Streit mit Regierung
Deutsche IT-Branche leidet unter Fachkräftemangel
10.12.2007
Wirtschaftsminister Glos appelliert an die Branche für stärkere Ausbildung.Dabei kann die Branche derzeit 43.000 Stellen nicht besetzen.
Deutsche Regierung und Industrie sind uneins, wie der Fachkräftemangel in der deutschen IT-Wirtschaft behoben werden kann. Wirtschaftsminister Michael Glos verpasste Forderungen der Branche nach leichteren Zuwanderungsregeln für Spezialisten der Informationstechnologie (IT) am Montag einen Dämpfer. Auf dem IT-Gipfel in Hannover appellierte er an die Branche, stärker auszubilden. "Wenn wir jetzt alle Tore für Zuwanderung aufmachen würden, würden wir noch lange nicht das auf den Märkten finden, was wir speziell brauchen", betonte der CSU-Politiker. Fachkräftemangel könne so nicht kurzfristig behoben werden. Die benötigten Spezialisten stünden auch im Ausland nicht ohne weiteres zur Verfügung.
43.000 Stellen nicht besetzt
Der Branchenverband Bitkom schätzt,
dass derzeit mindestens 43.000 Stellen nicht besetzt werden können, weil
geeignete Kandidaten fehlen. Die IT-Branche verlangt bessere
Zuwanderungsmöglichkeiten für Hochqualifizierte, um den Fachkräftemangel zu
beheben. Allerdings ist das Problem hausgemacht. Einer Befragung zufolge
bilden lediglich 40 Prozent der Betriebe Lehrlinge aus.
Fehler in der Hochschulpolitik
Bitkom-Präsident August-Wilhelm
Scheer machte Fehler der Hochschulausbildung für die Misere
mitverantwortlich. Die Abbruchquote in der Informatik sei mit 50 Prozent zu
hoch. Daraus müssten Konsequenzen gezogen und das Studium nach
skandinavischem Beispiel modernisiert werden. Nicht Selektion, sondern
Förderung müsse im Zentrum des Studiums stehen. Aufgabe der Wirtschaft sei
die Weiterbildung.
Modernisierung in Wachstumsfeldern
Auf dem zweiten nationalen
IT-Gipfel treffen sich Vertreter von Firmen, Politik und Wissenschaft. Sie
wollen Schwerpunkte für die Zukunft erarbeiten. Geplant ist die
Verabschiedung einer Erklärung mit dem Ziel, Deutschland an die Weltspitze
der IT-Branche zu bringen. Dazu zählen die Konzentration auf
Wachstumsfelder, die Modernisierung der öffentlichen Verwaltung mit Hilfe
von Internet und umfassender Vernetzung sowie mehr Sicherheit und
Verbraucherfreundlichkeit. Der deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble
sagte: "Die elektronische Kommunikation soll mindestens so sicher und
verbindlich werden wie die heutige Papierpost." Zu diesem Zweck würden mit
den sogenannten Bürgerportalen einfach zu bedienende elektronische
Versanddienste entwickelt.
Bundesrepublik soll führende IT-Nation werden
Deutschlands
Kanzlerin Angela Merkel unterstützt das Anliegen, die Bundesrepublik zur
führenden Nation der Informationstechnologie zu machen. Sie wollte am
Nachmittag auf dem Gipfel sprechen.
Als übergeordnetes Ziel war auf dem ersten IT-Gipfel vor einem Jahr ausgegeben worden, die deutsche Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) an die Weltspitze zu führen. Zu den Erfolgen seither zählt Bitkom ein Sicherheitspaket für den Mittelstand, die Einrichtung einer einheitlichen Behördenrufnummer 115, das Programm "IT 50Plus" zur Weiterbildung älterer Mitarbeiter und die Ernennung eines IT-Beauftragten der deutschen Bundesregierung. Hinzu kommen die sogenannten Leuchtturmprojekte Theseus zum Wissensmanagement im Internet und E-Energy zur Senkung des Energieverbrauchs. In diese beiden Vorhaben werden 280 Mio. Euro investiert, die zu gleichen Teilen aus öffentlichen und privaten Mitteln kommen.