900 Lokführer streiken in Deutschland. Weite Teile des Schienen-Güterverkehrs sind lahmgelegt. Bislang fiel ein ÖBB-Zug aus.
Der Streik der deutschen Lokführer hat bis zum Freitagmorgen nach Angaben der Deutschen Bahn weite Teile des Schienen-Güterverkehrs lahmgelegt. Deutschlandweit waren rund 700 Züge betroffen. Rund 900 Lokführer streikten, sagte ein Bahnsprecher am frühen Freitagmorgen. 400 Züge stünden still, 270 weitere seien gar nicht erst eingesetzt worden. Die Gewerkschaft spricht von 1.800 Lokführern, die die Arbeit niedergelegt haben. Der Schwerpunkt des Streiks liegt im Osten Deutschlands, dort herrsche nahezu Stillstand. Aber auch in den alten Bundesländern gebe es erhebliche Behinderungen.
ÖBB: Ein Zug bislang ausgefallen
Bei den Österreichischen
Bundesbahnen (ÖBB) ist bislang nur ein Zug durch den Streik der
Deutschen Bahn im Güterverkehr ausgefallen. Über Nacht seien alle Güterzüge
planmäßig gefahren, teilte ein ÖBB-Sprecher mit. "Wir sind positiv, dass
diese Entwicklung anhalten könnte", so der Sprecher. Der Personenverkehr sei
von den Streikmaßnahmen nicht betroffen
Lokführer sollen ausgegliedert werden
"Wir denken
derzeit in verschiedene Richtungen", sagte der Deutsche-Bahn-Sprecher.
Es gebe bisher aber keine Beschlüsse. Einen Bericht der "Financial
Times Deutschland" (FTD), wonach im Bahn-Vorstand ein neuer Vorschlag
zirkuliere, um den Streit beizulegen, wollte er weder bestätigen noch
dementieren. Dem Bericht zufolge gibt es Überlegungen, die Lokführer in eine
eigene Servicegesellschaft auszugliedern, in der sie dann einen eigenen
Tarifvertrag und stärkere Gehaltssteigerungen erhalten könnten, berichtet
die Zeitung in ihrer Freitagausgabe ohne Angabe von Quellen. In dieser
Tochterfirma könnten alle Lokführer, auch die in der Gewerkschaft Transnet
organisierten, beschäftigt werden.
Streikende erst am Samstag
Der Ausstand im Güterverkehr hatte
am Donnerstag um 12.00 Uhr begonnen und soll nach 42 Stunden am Samstag um
6.00 Uhr enden. Die GDL fordert einen eigenständigen Tarifvertrag für das
Fahrpersonal und bis zu 31 Prozent mehr Geld. Der Chef der Gewerkschaft
Deutscher Lokführer (GDL), Manfred Schell, drohte am Donnerstag mit einer
weiteren Eskalation des Arbeitskampfes in der kommenden Woche, sollte die
Bahn kein Angebot vorlegen. Dann könnte die GDL neben dem Güterverkehr auch
den Personenfern- und Nahverkehr bestreiken.
Beamte wurden eingesetzt
Um die Folgen des aktuellen Streiks zu
mildern, wurden bei Railion Dienstpläne so gestaltet, dass von den insgesamt
5.400 Lokführern möglichst viele nicht streikberechtigte Beamte eingesetzt
werden. Nach Bahn-Angaben stehen damit rund zwei Drittel aller Lokführer zur
Verfügung. Nach Darstellung der GDL beteiligen sich pro Schicht rund 800
Lokführer am Streik. Allein in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen
streikten nach Bahn-Angaben bisher rund 250 Lokführer.
Die Bahn setzt nach eigenen Angaben auch Lokführer von Partnerbahnen aus anderen Ländern wie Tschechien, der Schweiz oder Österreich ein. Dies sind nach Bahn-Angaben aber lange nicht so viele, dass sie die Streikenden ersetzen könnten. Außerdem führt die Bahn nach Angaben von Bahn-Transportvorstand Norbert Bensel mit Konkurrenten Gespräche, ob diese Schienentransporte übernehmen könnten.
Auf Zugausfall eingestellt
Viele Unternehmen hatten sich nach
eigenen Angaben bereits auf den Ausfall von Zügen eingestellt. Einige
verlagern Transporte auf die Straße oder füllten vorsorglich ihre
Rohstofflager auf. Andere vereinbarten mit der Bahn, dass sie so lange wie
möglich beliefert werden. Logistik-Unternehmen haben zusätzliche Lastwagen
geordert. Vollständig wird der Schienenverkehr aber nicht zu ersetzen sein:
Dazu wären laut Experten rund 100.000 Lastwagen täglich nötig.
Das Management von Europas größtem Binnenhafen in Duisburg erwartete vor allem für den dritten Streiktag Probleme, falls sich die angestauten Container nicht mit Hilfe privater Bahn-Unternehmen transportieren lassen. Die deutschen Seehäfen rechneten vorerst nicht mit gravierenden Auswirkungen. Ein Sprecher der BLG Logistics Group sagte in Bremen: "Wir können mindestens zwei Tage mit diesem Problem umgehen."