Chronologie

Das war ÖBB-Chef Hubers Amtszeit

22.04.2008

Knapp dreieinhalb Jahre war Martin Huber Vorstand der ÖBB-Holding. In Folgendem die Ära Huber im Rückblick.

Zur Vollversion des Artikels
© APA/HERBERT PFARRHOFER
Zur Vollversion des Artikels

1. November 2004
Der damals 44-jährige Porr-Manager Martin Huber ist neuer ÖBB-Holding-Vorstand und folgt damit an der Bahn-Spitze dem Deutschen Rüdiger vorm Walde nach. Die Bestellung wird von heftigem Protest von SPÖ und den Grünen begleitet, sie werfen der ÖVP/FPÖ-Regierung Postenschacher vor. Huber war Mitglied der ÖVP und damit der erste "schwarze" Chef der "roten" Bahn seit rund dreißig Jahren.

1. Jänner 2005
Die Bahn-Reform wird schlagend. Die ÖBB werden unter dem Dach der Holding in vier operative Aktiengesellschaften, Personen- und Güterverkehr sowie Infrastruktur Bau und Betrieb geteilt.

29. April 2005
Der neue Bahn-Vorstand präsentiert seine Ziele: Er will bis 2010 "unter die Top-Bahnen Europas". Gleichzeitig soll beim Personal kräftig gespart werden - unter anderem mit einem Golden Handshake-Programm, aber auch mit Frühpensionierungen. Das ursprüngliche Ziel, die Reduktion des Personalstands auf 40.000 Mitarbeiter bis Ende 2008, erreichen die ÖBB nicht. Dennoch sinkt der Stand um rund 9.000 Mitarbeiter.

16. Juni 2005
Der Vorstand legt seine neue Standortstrategie vor. Ein Großteil der insgesamt 23 Bürostandorte in Wien wird aufgelassen und die Verwaltung bis 2010 auf vier neue Standorte konzentriert.

8. Februar 2006
Die ÖBB-Tochter Rail Cargo wird als Bestbieter für den Kauf der slowakischen Gütereisenbahn ausgewählt. Nach einem Regierungswechsel wird die Privatisierung jedoch gestoppt.

24. Februar 2006
Die ÖBB bestellen neue Fernreisezüge Marke "Railjet".

Juni 2006
Huber macht sich für einen Börsengang stark und erntet damit Zustimmung von der ÖVP und harsche Kritik von Opposition und Gewerkschaft. Die Verhandlungen über ein neues ÖBB-Dienstrecht gehen in die Zielgerade.

6. Juli 2006
Ein Streit zwischen Huber und Personenverkehrschefin Wilhelmine Goldmann eskaliert. Goldmann wird vorgeworfen, Büroressourcen für einen privaten Opernverein eingesetzt zu haben. Es tauchen die ersten Meldungen auf, dass die Ehefrau von Huber einen dubiosen Immobiliendeal im Umfeld der Bahn getätigt habe. Für Goldmann endet die Angelegenheit mit einer Verwarnung durch den Aufsichtsrat.

10. August 2006
In Medien wird bekannt, dass Huber aus Protest gegen negative Berichterstattung über Differenzen mit Goldmann vier heimischen Tageszeitungen die Inserate der Bahn gestrichen hat. Der Entzug der Anzeigen sorgt für heftigen Wirbel. Zwei Monate später zieht Huber den Boykott zurück.

15. August 2006
Die ÖBB legen ein Einsparungskonzept für den Regionalverkehr vor. 15 Nebenbahn sollen durch Busse ersetzt werden.

6. Dezember 2006
Nach eine Affäre um nicht autorisierte Aufträge an eine Gesundheitsfirma, Baugeschäfte aus dem Iran und den Ankauf eines Waggon-Scanners aus China kündigen die ÖBB den Vorstandsdirektor ÖBB-Infrastruktur Bau AG, Alfred Zimmermann. Nach einem zähen Rechtsstreit schließen die ÖBB ein Jahr später schließlich mit Zimmermann einen kostspieligen Vergleich.

24. Mai 2007
Verkehrsminister Werner Faymann (S) holt Ex-Porr-Chef Horst Pöchhacker als ÖBB-Aufsichtsratschef und kündigt eine neuerliche Reform der Bahnreform an.

27. Juni 2007
ÖBB-Personenverkehrschefin Goldmann tritt schließlich zurück - wegen "Auffassungsunterschieden über die zukünftige Ausrichtung des Nahverkehrs".

16. November 2007
Die Holding wird wieder aufgewertet. Gustav Poschalko und Peter Klugar ziehen in die ÖBB-Chefetage ein.

23. November 2007
Huber gerät wegen eines Immobiliendeals seiner Gattin immer mehr unter Beschuss. Der Aufsichtsrat veranlasst eine Prüfung.

6. Dezember 2007
Hunderte Mio. Euro schwere Finanzspekulationen mit sogenannten Collateralized Debt Obligations (CDOs) werden bekannt. Aufgrund der weltweiten Finanzmarktkrise müssen die ÖBB dafür Mio. Euro rückstellen und für die Bilanz 2007 kräftig ihre Reserven anzapfen. In der Woche darauf beschließt der ÖBB-Aufsichtsrat die Prüfung der Spekulationsgeschäfte.

27. Dezember 2007
Der Rechnungshof nimmt die ÖBB-Vorstandsgagen ins Visier. Nach der Bahnreform zählten die Prüfer 2006 bei den ÖBB-Gesellschaften 15 Spitzenmanager, die mehr als der Kanzler kassieren. Die Chefetage der Bahn (ÖBB Holding) kassierte 2006 im Schnitt mit 553.000 Euro im Jahr beinahe doppelt so viel wie der Kanzler.

2. Jänner 2008
Die ÖBB fixieren den Kauf der ungarischer MAV Cargo um 400 Mio. Euro. Ein Beraterauftrag an ein Unternehmen in Budapest sorgt nachher für Wirbel.

7. März 2008
Ein Rohbericht des Rechnungshofs über die ÖBB-Immobilienverkäufe gelangt an die Öffentlichkeit. Die Rede ist von fehlenden Wirtschaftlichkeitsberechnungen, eingeschränkten Interessentensuchen, fehlender Transparenz bei der Auswahl der Investoren, einer Ungleichbehandlung von Bietern sowie von externen Gutachten mit unschlüssigen Bewertungsansätzen.

18. März 2008
ÖBB-Personenverkehrsvorstand Stefan Wehinger tritt auf eigenen Wunsch vorzeitig zurück.

21. April 2008
Nach wochenlangen Debatten kündigt ÖBB-Chef Huber endgültig seinen Rücktritt an - offizielle Begründung: Unterschiedliche Vorstellungen über die künftige Restrukturierung der Bahn.

22. April 2008
Der Aufsichtsrat entscheidet über die personelle Weichenstellungen in der ÖBB-Holding. Neben Huber dürften auch Poschalko und womöglich auch Finanzchef Erich Söllinger ihr Amt zurücklegen. Neuer starker Mann und voraussichtlich Vorstandssprecher soll Peter Klugar werden.

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel