Nur 25 Seiten

Das geheime Meinl-Gutachten

09.05.2009

Das Vorgutachten des Sachverständigen Thomas Havranek zur Strafsache Julius Meinl sorgt in Justizkreisen für Erstaunen. Viele Passagen sind nicht nachvollziehbar.

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© Reuters
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Der Umfang des Vorgutachtens beläuft sich auf gerade einmal 25 Seiten. Für die Staatsanwaltschaft war es aber ausreichend Anlass, um Julius Meinl V. zu verhaften und anschließend eine Rekord-Kaution von 100 Millionen Euro zu verlangen.

Hunderttausende Euro Kosten
Das Vorgutachten zur Strafsache 608 ST 1/08w Julius Meinl wurde ÖSTERREICH aus Justizkreisen zugespielt. Die Vorwürfe sind teilweise extrem oberflächlich, nicht haltbar oder gleich falsch. Involvierte Justizexperten sind über die Qualität des möglicherweise Hunderttausende Euro teuren Gutachtens höchst erstaunt. Die Meinl Bank hatte zuvor sogar einen Ablehnungsantrag gegen Havranek eingebracht – unter anderem wegen mangelnder Qualifikation. Havranek ist als Gerichtsgutachter eigentlich nicht für kapitalmarktrechtliche Fragen zugelassen.

Falsche Tochter
Um die Verquickung von Meinl Bank und MEL – die von Meinl immer strikt in Abrede gestellt wurde – darzustellen, heißt es im Gutachten etwa: „Die MERE ist wie gesagt eine 100 %ige Tochter der MEL.“ Die MERE (Managementgesellschaft der MEL) war allerdings eine Tochter der Meinl Bank.

3 Vorwürfe
Julius Meinl werden drei Kernpunkte vorgeworfen, die er alle bestreitet. Er sei in Wahrheit Drahtzieher hinter allen Aktivitäten der Meinl European Land (MEL) gewesen. Er habe die Anleger massiv geschädigt. Konkret sollen MEL-Zertifikate zu einem überhöhten Preis rückgekauft worden sein, der Schaden soll 1,8 Milliarden Euro betragen (Verdacht der Untreue).

Ohne Beweis
Die Werbung für die MEL-Papiere sei irreführend und die kassierten Gebühren (Verdacht der Provisionsschinderei) zu hoch gewesen. Es sei davon auszugehen, „dass die gesamte Meinl Gruppe inkl. MEL von einer Person geleitet und bestimmt wurde: Julius Meinl V.“. Dieser Satz war für die Staatsanwaltschaft ein Grund, um Meinl einzusperren. Einen Nachweis für diese Behauptung bleibt Havranek allerdings schuldig.

Heiterkeit
Der Vorwurf der „Provisionsschinderei“ fußt ebenfalls auf dem Vorgutachten. Havranek beruft sich auf einen Report der Investmentbank Morgan Stanley. Darin wurden, so steht es im Gutachten, 27 Immobilienunternehmen analysiert. Um den Vorwurf der Provisionsschinderei zu belegen, hat Havranek „für Vergleichszwecke neun Unternehmen (inkl. MEL) willkürlich ausgewählt“.

Alleine die Tatsache, dass „willkürlich“ noch explizit erwähnt wird, sorgt in involvierten Juristenkreisen für Lacher. Die Meinl Bank selbst weist darauf hin, dass die Gebührenstruktur transparent gewesen sei und komplett internationalen Standards entsprochen habe.

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