Knapp dreieinhalb Jahre war Martin Huber Vorstand der ÖBB-Holding. In Folgendem die Ära Huber im Rückblick.
1. November 2004
Der damals 44-jährige Porr-Manager Martin
Huber ist neuer ÖBB-Holding-Vorstand und folgt damit an der Bahn-Spitze dem
Deutschen Rüdiger vorm Walde nach. Die Bestellung wird von heftigem Protest
von SPÖ und den Grünen begleitet, sie werfen der ÖVP/FPÖ-Regierung
Postenschacher vor. Huber war Mitglied der ÖVP und damit der erste
"schwarze" Chef der "roten" Bahn seit rund dreißig Jahren.
1. Jänner 2005
Die Bahn-Reform wird schlagend. Die ÖBB
werden unter dem Dach der Holding in vier operative Aktiengesellschaften,
Personen- und Güterverkehr sowie Infrastruktur Bau und Betrieb geteilt.
29. April 2005
Der neue Bahn-Vorstand präsentiert seine Ziele:
Er will bis 2010 "unter die Top-Bahnen Europas". Gleichzeitig soll beim
Personal kräftig gespart werden - unter anderem mit einem Golden
Handshake-Programm, aber auch mit Frühpensionierungen. Das ursprüngliche
Ziel, die Reduktion des Personalstands auf 40.000 Mitarbeiter bis Ende 2008,
erreichen die ÖBB nicht. Dennoch sinkt der Stand um rund 9.000 Mitarbeiter.
16. Juni 2005
Der Vorstand legt seine neue Standortstrategie
vor. Ein Großteil der insgesamt 23 Bürostandorte in Wien wird aufgelassen
und die Verwaltung bis 2010 auf vier neue Standorte konzentriert.
8. Februar 2006
Die ÖBB-Tochter Rail Cargo wird als Bestbieter
für den Kauf der slowakischen Gütereisenbahn ausgewählt. Nach einem
Regierungswechsel wird die Privatisierung jedoch gestoppt.
24. Februar 2006
Die ÖBB bestellen neue Fernreisezüge Marke
"Railjet".
Juni 2006
Huber macht sich für einen Börsengang stark und erntet
damit Zustimmung von der ÖVP und harsche Kritik von Opposition und
Gewerkschaft. Die Verhandlungen über ein neues ÖBB-Dienstrecht gehen in die
Zielgerade.
6. Juli 2006
Ein Streit zwischen Huber und
Personenverkehrschefin Wilhelmine Goldmann eskaliert. Goldmann wird
vorgeworfen, Büroressourcen für einen privaten Opernverein eingesetzt zu
haben. Es tauchen die ersten Meldungen auf, dass die Ehefrau von Huber einen
dubiosen Immobiliendeal im Umfeld der Bahn getätigt habe. Für Goldmann endet
die Angelegenheit mit einer Verwarnung durch den Aufsichtsrat.
10. August 2006
In Medien wird bekannt, dass Huber aus Protest
gegen negative Berichterstattung über Differenzen mit Goldmann vier
heimischen Tageszeitungen die Inserate der Bahn gestrichen hat. Der Entzug
der Anzeigen sorgt für heftigen Wirbel. Zwei Monate später zieht Huber den
Boykott zurück.
15. August 2006
Die ÖBB legen ein Einsparungskonzept für den
Regionalverkehr vor. 15 Nebenbahn sollen durch Busse ersetzt werden.
6. Dezember 2006
Nach eine Affäre um nicht autorisierte Aufträge
an eine Gesundheitsfirma, Baugeschäfte aus dem Iran und den Ankauf eines
Waggon-Scanners aus China kündigen die ÖBB den Vorstandsdirektor
ÖBB-Infrastruktur Bau AG, Alfred Zimmermann. Nach einem zähen Rechtsstreit
schließen die ÖBB ein Jahr später schließlich mit Zimmermann einen
kostspieligen Vergleich.
24. Mai 2007
Verkehrsminister Werner Faymann (S) holt
Ex-Porr-Chef Horst Pöchhacker als ÖBB-Aufsichtsratschef und kündigt eine
neuerliche Reform der Bahnreform an.
27. Juni 2007
ÖBB-Personenverkehrschefin Goldmann tritt
schließlich zurück - wegen "Auffassungsunterschieden über die zukünftige
Ausrichtung des Nahverkehrs".
16. November 2007
Die Holding wird wieder aufgewertet. Gustav
Poschalko und Peter Klugar ziehen in die ÖBB-Chefetage ein.
23. November 2007
Huber gerät wegen eines Immobiliendeals seiner
Gattin immer mehr unter Beschuss. Der Aufsichtsrat veranlasst eine Prüfung.
6. Dezember 2007
Hunderte Mio. Euro schwere Finanzspekulationen
mit sogenannten Collateralized Debt Obligations (CDOs) werden bekannt.
Aufgrund der weltweiten Finanzmarktkrise müssen die ÖBB dafür Mio. Euro
rückstellen und für die Bilanz 2007 kräftig ihre Reserven anzapfen. In der
Woche darauf beschließt der ÖBB-Aufsichtsrat die Prüfung der
Spekulationsgeschäfte.
27. Dezember 2007
Der Rechnungshof nimmt die ÖBB-Vorstandsgagen
ins Visier. Nach der Bahnreform zählten die Prüfer 2006 bei den
ÖBB-Gesellschaften 15 Spitzenmanager, die mehr als der Kanzler kassieren.
Die Chefetage der Bahn (ÖBB Holding) kassierte 2006 im Schnitt mit 553.000
Euro im Jahr beinahe doppelt so viel wie der Kanzler.
2. Jänner 2008
Die ÖBB fixieren den Kauf der ungarischer
MAV Cargo um 400 Mio. Euro. Ein Beraterauftrag an ein Unternehmen in
Budapest sorgt nachher für Wirbel.
7. März 2008
Ein Rohbericht des Rechnungshofs über die
ÖBB-Immobilienverkäufe gelangt an die Öffentlichkeit. Die Rede ist von
fehlenden Wirtschaftlichkeitsberechnungen, eingeschränkten
Interessentensuchen, fehlender Transparenz bei der Auswahl der Investoren,
einer Ungleichbehandlung von Bietern sowie von externen Gutachten mit
unschlüssigen Bewertungsansätzen.
18. März 2008
ÖBB-Personenverkehrsvorstand Stefan Wehinger
tritt auf eigenen Wunsch vorzeitig zurück.
21. April 2008
Nach wochenlangen Debatten kündigt ÖBB-Chef Huber
endgültig seinen Rücktritt an - offizielle Begründung: Unterschiedliche
Vorstellungen über die künftige Restrukturierung der Bahn.
22. April 2008
Der Aufsichtsrat entscheidet über die personelle
Weichenstellungen in der ÖBB-Holding. Neben Huber dürften auch Poschalko und
womöglich auch Finanzchef Erich Söllinger ihr Amt zurücklegen. Neuer starker
Mann und voraussichtlich Vorstandssprecher soll Peter Klugar werden.