Chronologie

Der AMIS-Skandal

20.12.2007

Der AMIS-Prozess - mit 15.000 Geschädigten - war in diesem Jahr nach dem BAWAG-Prozess der zweite große Wirtschaftskriminalfall.

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Im AMIS-Prozess sind am Donnerstag nach neun Verhandlungstagen die beiden Hauptangeklagten, Dietmar Böhmer und Harald Loidl, in erster Instanz zu je fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Der Prozess, der von Richterin Daniela Setz-Hummel aus Platzgründen ins Austria Center Vienna (ACV) verlegt worden war, war

Im Folgenden eine Chronologie des AMIS-Skandals:

1991: Der damalige BAWAG-Vorstandsdirektor Gerhard Partik gründet gemeinsam mit seiner Gattin Dagmar Partik-Wordian die AMIS-Vorgängerin AMV GmbH, eine Vermögensverwaltungsgesellschaft, mit Wolfgang Flöttl, Sohn des damaligen BAWAG-Chefs Walter Flöttl, als Stiller Gesellschafter.

1994: Die AMV taucht erstmals in den Medien im Zusammenhang mit den ersten Karibik-Geschäften der BAWAG und dem Verkauf von Bundesanleihen auf.

1997: Dietmar Böhmer und Harald Loidl und stoßen zu AMV und werden deren Geschäftsführer.

1999: Loidl und Böhmer gründen die AMV Asset Management Vermögensverwaltung AG, die später in AMIS umbenannt wird. Grund: die alte AMV bekommt wegen Verschuldung keine Konzession für Wertpapierdienstleistungen. Der Kundenstock wird aber übernommen. Partik-Wordian erhält im Gegenzug Anteile an der neuen AMV. Start des Wertpapierdienstleistungsgeschäftes.

- Erste Vorortprüfung der Bundeswertpapieraufsicht (BWA), sie kritisiert das Halten von Kundengeldern auf einem eigenen Konto bei der RLB, wozu die AMV nicht berechtigt ist. Vorstand Gerhard Glatz wird mit 20.000 Schilling bestraft.

2000: Im Februar findet die zweite Vorortprüfung ("Follow-up") durch die BWA statt, sie fordert die AMV auf, Kundentreuhandkonten zu löschen. Im Mai wird die AMV AG in AMIS Asset Management Investment Services AG umbenannt.

2001: Gründung der Tochter AMIS Financial Consulting AG (AFC). Kunden machen die Bundeswertpapieraufsicht (BWA) erstmals über Unregelmäßigkeiten bei AMIS aufmerksam.

2002: Im Jänner findet die dritte Vor-Ort-Prüfung durch die BWA statt. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass AMIS weiter Zugang zu Kundengeldern hatte.

2004: Im März sperrt die Luxemburger Finanzmarktaufsicht CSSF fünf AMIS-Fonds. Käufer kommen nicht mehr aus den Fonds heraus. AFC-Vorstandschef Holger Fellmann warnt die österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA) - Nachfolgerin der BWA - vor Problemen bei der Eigenmittelausstattung und macht auf organisatorische Unzulänglichkeiten bei AMIS aufmerksam.

2005: Im März verbietet die FMA der AFC unter anderem den Vertrieb AMIS-eigener Produkte und das Halten von Kundengeldern. Im August verhängt die FMA über die AMIS-Tochter AFC aufgrund offener Fragen zur Kundenbuchhaltung und zu den rechtlichen Verhältnissen des Unternehmens und dessen Umfeld die Geschäftsaufsicht.

Oktober: AMIS-Geschädigte gründen Anlegerschutzverein. Strafanzeige gegen AMIS wegen des Verdachts des Betrugs bzw. schweren gewerbsmäßigen Betrugs. Böhmer und Loidl werden per Haftbefehl gesucht. Über AMIS-Vorstand Thomas Mitter wird die U-Haft verhängt.

November: Über AMIS und AFC wird das Konkursverfahren eröffnet und die Konzession zur Erbringung von Finanzdienstleistungen entzogen. Auch deutsche Anwälte gründen Schutzverband für Geschädigte. Das Bundeskriminalamt nimmt Ermittlungen gegen die AMIS-Gründer und Vorstände Böhmer, Loidl und Mitter auf.

Dezember: Die geflüchteten Loidl und Böhmer werden auf der Isla Margarita in Venezuela verhaftet, später nach Österreich ausgeliefert und sind seither in Untersuchungshaft. Mitter wird aus der Untersuchungshaft entlassen.

2006: Jänner: Die beiden Luxemburger Sicav-Fonds, in welche die AMIS-Anlegergelder zum Großteil geflossen sind, werden liquidiert.

April: Der AMIS-Masseverwalter beendet Tätigkeit in Wien mangels Masse. Anlagegläubiger müssen ihre Forderungen in Luxemburg geltend machen.

November/Dezember: Die AMIS-Affäre wird Thema des Banken-Untersuchungsausschusses des Parlaments. Böhmer legt ein Teilgeständnis ab. Auch Loidl legt Geständnis ab

2007:
30. März:
Eine umfangreiche Anklageschrift wird vorgelegt. Böhmer und Loidl, dem ehemaligen Vorstand Thomas Mitter und den Ex-AMIS-Fondsmanagern Wolfgang Gänsdorfer und Alban Kuen wird schwerer gewerbsmäßiger Betrug angelastet.

31. Oktober: Aus Platzgründen wird für den AMIS-Prozess ein Saal im Austria Center Vienna (ACV) angemietet und umgebaut.

16. November: AMIS-Richterin Daniela Setz-Hummel setzt Gutachter Gottwald Kranebitter ab, gegen ihn laufen in der Libro-Pleite Voruntersuchungen.

5. Dezember: Zivilgericht verurteilt Republik Österreich wegen Nichterfüllung von Aufsichts- und Prüfpflichten zur Amtshaftung gegenüber den geschädigten AMIS-Anlegern.

10. Dezember: AMIS-Strafprozess beginnt. Mehr als die Hälfte der angemeldeten rund 80 Privatbeteiligtenvertreter bleiben dem Prozess fern. Auch das Besucherinteresse ist sehr gering. Das Verfahren gegen Gänsdorfer wird aus gesundheitlichen Gründen ausgeschieden.

20. Dezember: Der Schöffensenat unter Leitung von Richterin Daniela Setz-Hummel fällt die erstinstanzlichen Urteile. Die beiden Hauptangeklagten, Dietmar Böhmer und Harald Loidl, werden wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs zu je fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Thomas Mitter erhält wegen Beitrags zum Betrug zu dreieinhalb Jahren Haft und wegen Abgabenhinterziehung eine Geldstrafe von einer Mio. Euro, Alban Kuen wegen Abgabenhinterziehung eine Geldstrafe von 53.000 Euro.

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