferers
hat aber einem Zeitungsbericht zufolge die US-Investmentbank Perella
Weinberg als Berater im Übernahmekampf mit der Schaeffler-Gruppe mandatiert.
Dies berichtete die "Financial Times Deutschland" (Freitagsausgabe) unter
Berufung auf Finanzkreise.
Zuvor war bekannt geworden, dass auch der Vorstand von Conti seine Beratermannschaft weiter verstärkt. Neben Goldman Sachs solle Finanzkreisen zufolge nun auch die US-Investmentbank JP Morgan die Verteidigungsstrategie des Konzerns vorantreiben, hieß es in dem Bericht weiter. In den kommenden Tagen könnten weitere beratende Investmentbanken hinzukommen.
Aufstockung des Angebots
In die Verhandlungen will Conti Kreisen
zufolge zunächst ohne konkretes Preisziel gehen. In der Aufsichtsratssitzung
sei nur ein Brief des zu den zehn größten Conti-Aktionären zählenden
Investors Perry Capital besprochen, der mindestens 115 Euro je Aktie
fordert. Nach Ansicht von Analysten wird Schaeffler sein Offert auf 75 bis
100 Euro aufstocken.
Derweil schieben sich beide Parteien dem Schwarzen Peter zu, wer nun am Zug sei. Beide fordern von der jeweils anderen Seite eine "Konkretisierung" ihrer Pläne. Schaeffler will offenbar in Erfahrung zu bringen, was Conti als "angemessen" in Bezug auf den Preis und die Beteiligung erwartet. Conti wird wohl wissen wollen, was genau Schaeffler plant. Themen wie Standorte und Arbeitsplätze dürften auch im Mittelpunkt von Gesprächen stehen, die die Schaeffler-Spitze mit dem Conti-Betriebsrat führen will.
40 Prozent der Aktien
Conti-Chef Wennemer hatte zunächst eine
Beteiligung von 20 Prozent als akzeptabel bezeichnet, diese Zahl aber am
Mittwoch nicht wiederholt. Mit einem Anteil, der keinen Durchgriff auf Conti
ermöglicht, ließe sich für Schaeffler die Vision einer Kombination des
Autozuliefergeschäfts beider Firmen und des Verkaufs der wachstumsschwachen
Bereiche nicht durchsetzen, wendet Credit-Suisse-Analyst Arndt Ellinghorst
ein. "Eine Zahl wie 24,9 Prozent kann höchstens ein Zwischenschritt sein",
sagt Christian Müller von Global Insight. "Langfristig werden sie
über 40 Prozent wollen." Über Wertpapiergeschäfte kann Schaeffler
schon jetzt auf 36 Prozent der Conti-Aktien kommen.
Vorstandschef Wennemer hat nun Argumente nachgelegt, warum die Franken sich mit einem geringeren Anteil begnügen sollten. Es koste Conti Geld, wenn sich ein Investor mit über 25 Prozent einkaufe, sagte er. Dann steige die Steuerlast - etwa durch geringere Abschreibungsmöglichkeiten. Sollte Schaeffler auf mehr als 50 Prozent kommen, hätten die Conti-Banken das Recht, die Konditionen der Kredite für die Übernahme von VDO neu zu verhandeln. Da die Zinsen inzwischen um zwei Prozentpunkte gestiegen sind, ergäben sich daraus Mehrkosten von mindestens 200 Mio. Euro im Jahr.